Ab 2013 soll es in Niedersachsen islamischen Religionsunterricht als reguläres Schulfach geben. Noch sind viele Fragen offen.

Stade/Buxtehude. Islamischer Religionsunterricht soll in Niedersachsen stufenweise als reguläres Schulfach eingeführt werden. Für rund 49.000 Schüler muslimischen Glaubens soll das Fach laut Kultusministerium ab dem Schuljahr 2013/2014 an Grundschulen und ab dem Schuljahr 2014/2015 in den Klassen fünf bis zehn angeboten werden. Im Landkreis Stade stoßen diese Pläne an Schulen und bei Politikern auf Zuspruch. Allerdings stellen sich den Schulleitern in Bezug auf die Umsetzung des Projekts noch einige Fragen.

"Ich denke, dass wir an unserer Schule entsprechenden Bedarf an islamischem Religionsunterricht hätten", sagt Claudia Goldbach, kommissarische Schulleiterin der Grundschule Campe in Stade, "nur haben wir noch keine Informationen, wie das funktionieren soll." Pro Klasse zählt die Grundschule lediglich zwei Schüler muslimischen Glaubens. Der Unterricht müsste daher jahrgangsübergreifend laufen. Darin sieht Ulrich Mayntz, Schulleiter der Grundschule Altkloster in Buxtehude, ein Problem: "Wir haben zurzeit 17 Kinder muslimischen Glaubens, sie sind auf vier Jahrgänge verteilt. Nach meiner Einschätzung ist es unmöglich, Kinder der ersten Klasse mit Kindern der vierten Klasse zusammen zu unterrichten. Generell sehe ich der Umsetzung eher skeptisch entgegen."

An weiterführenden Schulen besteht dieses Problem nicht. Hans-Jürgen von Maercker, Leiter der Halepaghen-Schule in Buxtehude, sagt: "Islamischer Religionsunterricht kann und muss jahrgangsübergreifend unterricht werden." An seiner Schule gibt es 33 Schüler, für die es infrage käme, an dem Unterricht teilzunehmen. "Allerdings haben wir noch keine Aussicht auf qualifizierte Lehrkräfte", sagt von Maercker. In diesem Bedenken wird er von anderen Schulleitern im Kreis unterstützt. "Es ist wichtig, dass die Lehrer gut ausgebildet sind. Bisher gibt es nur wenige Absolventen", sagt Vera Bochdalofsky, kommissarische Schulleiterin des Schulzentrums Altes Land.

Das Kultusministerium hingegen hat bereits Erfahrungen gesammelt. Der geplanten Einführung in Niedersachsen war seit 2003 ein Modellversuch vorausgegangen. In dem Projekt wurde islamischer Religionsunterricht zuletzt in 43 Grundschulen unterrichtet. "Die Erfahrungen aus dem Schulversuch sind sehr hilfreich für uns", sagt Ministeriumssprecherin Corinna Fischer, "so fangen wir nicht bei Null an und können auf den bereits erstellten Lehrplänen aufbauen."

Die Lehrer sollen an der Universität Osnabrück ausgebildet werden, wo in Kürze das bundesweit zweite Institut für Islamische Theologie eröffnet. "Wir werden die Schulen informieren, welche Möglichkeiten sich in der konkreten Umsetzung bieten", sagt Fischer und fügt hinzu, die Einführung werde Schritt für Schritt vollzogen.

+++ Niedersachsen will Islamunterricht als Regelfach +++

Abgesehen von den Fragen zur Umsetzung stehen die Schulleiter der Einführung des neuen Fachs unter staatlicher Aufsicht positiv gegenüber. "Es ist geplant, den Unterricht auf Deutsch zu halten. Das finde ich eine gute Möglichkeit, den Schülern zu zeigen: Deutsch sein und Moslem sein, das schließt sich nicht aus", sagt Vera Bochdalofsky vom Schulzentrum in Jork.

Die Nachfrage nach islamischem Unterricht im Kreis ist allerdings recht unterschiedlich. "Ein Bedarf besteht auf jeden Fall", sagt Cengiz Yilmaz, Vorstandsmitglied der islamischen Gemeinde Stade. "Nach unserer Einschätzung gibt es im Landkreis rund 300 Kinder muslimischen Glaubens." Auch an der Montessori Grundschule Altländer Viertel ist der Bedarf bekannt. Schulleiterin Monika Rieken sagt: "Für uns ist dieses Thema nicht fremd. Wir haben relativ viele Kinder muslimischen Glaubens und daher denke ich, dass wir diesen Religionsunterricht definitiv einrichten werden."

Doch es besteht nicht an jeder Schule im Landkreis Nachfrage nach islamischem Religionsunterricht. Beim Gymnasium Süd in Buxtehude Süd und dem Gymnasium Harsefeld beispielsweise wurde bisher kein Bedarf angemeldet. "Ich denke nicht, dass wir zu den ersten Schulen gehören werden, die für diesen Unterricht eine Lehrkraft gestellt bekommen", sagt Johann Book, Leiter des Harsefelder Gymnasiums.

Das Vorhaben des Kultusministeriums wird auch vonseiten der Politik im Landkreis unterstützt. Der Stader FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören sagt: "Die christlich-liberale Koalition in Niedersachsen geht beim islamischen Religionsunterricht mit gutem Beispiel voran. Damit leistet die Landesregierung einen entscheidenden Beitrag zur Integration und zur religiösen Bildung muslimischer Schüler."

Ähnlich sieht das Osman Can, der für die SPD im Stader Stadtrat sitzt: "Es ist eine gute Sache, wenn der muslimische Glaube nicht in Hinterhöfen sondern wissenschaftlich fundiert gelehrt wird - von Lehrern, die hier in Deutschland ausgebildet wurden." Er sieht darin, wie auch das Ministerium und die Schulleiter im Kreis, ein Signal für ein gemeinsames Miteinander.