Ein Gutachten empfiehlt dringend Nachbesserungen, um ein Freisetzen von Giftstoffen in Stade-Bützfleth zu verhindern

Bützfleth. Der geplante Umschlag von gefährlichen und ungefährlichen Stoffen im Bützflether Hafen könnte für das Logistikunternehmen Buss Terminal Stade teurer als geplant werden. Ein Gutachten, das vom Umweltverband BUND in Auftrag gegeben wurde und nun dem Gewerbeaufsichtsamt (GAA) in Lüneburg vorliegt, kommt zu dem Schluss, dass der Logistiker diverse Schutzmaßnahmen ergreifen müsse, um einen sicheren Umschlag der teils belasteten Stoffe zu gewährleisten. Das Gewerbeaufsichtsamt prüft nun das Gutachten und berät das weitere Vorgehen.

Im vergangenen Sommer stellte Buss den Genehmigungsantrag für den Umschlag und die Lagerung von giftigen und explosionsgefährlichen Stoffen in Containern im Bützflether Hafen. Darüber hinaus sollen, so der BUND, auch gefährliche Abfälle im Hafenbereich offen umgeschlagen werden. Dabei handle es sich insbesondere um Steine und Erde aus der Bodensanierung, die mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen in hohem Maße belastet sein können.

Die BUND Kreisgruppe Stade fürchtet hierdurch erhebliche Umweltbelastungen und erhob daher fristgerecht Einwendungen gegen das Vorhaben beim Gewerbeaufsichtsamt. Eine zentrale Forderung des Umweltverbandes war damals, dass eine sogenannte Immissionsprognose für Luftschadstoffe vom Gewerbeaufsichtsamt in Auftrag gegeben werden sollte. Die wurde von der Behörde bisher als nicht notwendig angesehen. Begründet wurde dies damit, dass eine Immissionsprognose für den Umschlag von staubenden Gütern, wie Getreide, Sand und Split zum Ergebnis hatte, dass im Hafengebiet keine relevanten zusätzlichen Belastungen zu erwarten seien. Diese Ansicht teilte der BUND nicht. Das Gutachten des Ingenieurbüros für Umweltschutztechnik in Lollar-Salzböden bestätigt nun die Ansicht des Umweltverbandes. Der Gutachter Peter Gebhardt kommt zu dem Schluss, dass die Aussage des GAA "nicht nachvollziehbar" sei und eine Immissionsprognose zwingend erforderlich sei.

In dem Gutachten kommt Gebhardt zu dem Schluss, dass hochgiftige Abfälle nicht mit Getreide, Hülsenfrüchten und anderen zwar staubenden, aber ansonsten ungefährlichen Stoffen vergleichbar seien. Beim Umschlag mit gefährlichen Abfällen würden hohe Staubmengen und mit diesen auch Schwermetalle wie Blei und auch organische Schadstoffe freigesetzt, die eine Immissionsprognose gemäß den Vorschriften der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) nach sich ziehen würden.

Das Gutachten kommt zu einem weiteren Ergebnis: Die bislang vorgesehenen Maßnahmen, um die Emissionen beim Umschlag der gefährlichen Abfälle zu verringern, seien vollkommen unzureichend. Der Umschlag der gefährlichen Abfälle müsse demzufolge in einer Halle erfolgen, deren Abluft gefiltert wird. Alle Transporteinrichtungen außerhalb der Halle wie Förderbänder müssten zudem gegen die Umwelt abgeschottet werden. Der Trichter, in den der Kran die Abfälle bei der Schiffsentladung abwirft, müsste an eine Abluftfilteranlage angeschlossen werden.

Zusätzlich sollte laut dem Gutachten die Umschlaghalle mit einer Reifenwaschanlage ausgerüstet werden, um zu verhindern, dass giftige Stoffen von den Lastwagen nach Außen geschleppt werden. Diese Maßnahmen seien vor allem deshalb nötig, weil direkt neben dem Umschlag für gefährliche Abfälle ein offener Umschlag für Getreide geplant ist. "Es wird nicht ausgeführt, ob das Getreide als Futtermittel oder für die Erzeugung von Nahrungsmitteln für den menschlichen Verzehr vorgesehen ist", so Gebhardt in dem Gutachten. "Jedenfalls muss eine Kontamination von Getreide (...) durch Schadstoffe, die beim Umschlag von gefährlichen Abfällen freigesetzt werden, sicher verhindert werden".

Für Gebhardt ist es unverständlich, dass direkt neben Flächen, auf denen Futtermittel oder gar Grundstoffe für die Nahrungsmittelindustrie offen gelagert und umgeschlagen werden, hochgiftige Abfälle gehandelt werden, ohne dass Standards zur Emissionsminderung eingehalten würden. "Auch ohne den benachbarten Getreideumschlag schreibt der Gesetzgeber beim Umschlag von Stoffen, die bestimmte Schadstoffmengen überschreiten, und das ist hier zweifellos der Fall, die wirksamsten Maßnahmen zur Emissionsminderung vor", so Gebhardt.

Am Montag ist das Gutachten beim GAA in Lüneburg eingetroffen. Christina von Mirbach, Leiterin der Abteilung für Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren beim GAA Lüneburg erklärte gegenüber dem Abendblatt, dass das Amt das Gutachten sehr genau prüfen werde. "Das Gutachten leiten wir auch an die Kollegen in Cuxhaven weiter, die sollen dann eine Stellungnahme darüber abgeben, ob eine Immissionsprognose doch sinnvoll ist". Der erste Eindruck des GAA sei aber, dass sich trotz des Gutachtens eine Immissionsprognose auf Anhieb nicht aufdränge.

Melanie Graf, Pressesprecherin der Buss-Unternehmensgruppe, kann das Fazit des Gutachtens nicht teilen. "In den Antragsunterlagen haben wir zunächst alles beantragt, was theoretisch umgeschlagen werden kann. Was davon letztlich auch real umgeschlagen wird, wird sich erst noch zeigen", so Graf. Güter, die gefährliche Stoffe enthalten, würden laut den Plänen des Unternehmens im verpackten Zustand angeliefert und abtransportiert werden. "Daher gibt es im Prinzip keine offenen Güter, die an dem Terminal umgeschlagen werden. Somit besteht auch keine Gefahr für die Umwelt", sagt Graf.

In Bützfleth werde zudem kein Sonderhafen eingerichtet, sondern ein üblicher Umschlag anvisiert, der mit dem im Hamburger Hafen vergleichbar sei. Graf: "Wir haben als drittgrößter Terminalbetreiber im Hamburger Hafen mehr als 90 Jahre lang Erfahrung gesammelt und planen so etwas kompetent und umsichtig." Das Unternehmen nehme sowohl die Sicherheit der Bürger als auch die der Umwelt ernst.