Dass Spinat stark macht, ist allerdings ein Irrtum. Aber er hält gesund. Nur Kinder mögen das Gemüse nicht, aber dafür gibt es eine Erklärung.

Lüneburg. Warum auch immer die Comicfigur Popeye so stark war, es lag auf jeden Fall nicht an ihrem hohen Spinatkonsum. Bereits 1890 kam das Gerücht auf, dass Spinat dank sensationell hohen Eisengehalts von 35 Milligramm je 100 Gramm blutbildend sei und beim Muskelaufbau helfe. Jahrzehntelang fütterten Mütter deshalb ihre Sprösslinge mit dem Blattgemüse. Bis Wissenschaftler herausfanden, dass Spinat in Wahrheit nur 3,5 Milligramm Eisen enthält. Dafür wartet er mit einem hohen Gehalt an Vitamin C auf. Und ist natürlich, wie alle Gemüsesorten, auch ohne überdurchschnittlichen Eisengehalt sehr gesund.

Das weiß auch Eilean Bendrig vom Gärtnerhof Bienenbüttel. Sie verkauft Spinat auf dem Lüneburger Wochenmarkt. "Wir kaufen bisher noch aus Italien zu. Aber zu Monatsbeginn haben wir angefangen, selbst zu pflanzen", sagt sie. In Abständen von zwei Wochen werden die Jungpflanzen aufs Feld gebracht. So können sie bis in den Herbst geerntet werden. Mit seinen langen Wurzeln lockert Spinat den Boden auf. Deshalb eignet er sich besonders gut als Vorkultur für andere Gemüsesorten. Je nach Wetter wächst er vier bis sechs Wochen, ehe er geerntet werden kann. "Der erste Spinat wird noch unter Folie gepflanzt, erst der nächste Satz kommt ins Freiland", sagt die 51-Jährige. Auf dem Gärtnerhof wird solcher mit glatten Blättern angebaut.

Das Fuchsschwanzgewächs kommt in etwa 50 Sorten vor. Gegessen werden zwei davon, die gut voneinander zu unterscheiden sind, weiß Heinrich Steinhauer. Er verkauft sie beide: sowohl die mit den glatten als auch die mit den stärker strukturierten, groben Blättern. "Der glatte Spinat wächst bereits bei niedrigeren Temperaturen. Der grobe kommt meist aus Italien. Damit er gedeiht, muss es wärmer sein", sagt der Landwirtschaftsmeister. Auch in der Zubereitung gibt es gravierende Unterschiede. Während glatte Spinatblätter sogar roh als Salat schmecken, sollten die groben gekocht werden. Sie fallen nicht so stark in sich zusammen und sind auch nach dem Garen noch ansehnlich.

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Doch selbst die schönste Präsentation macht vielen Kindern ihren Spinat nicht schmackhafter. Dass die Kleinen das Gemüse nicht mögen, hängt mit ihren Geschmacksrezeptoren zusammen. Im Laufe eines Lebens werden die Geschmacksrezeptoren des Menschen unempfindlicher. Kinder schmecken also intensiver. Spinat enthält sowohl Bitterstoffe als auch organische Säuren. Beides nehmen Kinder intensiver wahr. Abhilfe schaffen Milch und Sahne. Bestandteile der Milch reagieren beim Kochen mit denen des Spinats. Sie "zerstören" die Auslöser des bitteren oder sauren Geschmacks oder überdecken sie.

Wenn die Pflanzen noch jung und klein sind, wird das Unkraut auf dem Gärtnerhof Bienenbüttel mit der Hacke entfernt. "Später spenden die Blätter Schatten. Darin wächst kaum noch Unkraut", sagt Eilean Bendrig. Die gelernte Gärtnerin erntet den Spinat von Hand. Am Wurzelansatz wird die Rosette abgeschnitten. "Wenn die Blätter am Spinatherz bleiben, welken sie nicht so schnell", erklärt sie.

Eilean Bendrig erntet den Spinat immer am Tag vor dem Wochenmarkt. So enthält das Gemüse noch viele Vitamine und Spurenelemente. Vor allem das Vitamin C, bis zu 150 Milligramm können in 100 Gramm Spinat sein, ist nicht sehr lager- und hitzebeständig. "Nicht länger als drei Tage im Gemüsefach lagern", rät darum der Landwirtschaftsmeister Heinrich Steinhauer. Da Spinat viel - ungiftiges - Nitrat enthält, das durch Bakterien in Nitrit umgewandelt wird, sollte man auch gekochten Spinat nicht länger als einen Tag lagern. Nitrit beeinträchtigt den Sauerstofftransport im Körper. Gerade für Kinder kann zu viel davon gefährlich sein.

Wer Spinat trotzdem länger lagern möchte, sollte die Blätter kurz blanchieren, in Eiswasser abschrecken, damit die Farbe und die Vitamine erhalten bleiben, und anschließend einfrieren. Im Tiefkühlfach kann er dann bis zu zehn Monate gelagert werden. Kein Wunder, dass das Gewächs das beliebteste Tiefkühlgemüse der Deutschen ist. "Für ein bis zwei Tage ist Spinat jedoch im Gemüsefach des Kühlschranks am besten aufgehoben", sagt Heinrich Steinhauer.

Statistisch gesehen isst jeder Deutsche nur 800 Gramm pro Jahr davon. Äußerst kurzsichtig: Forscher aus Jena haben herausgefunden, dass Spinat die Sehkraft verbessern kann. Denn die grünen Blätter enthalten Lutein. Aus diesem Stoff besteht auch die Makula im menschlichen Auge. Sie wird auch gelber Fleck genannt und ist die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut. Fürs scharfe Sehen ohne Brille sollte ein Erwachsener täglich zehn Milligramm Lutein zu sich nehmen. Das steckt in 100 bis 150 Gramm Spinat.

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Die Vorzüge der Spinatpflanze hat auch die Lebensmittelindustrie entdeckt: Aus den Blättern wird der Farbstoff Chlorophyll gewonnen. Mit ihm werden andere Lebensmittel, zum Beispiel Nudeln, grün gefärbt. Im Mundwasser neutralisiert der grüne Farbstoff strenge Gerüche, indem eiweißspaltende Enzyme gehemmt werden.

Zu Hause kann man mit dem natürlichen Farbstoff auch Ostereier färben. Dazu einfach einen halben Liter Wasser, einen Schuss Essig und 250 Gramm Spinat 30 bis 45 Minuten kochen. Die vorher mit Essig abgeriebenen Eier werden in dem Sud gekocht und nehmen dabei dessen Farbe an.

Seit dem Mittelalter wird Spinat außerdem als Heilmittel verwendet. Die Pflanze hilft gegen Blähungen, die Samen gelten als Abführmittel. Zudem wird Spinat zugeschrieben, den Blutzuckerspiegel zu senken. Er soll ferner geeignet sein, um Nierensteine zu behandeln. Die Blätter wurden früher auch als fiebersenkendes Mittel oder bei Entzündungen der Lunge und des Darms gegeben. Mit den Samen behandelte man Atemprobleme, Leberentzündungen und Gelbsucht.

Ein Kilogramm Spinat vom Gärtnerhof Bienenbüttel kostet etwa 4,50 Euro. Eilean Bendrig: "Der Preis ist zu Beginn der Saison höher, später pendelt er sich ein."