Heute wird der Prozess gegen zwei Stader Drogenringe von 9.30 Uhr im Schwurgerichtssaal des Landgerichts in Stade fortgesetzt.

Stade. Dabei wird sich auch herausstellen, ob die zuständige Strafkammer unter Vorsitz von Richter Rolf Armbrecht weiterhin zuständig bleibt. Die Anwälte von sechs Angeklagten haben einen Befangenheitsantrag gestellt. Das heißt, sie lehnen die gesamte Kammer ab.

Hintergrund des Antrages ist ein rechtlicher Hinweis des Vorsitzenden während der Verhandlung. Vier der Angeklagten wurden Haftstrafen auf Bewährung in Aussicht gestellt, falls sie Geständnisse ablegen. Drei von ihnen sollen deshalb entgegen der Anklageschrift nicht mehr als Mitglieder einer Bande angesehen werden. Der Vierte war ohnehin nicht wegen bandenmäßigen Drogenhandels angeklagt.

Im März dieses Jahres hatten Polizei und Staatsanwaltschaft mit zwei Großrazzien innerhalb von 36 Stunden zwei Stader Drogenringe gesprengt. Insgesamt wurden zehn Verdächtige geschnappt und neun von ihnen wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln angeklagt. Es handelt sich um zwei Verfahren, die aber gemeinsam verhandelt werden, weil in beiden Verfahren derselbe Kronzeuge auftritt. Der Prozess wurde am 25. September eröffnet. Zu einer Beweisaufnahme ist es an den bisherigen Verhandlungstagen noch nicht gekommen.

Weil nach den neuen Entwicklungen für drei der Angeklagten eine Bandenmitgliedschaft möglicherweise nicht mehr in Frage kommt, legten die Verteidiger der übrigen sechs Angeklagten Protest ein. "Es drängt sich der Eindruck auf, dass das Verfahren ausgedünnt und eine vermeintliche Beweislage geschaffen werden soll", sagt der Buxtehuder Rechtsanwalt Lorenz Hünnemeyer. Weil dies auf Kosten der anderen Angeklagten geschehe, werde die Strafkammer abgelehnt und ein Antrag auf Befangenheit gestellt.

Hünnemeyer vertritt einen der sechs Angeklagten, denen weiterhin bandenmäßiger Drogenhandel vorgeworfen wird. Bis gestern Abend hatte die Verteidigung noch Zeit, zu ihrem knapp 70 Seiten umfassenden Antrag eine Stellungnahme abzugeben.