Zwar befürwortet der Kreistag die wirtschaftliche Kooperation an der Unterelbe, will die Absichtserklärung aber nicht unterzeichnen.

Stade. Der sogenannte "Letter of Intent" ist zwar eine feine Sache, aber vom Landrat unterschrieben werden soll er dann doch nicht. Dieses "Jein" ist das Ergebnis einer hitzigen Debatte im Kreistag darüber, ob Landrat Michael Roesberg (parteilos) die Absichtserklärung zur engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Region Unterelbe unterschreiben soll.

Wie berichtet, hatten die Wirtschaftsministerien in Hannover und Kiel sowie die Hamburger Wirtschaftsbehörde den "Letter of Intent" - auch Hamburger Erklärung genannt - mit heißer Nadel gestrickt und Anfang April den Wirtschaftsministern, dem Hamburger Wirtschaftssenator, den Landräten und Vertretern der Wirtschaft in der Region zur Unterschrift vorgelegt.

Unter anderen weil die Politiker im Stader Kreistag, allen voran die Grünen, Beratungsbedarf sahen, hat Roesberg bisher nicht unterschrieben. Schon der Kreisausschuss hatte empfohlen, die Absichtserklärung zwar offiziell zu begrüßen, sie aber dennoch nicht zu unterschreiben.

In ihrer jüngsten Sitzung debattierten nun noch einmal die Politiker im Kreistag über die Angelegenheit. Zuvor hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sie lehnt die Hamburger Erklärung in Gänze ab, einen Alternativvorschlag vorgelegt. Fraktionschef Ulrich Hemke: "Mit unserer Alternative fordern wir sehr wohl eine Zusammenarbeit. Die darf sich aber nicht auf die Wirtschaft beschränken. Wir können uns nicht von den Industrie- und Handelskammern diktieren lassen, wie die Zukunft dieses Landkreises aussehen soll. Denn mehr ist diese Absichtserklärung, die uns heute hier vorliegt, nicht. Wir fordern gleichfalls eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Tourismus und Wissenschaft. Den Menschen in dieser Region muss die Möglichkeit gegeben werden, an dieser Zusammenarbeit mitzuwirken."

+++++"Letter of intent": Mit der heißen Nadel gestrickt+++++

Entscheidend, so Hemke weiter, sei doch, "wie wir das Ganze finanzieren wollen. Diese Absichtserklärung ist ein Täuschungspapier. Wie wollen die Länder die A 26 oder die A 20 zügig vorantreiben, wenn ihnen zugleich, wie in Hamburg, die Mittel für die Kinderbetreuung fehlen oder in Schleswig-Holstein die Uni vor der Schließung steht?", fragte der Grünen-Fraktionschef im Kreistag.

CDU-Fraktionschef Helmut Dammann-Tamke konterte in Richtung Grüne: "Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, auf Kreisebene ein klares Bekenntnis zur Industrie abzugeben, während die Stader Grünen sich beispielsweise sehr wohl für einen Ausbau des Stader Hafens ausgesprochen haben." Der "Letter of Intent" solle, so urteilte der CDU-Fraktionschef, nicht unterschrieben werden, "aber wir sind der Meinung, eine Zusammenarbeit ist im großen Interesse der Menschen im Landkreis Stade".

Der SPD-Fraktionschef Hans-Uwe Hansen unterstützte seinen Kreistagskollegen Dammann-Tamke. "Ich freue mich über den neuen Ton aus Hamburg. Denn bislang galt doch die Region an der Unterelbe aus Hamburger Sicht lediglich als Hinterhof, in dem höchstens Probleme abgeladen werden". Und Hansen gab auch gleich eine Erklärung dafür, warum der Kreis trotzdem nicht unterschreiben könne.

Seine Fraktion sehe zu viele Probleme im Detail der Absichtserklärung, als dass sie für den Landkreis Stade unterschriftsreif wäre. Nichtsdestotrotz, so Hansen, "sehen wir Chancen, die Entwicklung hier in der Region voranzutreiben. Chancen, die wir nicht zerreden sollten." Hansen warf den Grünen im Kreistag vor, die Absichtserklärung als "Generalkritik gegen die Metropolregion" zu missbrauchen. Dammann-Tamkes Stellvertreter Oliver Grundmann (CDU) sagte: "Wir im Landkreis Stade können hoffnungsfroh in die Zukunft schauen, und wir sehen einer blühenden Zukunft des Unterelberaumes entgegen. Umso wichtiger ist es, dass wir auf wirtschaftlicher Basis, denn nichts anderes ist die Intention des 'Letter of Intent', zusammenarbeiten. Ich kann die Diskussion der Grünen einfach nicht nachvollziehen."

SPD, CDU, Freie Wählergemeinschaft und Rudolf Fischer (FDP) hatten für die Kreistagssitzung eine eigene Beschlussvorlage erarbeitet. Darin heißt es: "Die Unterelberegion ist eine der wirtschaftlich bedeutendsten Regionen Norddeutschlands mit hervorragenden Zukunftschancen, deren Potenzial durch eine länderübergreifende, regionale Kooperation noch erheblich gesteigert werden kann. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Landkreis Stade ausdrücklich die Initiative Zukunft Unterelbe, mit der die Weiterentwicklung der Region partnerschaftlich gestaltet werden soll."

Außerdem heißt es in der Vorlage: "Der Landkreis Stade ist gewillt, sich aktiv in diese Zusammenarbeit einzubringen." Mit dieser Beschlussvorlage setzten sie sich mehrheitlich bei der Abstimmung im Kreistag durch. Es bleibt also bei der Empfehlung des Kreisausschusses: Der "Letter of Intent" wird vom Landkreis Stade zwar begrüßt, aber nicht unterschrieben.