Verkehrsministerium soll angeblich Baustopp für zahlreiche Projekte angeordnet haben. Gegner der A 20 schöpfen Hoffnung.

Stade/Berlin. Droht der geplanten Küstenautobahn A 20, für die bei Drochtersen ein neuer Elbtunnel entstehen soll, noch vor dem Baubeginn ein Stopp des Verfahrens? Nach Informationen des "Handelsblattes" und der "tageszeitung" habe das Bundesverkehrsministerium wegen der Haushaltslage einen Baustopp für Straßen, Wasserwege und Schienen verordnet. Die Kritiker der Küstenautobahn schöpfen nun neue Hoffnung, dass das Bauvorhaben komplett abgesagt wird. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums erklärt allerdings, dass er die Medienberichte "so nicht bestätigen kann".

Hintergrund des angeblichen Baustopps sind die Berliner Sparbeschlüsse

In einem Vermerk zum Finanzplan des Bundesverkehrsministeriums von Anfang Juli heißt es laut dem "Handelsblatt", dass mit einer "Streckung von laufenden Vorhaben" zu rechnen sei. Neue Baumaßnahmen müssten "in den Hintergrund treten. Neubeginne sind derzeit nicht möglich". Einzig die Reparatur des Straßennetzes und das Fortführen laufender Bauprojekte sei demnach noch möglich.

Hintergrund des angeblichen Baustopps ist der neue Haushalt des Ministeriums, der im Rahmen der Sparpläne des Bundesfinanzministeriums von zuletzt etwa 12,6 Milliarden Euro jetzt auf knapp 10 Milliarden Euro reduziert werden soll. "Das verminderte Budget reduziert das zur Verfügung stehende Finanzvolumen für jeden Teilbereich, also Straßen, Schienen und Wasserwege, auf künftig jeweils etwa drei Milliarden Euro", wie ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums gegenüber dem Abendblatt erklärte. Das verringerte Volumen von zehn Milliarden Euro bedeute aber nicht, dass automatisch die geplanten Autobahnprojekte dem Rotstift zum Opfer fallen würden. Vielmehr würde sich der Haushalt nach dem Auslaufen der Konjunkturpakete, die die Bundesregierung während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise verabschiedet hat, wieder normalisieren und auf sein ursprüngliches Volumen zurückgeschraubt. "Wie der Finanzetat des Bundesverkehrsministeriums aber im Detail ausschauen wird, ist momentan nicht zu sagen", so das Ministerium.

Derzeit liege der Entwurf für den Haushalt dem Bundeskabinett vor. Im Herbst soll dann im Bundestag über den endgültigen Etat entschieden werden. Wenn der Haushalt den Bundestag passiert hat, werde mit den Bundesländern besprochen, welche Projekte in der Folgezeit umgesetzt werden könnten, heißt es aus dem Bundesministerium. "Es wird definitiv neu gebaut werden, aber wir müssen schauen, was gemäß dem im Bundestag verabschiedeten Haushalt am Ende machbar ist", so der Sprecher. Das bedeutet letztlich, dass es für kein Projekt eine allgemeine Absage geben wird - aber auch keine Garantie.

Nach Informationen der "tageszeitung" seien selbst jene Projekte, die im Ministerium im "vordringlicher Bedarf" eingestuft werden, mit den vorhandenen Finanzmitteln nur zum Bruchteil finanzierbar. Die Entscheidung, welche Bauprojekte weiter angeschoben werden, hängt damit in erster Linie von der Dringlichkeit der einzelnen Vorhaben ab - und dies ist der heikle Punkt bei der Küstenautobahn.

Enak Ferlemann will sich weiterhin für den Bau der A 20 einsetzen

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), erklärte Ende Mai, dass er die Küstenautobahn A 20 trotz des strikten Sparkurses der Bundesregierung realisieren wolle. Die etwa 3,5 Milliarden Euro teure Küstenautobahn samt Elbtunnel werde, so Ferlemann, im Bundesverkehrswegeplan allerhöchste Priorität haben, dafür wolle er sich persönlich einsetzen. Ob Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) diese Ansicht letztendlich teilen wird, wird von Experten bezweifelt. Dass die Küstenautobahn dringend benötigt wird, streiten zudem die Kritiker des Projektes ab. Uwe Schmidt, Sprecher der Bürgerinitiativen gegen die Küstenautobahn, bezeichnet die Infrastrukturmaßnahme entlang der Norddeutschen Küste als "überflüssig". Die Autobahn stehe im deutlichen Widerspruch zu den erklärten Zielen des Bundes und der Europäischen Union, Ferntransporte von der Straße auf die Schiene und auf Wasserwege zu verlagern. "Die Küstenautobahn ist der ideale Einsparkandidat. Sie ist aus verkehrlicher Sicht nicht erforderlich und nicht viel mehr als eine luxuriöse Zusatzstrecke ohne zusätzlichen Nutzen für die Hinterlandanbindung der Seehäfen", so Schmidt.

Das sehen Enak Ferlemann und Wirtschaftsvertreter, wie die norddeutschen Industrie- und Handelskammern anders. Für sie ist das Projekt nötig, um die Infrastruktur in Norddeutschland auszubauen, um die Wirtschaft und die Häfen zu stärken und die Kommunen vom Verkehr zu entlasten.

Auch wenn es wegen der Haushaltskonsolidierung zu Verzögerungen bei einzelnen Bauprojekten kommen sollte, sei die Küstenautobahn davon höchstwahrscheinlich nicht betroffen, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. Denn die Kosten für das Projekt seien über mehrere Jahre gestaffelt liefen und nicht komplett über den jetzt zu verabschiedenden Haushalt. Bereits im Bau befindliche Projekte wie die Autobahn 26 zwischen Stade und Hamburg seien von Einsparungen und Terminverschiebungen nicht betroffen.