Apensen soll nicht länger Samtgemeinde sein und auf diese Weise Geld einsparen. Gegner fürchten um lokale Kompetenz

Apensen. Wenn Krisen einen Vorteil haben, dann den, dass sie immer auch einen guten Zeitpunkt für Reformen darstellen. Daran gemessen, liegt die Samtgemeinde Apensen zurzeit weit im Vorteil gegenüber anderen Kommunen in der Region. Denn sie ist nicht nur die am stärksten verschuldete Samtgemeinde des Landkreises, die Probleme sind in der letzten Zeit noch erheblich gewachsen.

Nachdem ein Gutachter Baumängel an drei Feuerwehrgebäuden feststellte, sieht sich die Samtgemeinde jetzt verpflichtet, neue Gerätehäuser zu bauen. Nach der bisherigen Planung werden die Kosten dafür bis zu 3,3 Millionen Euro betragen. Der Hauptteil der Summe muss über Kredite finanziert werden und vergrößert die bisherigen Schulden, die rund acht Millionen Euro betragen. Damit noch nicht genug, wurde im Sommer an einer Schule in Beckdorf ein Giftstoff festgestellt. In der Mitgliedsgemeinde ist jetzt eine kostspielige Sanierung oder ein Abriss erforderlich - in jedem Fall aber wird die Maßnahme die ohnehin prekäre finanzielle Lage der Samtgemeinde weiter verschlimmern.

Die SPD in der Samtgemeinde sieht jetzt den Moment gekommen, eine Radikalreform der Kommune zu wagen. Wie etwa die Gemeinde Jork, soll auch Apensen in Zukunft als Einheitsgemeinde verwaltet werden. Demnach würden die Samtgemeinde sowie die drei Mitgliedsgemeinden Apensen, Beckdorf und Sauensiek aufgelöst werden und in einer einzigen Gemeinde aufgehen. Statt vier verschiedener Räte gäbe es nur noch ein Gremium, das nach Auffassung der SPD erheblich kostensparender arbeiten würde.

Mit rund 50 000 Euro beziffert sie die jährlichen Einsparungen. Dieser Betrag soll unter anderem dadurch zusammen kommen, dass Sitzungsgelder für Gemeinderatsmitglieder wegfallen würden. Hinzu kämen Einsparungen bei der Verwaltung. Dazu belohnt das Land Niedersachsen derartige Zusammenschlüsse mit einer "Hochzeitsprämie". Rund 750 000 Euro würde die einmalige Zahlung nach einer Berechnung des Kämmerers Peter Riebesell im Falle Apensens betragen.

Wegen des möglichen Geldsegens ist jetzt Eile geboten - denn die Regelung gilt nur noch bis zum Ende des Jahres. Die SPD möchte die bleibende Zeit noch nutzen und hat daher einen Antrag zur Schaffung einer Einheitsgemeinde eingereicht, der in der nächsten Zeit in allen vier Räten besprochen werden wird. Heute Abend steht er von 19 Uhr an im Apenser Rathaus auf der Tagesordnung.

Einen Unterstützter hat die SPD in Samtgemeindebürgermeister Peter Sommer. Der setzt sich seit langem für die Schaffung einer Einheitsgemeinde ein, weil auch er mit Einsparungen rechnet. Dazu würde Sommer nicht zuletzt selbst beitragen: Denn mit der Aufgabe diverser Ämter, etwa jenem des Apenser Gemeindedirektors, würde er auf Teile seines Gehaltes verzichten. Nicht nur in der Verwaltung, auch für die Politik sieht er einen Effizienzgewinn. "Wir beraten zurzeit viele Dinge mehrfach in den Gemeinden, etwa Bebauungs- und Flachennutzungspläne. In Zukunft könnte das in einer einzigen Sitzung abgehandelt werden."

Auch der SPD-Politiker Siegfried Stresow wäre für die Schaffung einer Einheitsgemeinde zu einem Verzicht bereit - und zwar auf das Amt des Beckdorfer Bürgermeisters, das dann abgeschafft würde. Warum die Reform seiner Ansicht nach nötig ist, begründet er mit einem Vergleich: "Die Samtgemeinde hat etwa 8000 Einwohner und wir leisten uns mehr als 60 Ratsmitglieder. Buxtehude hat 40 000 Einwohner und kommt mit 35 Ratsmitgliedern aus." Die Struktur der Samtgemeinde ist laut Stresow "völlig überholt" und bedarf dringend der Reform.

Ganz anders wird das wenige Kilometer weiter südlich gesehen. Das Zentrum des Widerstandes ist Sauensiek, dessen Bürgermeister Rolf Suhr (CDU) "strikt gegen" eine Einheitsgemeinde ist. Er zweifelt die bezifferten Einsparungseffekte an. Seiner Meinung nach würde sich die Arbeit der Verwaltung nur "an andere Stellen verlagern". Zudem müsste der Rat der Einheitsgemeinde wesentlich häufiger tagen als heute der Samtgemeinderat. Auf diese Weise müssten trotzdem wieder Sitzungsgelder gezahlt werden. Zudem befürchtet er für Sauensiek Nachteile: "Wir haben in den letzten Jahren Fahrradwege und eine Sporthalle gebaut, gegen den Widerstand der Samtgemeinde. Dazu wäre es in einer Einheitsgemeinde nie gekommen", sagt Suhr. Denn letztlich, so befürchtet er, würden sich dort "die Investitionen auf das Zentrum konzentrieren." Die Ängste teilt eine Mehrheit der CDU-dominierten Sauensieker Rates. Weil dieser zustimmen müsste, ist eine Verabschiedung der Reform unwahrscheinlich.

"Verantwortungslos" nennt Apensens SPD-Fraktionsvorsitzende Ingrid Scherzer-Hartz diese Haltung und hofft noch auf ein Einlenken der Sauensieker. Diese bekommen jedoch unerwartete Unterstützung von Peter Sommers Stellvertreterin Sabine Benden: "Meine persönliche Meinung ist, dass die Spareffekte so nicht eintreten werden." Außerdem zeige die bisherige Erfahrung tatsächlich, dass sich in Einheitsgemeinden Investitionen auf das Zentrum verlagern. Deshalb ist auch Benden gegen die Reform.