Der Passus einer Absichtserklärung zur wirtschaftlichen Zukunft an der Unterelbe sorgt für Ärger. Elbvertiefung in Stade weiter umstritten.

Stade. In der Metropolregion soll die Wirtschaft enger zusammenrücken. Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP), sein Kieler Amtskollege Jost de Jager (CDU) und Frank Horch (parteilos), Wirtschaftssenator der Hansestadt Hamburg, wollen ihre Arbeit besser koordinieren, gemeinsame Projekte anschieben und die gesamte Unterelberegion international vermarkten. Deshalb haben sie eine "Hamburger Erklärung zur wirtschaftlichen Entwicklung der Unterelbe" vorbereitet, die am kommenden Mittwoch bei einer Fachkonferenz in Hamburg vorgelegt werden soll.

Das Papier, der sogenannte "Letter of Intent", in dem unter anderem eine zügige Elbvertiefung gefordert wird, sollen neben Vertretern aus der Wirtschaft, den Hafenverbänden, den Gewerkschaften und den Wirtschaftsförderern aus der Metropolregion auch die Verwaltungsspitzen der Anrainer-Landkreise in Niedersachsen und Schleswig-Holstein unterzeichnen. Und das führt in den Kreisen Stade und Cuxhaven zu Irritationen. Denn hier ist die Vertiefung der Elbe höchst umstritten, vor allem Obstbauern aus dem Alten Land fürchten Nachteile.

Die Ziele der Wirtschaftsminister stehen fest: Die beteiligten Länder wollen den Chemiestandort Unterelbe festigen und erweitern. Vorangetrieben werden soll auch die "Ansiedlung von Industrie und Gewerbe auf den bereits vorhandenen und planerisch ausgewiesenen Flächen, auch von Unternehmen aus hafengebundenen und energieintensiven Wirtschaftszweigen". Auch soll die Zusammenarbeit der Seehäfen und der Ausbau der Breitbandversorgung gefördert werden.

In dem Entwurf heißt es weiter: "Jeder Partner wird die Kosten, die aus der Umsetzung des 'Letter of Intent' entstehen, im Rahmen der jeweiligen Förderrichtlinien und -möglichkeiten bedienen. Dabei sind grenzüberschreitende und projektübergreifende Finanzierungsmöglichkeiten anzustreben."

+++ Landesregierung prüft erneut Elbvertiefung +++

Das Problem: Bis heute gibt es keine offizielle Endfassung der Erklärung. Es gibt lediglich den Entwurf einer "Absichtserklärung zur wirtschaftlichen Entwicklung der Unterelberegion".

Dieser Entwurf, der dem Abendblatt vorliegt, ist aus Sicht des Stader Landrates Michael Roesberg (parteilos), "so, mit der Forderung nach einer zügigen Fahrrinnenpassung nicht akzeptabel. Den werde ich nicht unterschreiben". Abgesehen davon begrüße er eine wirtschaftliche Kooperation in der Region, gerade wenn es darum gehe, die Chemiestandorte zu stärken.

In dem Entwurf heißt es unter anderem: "Begonnene und geplante Infrastrukturmaßnahmen wie die Realisierung der Autobahn 20 mit fester Unterelbquerung, der Ausbau der Bundesstraße 5 und der Bundesstraße 73, die bis Cuxhaven ausgebaut werden soll, der Weiterbau der A 26 sowie die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe, und der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Häfen der Elbe fördern das Vorhaben der wirtschaftlichen Entwicklung des Unterelberaums und müssen zügig umgesetzt werden."

In den Landkreisen Stade und Cuxhaven ist die Angst vor den Folgen einer weiteren Elbvertiefung groß. Derzeit prüft das Land Niedersachsen, ob es sein Einvernehmen zur Fahrrinnenpassung gibt. Gegen eine Zusammenarbeit für die Region könne, so der Stader Landrat, niemand etwas haben. "Aber ich bedaure sehr, dass diese Erklärung seitens der Minister sehr kurzfristig vorbereitet wurde. Da hätte ich mir mehr Vorbereitungszeit gewünscht."

Die Fraktion der Grünen im Stader Kreistag kritisiert, dass der Kreistag nicht einmal über den Entwurf, dessen Endfassung in der kommenden Woche unterzeichnet werden soll, informiert worden sei. Fraktionssprecher Ulrich Hemke: "Der Passus mit der Elbvertiefung ist für uns natürlich völlig untragbar. Und die Erklärung zur A 20, zur A 26 und zum Ausbau der Bundesstraßen ist eine reine Absichtserklärung, weil das Geld dafür überhaupt nicht zur Verfügung steht."

+++ Niedersachsen pokert bei der Elbvertiefung +++

Stünden die einzelnen Punkte im Einklang mit den bisherigen Beschlüssen des Stader Kreistages, brauche er kein gesondertes Votum, um die Unterschrift in Hamburg leisten zu können, sagt Michael Roesberg. Aber sobald er die endgültige Fassung der Absichtserklärung in den Händen halte, werde er den Kreistag davon unterrichten. Das kann knapp werden.

Auch in der Stadt Cuxhaven hat man generell nichts gegen eine enge Zusammenarbeit zur Förderung der Wirtschaft in der Metropolregion. Aber auch hier stößt der Passus mit der Elbvertiefung unangenehm auf. Der Verwaltungsausschuss des Stadtrates hat sich einstimmig dagegen ausgesprochen, dass Bürgermeister Dr. Ulrich Getsch die Hamburger Erklärung in ihrer jetzigen Fassung unterschreibt. Stadt und Kreis Cuxhaven haben einen klaren politischen Beschluss gegen die Fahrrinnenanpassung gefasst.

Es mache wenig Sinn, sagt die Erste Stadträtin Andrea Pospich einerseits gegen die Vertiefung zu klagen, andererseits sich in einer Absichtserklärung für eine zügige Umsetzung der Elbvertiefung auszusprechen. Allerdings liege inzwischen im Cuxhavener Rathaus eine überarbeitete Fassung der Erklärung vor. "Darin wurde der Passus mit der Fahrrinnenanpassung umformuliert." Nun liegt der Ball wieder bei der Politik.

Die Hamburger Wirtschaftsbehörde will keinen Kommentar zu dem Entwurf für den "Letter of Intent" abgeben.