Gewerbeaufsichtsamt beklagt mangelnde Sicherheit beim geplanten Ausbau des Hafens in Stade-Bützfleth

Stade-Bützfleth. Der Ausbau des Bützflether Hafens steht womöglich auf der Kippe. Nachdem der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Ende Dezember mit einem ersten Gutachten Nachbesserungen für den von der Hamburger Logistikfirma Buss geplanten Güterumschlag sowie eine Prognose über die zu erwartenden Schadstoffe gefordert hatte, werden nun in einem zweiten Gutachten des Sachverständigen Peter Gebhardt Mängel beim Sicherheitsbericht moniert. Das Gewerbeaufsichtsamt (GAA) in Lüneburg teilt die Bedenken des Gutachters. "Die Firma Buss muss ein neues Gutachten erstellen, der derzeitige Sicherheitsbericht ist auch für uns nicht ausreichend", sagt Christina von Mirbach, Leiterin der Abteilung für Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren beim GAA.

Im vergangenen Sommer hatte die Buss Terminal Stade GmbH den Genehmigungsantrag gestellt, um unter anderem giftige, explosionsgefährliche und brandfördernde Stoffen in Containern im neuen Bützflether Hafen zu lagern und umzuschlagen. Die BUND-Kreisgruppe Stade sowie die Bürgerinitiative für eine umweltverträgliche Industrie Bützfleth forderten daraufhin einen Sicherheitsbericht für das geplante Vorhaben, da ihres Wissens nach größere Mengen gefährlicher Güter umgeschlagen und gelagert werden sollen.

Der vom BUND eingeschaltete Umweltgutachter Peter Gebhardt vom Ingenieurbüro für Umweltschutztechnik in Hessen hat den Sicherheitsbericht der der Hamburger Firma geprüft und kommt in seinem Fazit zu einem für die Firma Buss ernüchternden Urteil. "Insgesamt genügt der vorgelegte Sicherheitsbericht nicht annähernd den Anforderung der Störfallverordnung", so Gebhardt.

Er moniert unter anderem, dass die Firma Buss in ihrem Szenario lediglich einen Notfall auf der Gefahrgutcontainerfläche und der Bereitstellungsfläche berücksichtige. "Ein Störfall kann jedoch auch im Bereich der Schiffsentladung erfolgen. So können Störfälle bei der Be- und Entladung von Containern noch direkt auf dem Schiff auftreten", so der Gutachter. Auch im Bereich der Wasserflächen sei ein Unfall vorstellbar, wenn etwa ein undichter, leckender Container verladen werde oder wenn ein Schiff gerammt werde.

Gebhard zufolge ist es nötig, den Wasserbereich der Elbe zu berücksichtigen, angesichts der Tatsache, dass sich in unmittelbarer Nähe des Hafen Naturschutzgebiete und auch ausgedehnte FFH-Schutzgebiete befinden. "Bei einem Störfall können auch diese Gebiete betroffen sein", so Gebhardt.

Auch mögliche Domino-Effekte seien nicht berücksichtigt worden. So könnten etwa bei einer massiven Explosion auf einem Schiff Container, die im Hafen gelagert werden, von herabstürzenden Teilen beschädigt werden und infolgedessen gefährliche Stoffe austreten. "Die vorgelegten Störfallbetrachtungen sind vollkommen unzureichend", schreibt Gebhardt in seinem Fazit. Wesentliche Angaben würden in dem Dokument fehlen. "Vor allem aber decken die betrachteten Störfallszenarien den größten anzunehmen Störfall, der nach den gesetzlichen Vorgaben noch zu berücksichtigen ist, in keiner Weise ab."

So werde in den beim Gewerbeaufsichtsamt eingereichten Unterlagen lediglich die Freisetzung von Chlorgas betrachtet. Tatsächlich sollen in dem geplanten Terminal aber laut Gebhard auch sehr giftige Stoffe umgeschlagen und gelagert werden. Weiterhin wurde von Buss nur das Austreten des giftigen Chlorgases aus einem winzigen Leck mit einem Durchmesser von 3,5 Millimetern betrachtet. Laut dem Sicherheitsbericht seien damit relevante Störfallauswirkungen nur bis zu einem Abstand von 50 Meter von der Austrittstelle zu bemerken. Gebhardt: "Betrachtet man allerdings, wie es die Störfallverordnung vorschreibt, einen schweren Unfall, bei dem beispielsweise Acrolein, ein sehr giftiger Stoff, freigesetzt wird, dann können ernste Gefahren je nach Wetterverhältnissen bis über das Stadtzentrum von Stade hinaus auftreten."

Melanie Graf, Sprecherin des Buss-Konzerns, erklärt, dass die Vorwürfe des BUND aus Sicht des Unternehmens nicht tragbar seien. "Wir planen einen umweltfreundlichen Hafen und verstehen nicht, dass es uns so schwer gemacht wird", sagt Graf. Der Konzern sei dennoch zu Gesprächen und Nachbesserungen, generell bereit. Graf: "Wir nehmen die Vorwürfe ernst und werden sie daher auch genau prüfen."

Das GAA hingegen stimmt dem Gutachter in vielen Bereichen zu. "Uns ist ebenfalls, noch bevor das Gutachten von Herrn Gebhard bei uns eintraf, aufgefallen, dass die Unterlagen der Firma Buss so nicht ausreichend sind", sagt von Mirbach. "Das Gutachten des BUND bestätigt damit in Teilen unsere Ansicht". Noch in diesem Monat will sich das GAA mit dem Logistikunternehmen zusammensetzen, um das Thema eingehend zu besprechen.

Bützfleths Bürgermeister Sönke Hartleff beunruhigt dieses Fazit vorerst nicht. "Diese Gutachten sind natürlich ein Thema bei unseren Bürgern, aber die Mehrzahl der Bürger sieht die Sache wohl noch recht entspannt", so Hartleff. Schließlich hätten die Bürger seit Jahrzehnten Erfahrungen im Schatten der Großindustrie gesammelt. Der Bürgermeister begrüßt aber das Engagement des BUND ausdrücklich. "Dass der Umweltverband genau und kritisch hinschaut, kann nur in unserem Sinne sein", so der Bürgermeister. Schließlich könnten die Ratsmitglieder, die keine Experten in dem Fach seien, nicht derart akribisch die Antragsunterlagen wie ein bestellter Gutachter prüfen. "Wenn sich nun herausstellt, dass die Firma Buss Fehler gemacht hat, dann muss sie diese auch korrigieren", so Hartleff.