Der Unternehmer Hans Heinrich investiert in den Erhalt des Steinkirchener Ortskerns. Frühere Bausünden gaben den Anstoß dazu

Steinkirchen. Um ihren prächtigen Alten Markt werden die Steinkirchener von vielen Nachbargemeinden beneidet. Touristen und Einheimische stehen verzückt vor den auffallend gepflegten Gebäuden im typischen Altländer Stil mit roten Motivklinkern, weißem Fachwerk, Spitzgiebeln und weisen Sprüchen. Dass es heute dort so aussieht, verdankt Steinkirchen einem Altländer, der ein Faible für alte Häuser und junges Lebensgefühl hat.

Der Reeder Hans Heinrich, der beruflich Spezialtransporte auf See koordiniert, hat diese Häuser gekauft und nach historischen Vorbildern von Grund auf saniert. "Das ist für unsere Gemeinde ein Segen und wir wissen dieses große Glück sehr zu schätzen", sagt Steinkirchens Bürgermeister Michael Gosch. "Das gesamte Ensemble sieht wieder fast so aus wie früher - nur schöner", sagt Gosch.

Auf ein solches Ortszentrum könne man stolz und glücklich sein, so Gosch.

"Ich bin in Königreich geboren und immer wenn ich als Junge in Steinkirchen war, begeisterte mich dieser schöne alte Markt", sagt der heute 64-jährige Hans Heinrich. Im Laufe der Jahre hatte sich rund um den Steinkirchener Ortskern viel verändert. Die alten Gebäude waren teilweise marode geworden. So stand neben dem ehemaligen Kaufhaus Mohr ein unansehnlicher, im Stil völlig unpassender Flachbau. Zudem wurde über Jahrzehnte nichts daran gemacht. Anfang der 80er Jahre sei es unmöglich gewesen, am Markt etwas zu kaufen, um zu sanieren.

Hans Heinrich wollte den Ortskern wieder neu beleben

Seit 1973 lebt Hans Heinrich mit seiner Familie in Steinkirchen, er machte sich dort im Jahre 1980 mit seinem Unternehmen "SAL", dem "Schiffahrtskontor Altes Land", selbstständig. Immer, wenn er am Markt vorbei kam, sah er die Bausünden der 60er und 70er Jahre sowie den schleichenden Verfall der alten Gebäude. "Da habe ich mir schon Gedanken gemacht, wie man neues Leben in den Ortskern bringen kann", erinnert sich Heinrich. Als Hans Heinrich von Hans-Otto Nodop, dem damaligen Geschäftsführer des Kaufhauses Mohr, angesprochen wurde, ob er das historische Gebäude übernehmen würde, war das der Beginn der architektonischen Rückbesinnung. "Ich halte es für sehr wichtig, die klassische Altländer Architektur zu erhalten, wo immer es möglich ist", sagt Heinrich.

Doch nicht nur das Sanieren sollte eine Rolle spielen: "Mir war es wichtig, wieder mehr Leben in die Häuser zu bringen", erklärt Heinrich seine Idee. "Eine ideale Kombination aus Handel, Handwerk und Wohnen wollte ich finden, denn nichts ist trauriger als leere Ortszentren", sagt Heinrich. Das spiele nicht nur für den Tourismus eine entscheidende Rolle. Vor allem junge Familien, die einen Wohnortwechsel planen, würden sich anschauen, was es an Angeboten gibt, so Heinrich. Leere Läden oder ungepflegte Häuser würden da wenig einladend wirken. "Wer möchte, dass sich Menschen wohlfühlen, muss heute schon etwas Besonderes bieten. Nach diesen Konzepten sind bestimmte Teile in der Hamburger Innenstadt so attraktiv geworden, sodass die Leute sich gern dort aufhalten", beschreibt Heinrich seine Überlegungen. Dazu komme, dass man mit Augenmaß Mieten kalkulieren müsse, damit sie erschwinglich sind und die Häuser nicht schön restauriert leer bleiben.

"Mittlerweile ist ein lebhaftes und optisch attraktives Areal zwischen Bürgerei und Alter Markt entstanden", sagt Bürgermeister Gosch. Der Investor und die Gemeinde hätten Hand in Hand zusammen gearbeitet. "Finanziell hätten wir all diese Projekte gar nicht stemmen können", räumt er dabei ein.

Zu jedem dieser schönen Häuser gehört eine Geschichte: So wusste Hans Heinrich zum Beispiel vom ehemaligen Pastor Martin Köhn, dass dieser einen Traum hegte: Wenn er einst im Ruhestand wäre, wollte er gern in einem kleinen Haus wohnen, von dem aus er den Kirchturm sehen kann. Dieser Traum hat sich für den Pastor tatsächlich erfüllt. Nachdem an der Bürgerei eine marode Häuserzeile durch Neubauten im alten Stil mit kleinen, feinen Geschäften ersetzt wurde, entstand wie einst wieder eine schmale Gasse, den Blick zur Kirche freigibt.

Auch das flache Fachwerkhaus direkt an der Lühebrücke ist wieder ein echtes Schmuckstück geworden. Einst beherbergte es das Lokal "Zur Erholung", in dem "Deutschlands älteste Wirtin" Amanda bis weit über ihr 80. Lebensjahr die Gäste beköstigte. Heute ist es ein Wohnhaus.

Fachwerkhäuser beherbergen heute Wohnungen und Geschäfte

Auf der anderen Seite steht ein ehemaliges Gemeindegebäude, in dem früher eine Schule war. Eine Großhandelskette wollte es kaufen und einen Getränkemarkt ansiedeln. Gosch ist heute sehr froh, dass Hans Heinrich es gekauft und saniert hat. Mit Wohnungen und Seminarraum sowie als Firmensitz verschiedener Unternehmen wird es vielseitig genutzt. Auch das in Steinkirchen liebevoll "Villa Klug" genannte Gebäude, Heinrichs erstes Projekt, wird von verschiedenen Dienstleistern genutzt. Dazu beherbergt es Wohnräume und im oberen Geschoss einen Saal, der unter anderem vom Altländer Shantychor für die Probenabende genutzt wird. In der Zeile der Fachwerkhäuser am Markt pulsiert heute in verschiedenen Geschäften reges Leben. Im Zentrum ist eine Gesundheits- und Fitnesseinrichtung, die inzwischen von Besuchern aus dem gesamten Alten Land, Stade, Harsefeld oder Buxtehude genutzt wird. Gegenüber gibt es das Reisebüro SAL-Touristik.

Hans Heinrich sagt: "Ich hatte klare Vorstellungen, wie die Anordnung und der Aufbau aussehen sollten. Nämlich so, wie das historisch gewachsene Steinkirchen." Handwerker aus der Gemeinde Jork, der Samtgemeinde Lühe und Tischler Heinrich Holst aus Beckdorf setzten die Bauten meisterlich um.

Heinrich legte dabei besonderen Wert auf Details, wie etwa die Sprüche und Namen an den Giebelbalken. "Den Mutigen gehört die Welt" steht an einem Giebel, an dem auch zwei seiner Enkel namentlich verewigt sind. Auch an anderen Häusern ist Familiensinn dokumentiert. "Nur Taten geben dem Leben Stärke" ist eine weitere Philosophie, die Heinrich auch selbst lebt. "Für mich sind meine Frau, meine Kinder und Enkel - und eben Häuser ein wunderbarer Lebensinhalt", sagt der Familienmensch Heinrich. Er sehe zudem darin einen sinnvollen Ausgleich zu seinem Beruf als Reeder, der ihn sehr glücklich mache, so Heinrich. "Vielleicht liegt meine Freude am Häuserbauen daran, dass ich durch meinen Beruf sehr viel unterwegs bin."