Die neuen Personalausweise bedeuten mehr Verwaltungsaufwand. Die Gemeinden klagen, dass Berlin nicht genug bezahlt.

Stade/Berlin. Am 1. November hat der alte Personalausweis ausgedient und wird von einem neuen Modell ersetzt. Ein praktisches Scheckkartenformat, eingespeicherte biometrische Daten und mehr Sicherheit beim Online-Einkauf sind die Eckpunkte, die den neuen Ausweis auszeichnen sollen. Datenschützer haben sich bereits seit langem über den neuen Personalausweis geärgert, die Speicherung biometrischer Daten wird kritisiert. Doch nicht nur bei Datenschützern steht der neue Ausweis in der Kritik: Auch bei den Gemeinden und Städten stößt das neue Dokument auf wenig Gegenliebe.

Kommunen verlangen von Berlin Nachbesserungen

Der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeindebund sind in Berlin vorstellig geworden. Sie verlangen Nachbesserungen - und zwar im finanziellen Bereich. Denn nicht nur für die Bürger wird der neue Ausweis teurer, auch die Kommunen müssen künftig tiefer in die Tasche greifen. Nach ersten Informationen des Städte- und Gemeindebundes soll die Gebühr für die Ausstellung eines neuen Personalausweises, der zehn Jahre gültig ist, 28,80 Euro betragen.

Die Kommunen sollen davon jeweils sechs Euro erhalten. Dieser Betrag soll die Kosten der zusätzlichen Verwaltungsaufgaben decken. Doch nach Auffassung von Kommunalpolitikern ist er viel zu niedrig angesetzt. "Mit sechs Euro kommen wir ganz sicher nicht aus", sagt Dirk Kraska, Erster Stadtrat der Hansestadt Stade. Auch Rainer Schlichtmann, Samtgemeindebürgermeister in Harsefeld, Rolf Lühmann, Bürgermeister in Jork und andere kommunale Vertreter aus dem Landkreis stellen fest, dass es an einem angemessenen finanziellen Ausgleich fehlt.

Thorsten Bullerdieck, Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, ist ebenfalls der Meinung, dass beim Betrag von sechs Euro nachgebessert werden muss. "Wir gehen davon aus, dass der finanzielle Mehraufwand für die Städte und Gemeinden bei 15 Euro liegen wird", sagt Bullerdieck. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Städte und Gemeinden mit dem neuen Personalausweis viel mehr Arbeit bekämen und dann auf den Kosten sitzen blieben. "Landesweit rechnen wir mit einem Minus in den kommunalen Kassen von etwa 70 Millionen Euro. Das können die Städte und Gemeinden nicht finanzieren", so Bullerdieck. Er erwartet, dass das Bundesinnenministerium in Berlin nun nachbessert und den Verwaltungsanteil der Kommunen auf mindestens 15 Euro festsetzt.

"Das Problem mit dem neuen Ausweis ist, dass dieser sehr viel Beratungsintensiver ist", sagt Bullerdieck. Der neue Personalausweis biete mehr Möglichkeiten, wie etwa die Internetsignatur. "Da werden natürlich viele Bürger Fragen zum Verfahren und zum Datenschutz haben. Das kostet alles Zeit und damit Geld", so Bullerdieck.

Der Personalaufwand ist bis zu dreimal so hoch wie bisher

Die Schätzungen des Städte- und Gemeindebundes und der Kommunen im Kreis Stade für den erwarteten höheren Personalaufwand liegen zwischen dem Doppelten und Dreifachen des bisherigen Aufwandes. "Das bedeutet für uns natürlich, dass wir theoretisch mehr Personal einstellen müssten, um das aufzufangen", sagt Kraska. Doch neue Stellen könnten angesichts der Personallage nicht geschaffen werden. Das bedeute dann für die Städte und Gemeinden, dass diese woanders sparen müssten, um die nötigen Kapazitäten für die Bürgerberatung zu schaffen. "Das ist einfach nur ärgerlich", sagt Kraska. Der neue Personalausweis sei wieder ein Beispiel dafür, wie die Kosten wieder auf die Kommunen abgewälzt würden, ganz nach dem Motto: Den Letzten beißen die Hunde.

"Wir dürfen auch nicht vergessen, es sind ja nicht nur die Personalkosten, die auf uns zukommen", sagt Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann. "Zu den Personalkosten kommt auch noch eine nötige technische Neuausstattung. Die kostet etwa 600 Euro pro Arbeitsplatz", so Lühmann. Hans-Jörg Allenberg, Fachbereichsleiter in Horneburg, geht davon aus, dass auch zusätzliche Schulungen neue Kosten bedeuten werden. "Unser Mitarbeiter können ja auch nicht einfach sofort mit der Arbeit beginnen, die müssen die technischen Neuerungen auch erst einmal kennen lernen", so Allenberg.

Bullerdieck hofft, dass die laufenden Verhandlungen mit dem Bundesinnenministerium eine Besserung der Lage bringen. Bis zum Ende der Sommerpause soll eine Lösung her, auch weil die Zeit drängt. "Nach der Sommerpause werden schon die ersten Bürger Fragen zum neuen Personalausweis haben und kurz darauf den Ausweis beantragen können. Wir stehen also unter Zeitdruck".

Kommunen erwägen Musterklage gegen das Bundesinnenministerium

Ob eine Einigung mit dem Ministerium letztlich aber auch erreicht wird, steht in den Sternen. "Auch wenn wir hinter dem Städte- und Gemeindebund stehen, habe ich habe meine Zweifel, dass letztlich etwas erreicht wird", sagt Lühmann. "Es ist schwer zu sagen, ob es klappen wird", sagt auch Schlichtmann. Allenberg sieht es nicht viel besser: "Ich wünsche mir zwar, dass eine Einigung kommt, persönlich glaube ich aber nicht daran". Sollte keine Einigung erreicht werden, so wäre laut Lühmann, eine Musterklage als letzter Ausweg aus dem Finanzdilemma denkbar. Aber auch diese würde die Kommunen wieder Zeit und Geld kosten.