Die Buxtehuder Künstlerin Ute Vorndamme spielt in ihrer neuen Ausstellung “Farbräume“ im Buxtehuder Museum mit Farben und deren Wahrnehmung.

Buxtehude. Alles rot, so weit das Auge reicht. Rote Wände, dekoriert mit roten Acryl-Gemälden, eine rote Decke und sogar roter Boden. Mittendrin steht Ute Vorndamme, die Buxtehuder Künstlerin, die sich all das ausgedacht hat. "Dieser Raum springt einen förmlich an, man will tanzen, feiern, laut sein", sagt sie. Er ist Teil von Ute Vorndammes Ausstellung "Farbräume", die heute Abend um 19 Uhr im Buxtehuder Museum am Stavenort 2 eröffnet wird und noch bis zum 3. Juni läuft. Darin widmet sich Vorndamme den Farben und deren Wahrnehmung.

In Vorndammes Ausstellung gibt es nämlich nicht nur einen roten, sondern auch einen gelben und einen blauen Raum. Für die aufwendige Installation wurde der Sonderausstellungsraum des Museums komplett umgebaut. Rund vier Wochen wurde gewerkelt, um zahlreiche Zwischenwände einzuziehen. Auf dem Weg in die unterschiedlichen Farbräume müssen die Besucher immer wieder durch einen weißen Neutralraum, in dem sie den so genannten Sukzessivkontrast erleben.

Je nachdem, aus welchen Raum man kommt, erscheint der weiße Raum in der jeweiligen Gegenfarbe des zuvor wahrgenommenen Farbraums. Nach Rot wirkt er grünlich, nach Blau gelblich und nach Gelb bläulich. Schuld daran ist eine physiologisch bedingte Reaktion des Auges. "Diese Reaktion ist bei jedem anders", so Vorndamme. "Genau wie alle Menschen unterschiedliche Vorlieben oder Abneigungen für gewisse Farben haben. Wer Rot mag, verbindet die Farbe mit Liebe und Freude, wer Rot nicht mag, denkt an Hass, Krieg, Zoff, Ärger und Stress. Leute mit Bluthochdruck zum Beispiel halten es in dem roten Raum vielleicht sogar nur schwer aus."

Vorndamme weiß, wovon sie spricht. Die 1942 in Aalen geborene Künstlerin ist seit 1963 auf dem Gebiet des Farbdesigns tätig. "Farben haben mich schon immer fasziniert", sagt sie. "Farbe ist meine Seele, mein Leben. Über Farbe kann ich alles definieren." Nach ihrer Gesellenprüfung im Malerhandwerk und dem anschließenden Studium mit Diplom an der Höheren Fachschule für Maler in Stuttgart studierte sie am Institut für Farbenpsychologie in Marquartstein und am Deutschen Farbenzentrum in Ludwigsburg. Nachdem sie der Liebe wegen 1966 nach Buxtehude umgesiedelt hatte, begann sie Konzepte für die Farbgestaltung von öffentlichen Gebäuden und Industrieanlagen in Deutschland und in den USA zu entwerfen.

+++ "Farbräume" im Buxtehude Museum +++

Für die Gestaltung des Elbe Klinikums in Buxtehude war Vorndamme ebenso verantwortlich wie für die einer Schokoladenfabrik in Niederbayern. "Die Firmenleitung dachte an Farben wie Braun oder Beige", erinnert sich Vorndamme. "Das ging natürlich gar nicht, zumal in der Firma zu 80 Prozent Frauen arbeiteten, die wegen dem permanenten Schokoladengeruch sowieso schon fast durchgedreht sind. Da braucht man als Kompensation frische Farben. Türkis zum Beispiel, oder ein bisschen Violett."

Doch nicht nur im Bereich der Gestaltung, auch in der Malerei widmete sich Vorndamme stets den Themen Farbe und Farbpsychologie. 1995 fertigte sie abstrakte Farbstudien zu Buxtehuder Bürgern an. Für die Ausstellung "Wie bunt sind niedersächsische Politiker/innen?" begleitete und beobachtete sie mehr als eineinhalb Jahre niedersächsische Politiker und Politikerinnen, darunter auch Ex-Bundespräsident Christian Wulff sowie den SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel. Die dabei entstandenen Farbpsychogramme, die den Charakter der Politiker farblich darstellen, waren nicht nur in Buxtehude, sondern auch im niedersächsischen Landtag zu sehen.

In der Ausstellung "Farbräume" bringt Vorndamme Kunst und Design nun zusammen. "Mein Wunsch war es immer all das, womit ich mich seit Jahrzehnten beschäftige, mal in einem Projekt zu vereinen", sagt sie. "Farbpsychologie, Farbphysiologie und Ästhetik." Der Anspruch der Ausstellung sei, dass die Besucher die Farben fühlen und erleben. "Und das kann ich nur im Farbraum", so Vorndamme.

Um das sinnliche Erlebnis in der Ausstellung noch intensiver zu machen, bekommen Besucher am Eingang außerdem Köpfhörer, die in jedem Raum passende Musik abspielen. Die Stücke wurden extra von Peter Schmidt vom Musikmarkt Buxtehude komponiert. Dafür gab Vorndamme Schmidt Begriffe an die Hand, die mit den jeweiligen Farben assoziiert werden. Bei Rot reicht die Bandbreite wie erwähnt von Liebe bis Hass. Gelb steht für manche für Sonne, Licht und Optimismus, für andere für Neid, Verrat und Irrsinn. Und Blau kann sowohl mit Freundschaft, Harmonie und Klugheit, als auch mit Kälte, Distanz und Niedergeschlagenheit verbunden werden. "Wir haben viel über die Musik diskutiert", sagt Vorndamme. "Das Ergebnis passt nun ziemlich gut zu den jeweiligen Räumen."

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Für die Künstlerin ist die Ausstellung zugleich eine Art Experiment. Haben die Besucher den Rundgang beendet, können sie in einem Fragebogen angeben, was in den einzelnen Räumen bei ihnen passiert ist. "Das ist der wissenschaftliche Anspruch, den ich an meine Arbeit stelle", so Vorndamme.

"Ich habe in meinem Leben viele Leute auf ihre Lieblingsfarben getestet. Ich möchte sehen, wie es bei den Buxtehudern aussieht und wie sie die Farben in den Räumen erleben." Die Ergebnisse stellt sie bei der Finissage am 3. Juni um 15 Uhr vor. Ihre ganz persönliche Lieblingsfarben verrät sie schon jetzt: Violett und Türkis. "Zwei Gegenpole, zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt", sagt sie. "Der komplette Wohn- und Arbeitsbereich bei mir zu Hause ist bläulich-violett. Und der Rest des Hauses, als Kontrast, ist gelb." Ute Vorndamme kann von Farben eben nie genug bekommen.