Stader Aktionsbündnis gegen Rechts sieht in dem Biker-Club Gremium MC weiterhin eine ernste Gefahr für die Bürger.

Stade. Bis zum letzten Platz ist das kleine Bistro im Stadtteilhaus des Altländer Viertels in Stade besetzt. Eine bunte Runde aus engagierten Bürgern, Gewerkschaftlern und Politikern von SPD, CDU, FDP, Grünen und der Linkspartei sitzt am Tisch und überlegt, wie es weitergehen soll.

Seitdem bekannt geworden ist, dass der Tostedter Sebastian Stöber die alte Gaststätte "Zur Symphonie" in Wöhrden ersteigert hat und diese als neues Domizil für den vom Landeskriminalamt als kriminelle Organisation eingestuften Motorradclub Gremium MC dienen soll, hat sich eine neue Solidarität im Landkreis entwickelt. Es wird intensiv diskutiert. Parteipolitische Differenzen, die sonst offen ausgetragen werden, werden ausgeblendet. Die Aktivisten eint eines: die Sorge um die Sicherheit der Bürger und um den Ruf der Region.

Die Zahl der Aktivisten gegen Gremium MC nimmt zu

"Beim letzten Treffen waren wir deutlich weniger Leute", sagt Michael Quelle, einer der Aktivisten, die den umstrittenen Motorradclub nicht in der Region haben wollen. Jetzt haben sich etwa 30 Menschen versammelt, das stimmt ihn optimistisch. "Das Thema bewegt immer mehr Menschen dazu, sich aktiv in die Debatte und die Aktionen einzuschalten", sagt er. Und das trotz der aktuellen Äußerungen des Chefs der Stader Polizeiinspektion, Roland Brauer. Der hatte im Abendblatt-Interview gesagt, dass Aktivitäten des Aktionsbündnisses zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll seien, da es, so Brauer, keine Verbindung zwischen dem Motorradclub und der rechten Szene gebe.

Das sehen die Aktivisten anders. Die Person, an der sich letztlich alles aufhängt, ist der Tostedter Stöber. Der kandidierte für die NPD bei der Bundestagswahl - obwohl er dort kein Parteimitglied ist. Und er kaufte das Gasthaus für Gremium MC, obwohl er kein etabliertes Mitglied des Motorradclubs sei. Stöber sei, so die Vermutung, ein Aspirant, der aber untypischerweise bereits von den Führungspersonen bei Gremium MC respektiert werde und nun volles Mitglied bei dem umstrittenen Biker-Club werden wolle. Das Haus sei so etwas wie seine Eintrittskarte.

Befürchtung, dass Stöber rechtes Gedankengut in den Club bringt

"Mit Sebastian Stöber wird das rechtsradikale Weltbild in den Motorradclub eingeschleust", sagt Quelle. Stöber habe sich nie von den Nazis distanziert. "Er nimmt seine Gesinnung mit zu Gremium MC, denn eine Gesinnung gibt man nicht so einfach an der Tür ab", so Quelle. Zudem sei immer noch die Internetadresse "gladiatorgermania" auf ihn registriert. Das sei ein weiteres Indiz dafür, dass er weiterhin rechtes Gedankengut pflege. "Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Stöber eine Führungsfunktion in der nationalsozialistischen Kameradschaftsszene inne hatte. Er ist damit kein kleiner Mitläufer", so Quelle. Dass das ehemalige Gasthaus zum Treffpunkt von Neonazis werden könnte, darauf deute auch die Tatsache hin, dass im Umfeld der "Symphonie" bereits Nazi-Parolen an ein angrenzendes Trafohaus gesprüht worden seien.

Szenenwechsel: Kurz vor der Ex-Gaststätte steht das verfallen wirkende Trafohaus. In grüner Schrift haben Nazigegner "No Nazis" gesprüht. Der Spruch blieb nicht lange auf dem Trafohäuschen, Nazi-Sympathisanten wandelten den Schriftzug mit schwarzen Sprühdosen in "Go go Nazis" um. Gleich um die Ecke wurde ein "Nazis raus" übersprüht. Daneben prangt nun der Schriftzug "NS jetzt" - die Sprüche sind für jeden Passanten gut sichtbar. Mehrere Autos fahren an dem Trafohäuschen vorbei, einige Fahrer bremsen ab, um sich das Geschmiere anzusehen. Auch die Symphonie wurde von den Nazigegnern besprüht, zwei Scheiben sind zudem beschädigt. Ob das auf das Konto von Nazigegnern geht, ist unklar. Ein Streifenwagen nähert sich, bremst ab und fährt langsam an der alten Gaststätte vorbei. Eine Kontrollfahrt. Es ist alles ruhig - noch.

Aktionsbündnis plant einen Protestspaziergang

Im September soll hier ein Protestspaziergang entlang führen. Lutz Bock vom DGB, die Landtagsabgeordnete Petra Tiemann und der Kreistagsabgeordnete Benjamin Koch-Böhnke befürworten den Spaziergang. "Es sollte aber nicht bei einem Mal bleiben", sagt Koch-Böhnke. Eine Wiederholung würde der Aktion Nachdruck verleihen. Lutz Bock stimmt zu, schlägt aber vor, zuvor einen Infostand in der Stader Innenstadt zu errichten. So sollen möglichst viele Bürger über das Thema aufgeklärt und für die Gefahr sensibilisiert werden.

Das klingt alles ganz einfach - doch das ist es nicht. "Die Befürchtung, dass es zu Gewaltaktionen bei einem Deichmarsch kommen könnte, besteht durchaus", sagt Bock. Um einen Polizeischutz werde die Gruppe bei ihrem Marsch wohl nicht herum kommen, auch weil viele Bürger sich diesen Schutz wünschen. Bock hofft, dass es gar nicht zu Eskalationen kommen wird. Eine handgreifliche Auseinandersetzung sei das Letzte, was man wolle.

Mitglieder de Bündnisses hoffen, dass der Motorradclub keine Freude an dem neuen Domizil haben wird. "Die Gemeinde Hollern-Twielenfleth hat eine Veränderungssperre für das Gelände erlassen, damit ist die Einrichtung eines Clubhauses praktisch unmöglich geworden", sagt Bock. Die Aktivisten nehmen das wohlwollend auf - Demonstrieren wollen sie aber trotzdem.