Wegen des Priestermangels sollen Buxtehuder Katholiken künftig Beerdigungen und den Kommunionsunterricht abhalten.

Buxtehude. Da ist dieses Wort. Mangel. Kein schönes Wort, und doch ist es in der katholischen Kirche Norddeutschlands allgegenwärtig. Hier gibt es keine reich verzierten Zwiebeltürmchen wie in Bayern, keine prunkvollen Fronleichnamszüge mit Hunderten von Gläubigen und keine Firmgruppen, die aus der kompletten Jahrgangsstufe einer Schule bestehen. Was den katholischen Glauben angeht, ist der Norden schon immer Diaspora gewesen. Es mangelt an Priestern, an Gläubigen und damit auch an Geld.

Die katholische Kirchengemeinde Mariä Himmelfahrt in Buxtehude hat längst gelernt, mit dem beständigen Mangel zu leben. Und doch hat er ihr jetzt eine der größten Umwälzungen unserer Zeit beschert. In dem vor einigen Monaten neu geschaffenen Verbund aus den ehemaligen Pfarreien St. Josef in Neu Wulmstorf, St. Michael in Harsefeld und St. Maria in Buxtehude sollen fortan verstärkt Laien zum Einsatz kommen, die klassische Aufgaben des Pfarrers übernehmen.

Ob Wortgottesdienste, Erstkommunionsvorbereitung oder Trauergespräche - die Gläubigen mischen in immer mehr Bereichen mit. Auch Beerdigungen könnten langfristig von Laien ausgeführt werden. Mit diesem neuen System ist Buxtehude Modellprojekt im Bistum Hildesheim.

Unter dem Oberbegriff "delegierte Verantwortung" will die Kirchengemeinde auf diese Weise einerseits Pfarrer Johannes Pawellek entlasten und andererseits den Gläubigen selbst ein größeres Mitspracherecht geben.

"Früher hieß es oft, dass nur der Pfarrer bei bestimmten Sachen entscheiden kann", sagt Stefan Schleper, stellvertretender Vorsitzender des Pastoralrats. Dieses Entscheidungsmonopol etwa bei den Finanzen wollen die Gemeinden aufbrechen und es vor Ort an die neu geschaffenen Ortskirchräte übertragen. Diese sind in Neu Wulmstorf, Harsefeld und Buxtehude ehrenamtlich aktiv und unterstehen dem Pastoralrat, dem neben Pfarrer Pawellek und Gemeindereferentin Katrin Sobanja 14 gewählte Mitglieder angehören.

Zuvor hatte es in jeder der drei ehemals eigenständigen Kirchengemeinden je einen Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat gegeben, was dem Pfarrer einen regelmäßigen Sitzungsmarathon und allumfassende Zuständigkeit eintrug. Jetzt sollen die Aufgaben von Johannes Pawellek eher in der theologischen Leitung als in der Verwaltung liegen. Auch gibt es nun einen gemeinsamen Haushalt für die insgesamt rund 7800 Mitglieder zählende Pfarrgemeinde.

"Die Sakramente wie Eucharistie, Beichte oder Hochzeit werden in meiner Hand bleiben", sagt Pawellek. Da aber etwa eine Beerdigung kein Sakrament ist, gibt es keine direkte Notwendigkeit, dass nur er allein sie ausführen darf. Im Mai sollen die Planungen für den Beerdigungskursus beginnen.

Zwar hätten die Laien bereits in der Vergangenheit viele Aufgaben in der Gemeinde wahrgenommen wie etwa Wortgottesdienste oder die Vorbereitungskurse der Firmlinge geleitet, erzählt Diana Berg, Sprecherin des Ortskirchrats Buxtehude. Doch jetzt bekommt das Ganze eine offizielle Form und wird systematisch ausgeweitet.

Eine Alternative hätte die Kirchengemeinde auch gar nicht gehabt. Bis zum Jahr 2010 werden im Bistum Hildesheim aus den derzeit 211 Pfarreien nur noch 120 werden - unter der Leitung von voraussichtlich 70 Pfarrern. "Die 50 Pfarreien ohne Pfarrer werden sie mitleiten müssen", sagt Pawellek. Aber wie soll das gehen? Wie sollen da noch vernünftige Gottesdienste abgehalten werden? Schon jetzt ist Pawellek weite Wege gewohnt, im vergangenen Jahr hat er etwa 43 000 Kilometer beruflich zurückgelegt. "Was ein evangelischer Pfarrer im Monat macht, macht bei uns ein katholischer Pfarrer in der Woche." Er selbst ist 54 Jahre alt und kann bis zum Alter von 70 Jahren als Pfarrer tätig sein.

Die Kirchengemeinden seien gezwungen, sich verstärkt Gedanken zur Neuorganisation zu machen, sagt Hans-Dieter Tobschall, Vorstandsmitglied im Pastoralrat. Gerade für die Gemeinden im Hamburger Umland sei das auch gar nichts Neues, weil sie Zuzugsgemeinden sind und sich traditionell stärker verändern als klassische ländliche Gemeinden, ergänzt Stefan Schleper. Für die Laien sieht er in den Veränderungen zugleich eine große Chance, sich stärker in die Arbeit und Verantwortung vor Ort einzubringen.

Dass am Ende dieses Umwandlungsprozesses möglicherweise auch verheiratete Männer oder Frauen Priester werden können, glaubt Pawellek zwar nicht. Ausschließen mag er es ebenfalls nicht. Seine Antwort ist ein diplomatisches Lächeln und der Hinweis, dass die Geschichte der katholischen Kirche eine 2000-jährige Geschichte der Veränderungen war. Und jetzt entwickle sich die Volkskirche eben zu einer Entscheidungskirche.