Der Vorwurf lautet: falsche Abrechnung. Die Übungsleiterin Beate Drewes verlässt den VfL Stade und arbeitet jetzt beim TuSV Bützfleth.

Bützfleth. Beate Drewes verlässt den VfL Stade. Die Übungsleiterin hat Anzeige gegen ihren Verein gestellt. Sie wirft der Geschäftsstelle Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung mit den Krankenkassen vor (das Abendblatt berichtete). Jetzt freut sich der TuSV Bützfleth über neue Mitglieder. Beate Drewes hat sich am Wochenende in der Halle des TuSV als neue Übungsleiterin vorgestellt - im Schlepptau hatte sie über 70 Sportler.

"Ich habe keines dieser Gesichter bisher bei uns gesehen", sagt Sönke Hartlef, erster Vorsitzender des TuSV Bützfleth, "mit so einem Ansturm hätte ich nicht gerechnet." Die Sportler, die in Zukunft Gesundheitssportkurse beim TuSV besuchen wollen, kommen vom VfL Stade und sind aus einem einzigen Grund hier: Beate Drewes.

Die Übungsleiterin, die seit ihrem 14. Lebensjahr im Bereich des Reha-Sports mit geistig und körperlich behinderten Menschen ehrenamtlich arbeitet und dies in den letzten 28 Jahren bis zu 20 Stunden pro Woche beim VfL Stade getan hat, hat nun eine neue sportliche Heimat.

Seit dem Wochenende bietet die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes ihre Sportgruppen für Herzkranke, Schlaganfallpatienten, Krebskranke und Lungenkranke in Bützfleth an. Viele Teilnehmer folgen ihr von Stade nach Bützfleth und bringen Drewes zum ersten Treffen Blumen mit. Drewes ist gerührt. "Dass ich hier in Bützfleth so einen tollen Start habe, bedeutet mir viel", sagt sie.

Denn die Tatsache, dass sie sich als Übungsleiterin einen neuen Verein suchen musste, bereitete ihr viel Kopfzerbrechen. "Beim VfL Stade haben wir viele Jahre gut zusammengearbeitet, aber letztlich musste ich diesen Schlussstrich ziehen." Im Winter 2011 hatte Drewes sich mit dem VfL überworfen, zum 31. Dezember 2011 beendete sie die Zusammenarbeit.

Laut Drewes habe der VfL zum Teil inkorrekt abgerechnet, manches Mal von den Krankenkassen zuviel kassiert. "Ich habe die Geschäftsstelle des VfL mehrfach auf diese Fehler in den Abrechnungen aufmerksam gemacht. Irgendwann geht es nicht mehr", sagt die 56-Jährige. VfL Präsident Carsten Brokelmann weist die Vorwürfe zurück und betont, der Verein habe die Abrechnungen systematisch inspiziert. Nach eingehender Prüfung sei für ihn kein Fehlverhalten des Vereins ersichtlich.

Mittlerweile hat Drewes Anzeige wegen Betrugs gegen den VfL gestellt, der Pressestelle der Polizei Stade zufolge wird die Anzeige zurzeit bearbeitet. Auch mindestens eine der Krankenkassen, die von den Abrechnungsunregelmäßigkeiten betroffen sein sollen, überprüft die Hinweise von Drewes. "Der Fall des VfL liegt bei unserer Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Dort wird geprüft, ob es sich um einen Fehler oder strategischen Betrug handelt", sagt Michaela Hombrecher, von der Techniker Krankenkasse.

Für Drewes gab es keinen anderen Weg als diesen. "Ich arbeite im öffentlichen Dienst. Wenn ich falsche Abrechnungen entdecke, muss ich das melden. Dazu fühle ich mich verpflichtet. Das Ganze nimmt jetzt seinen Gang. Ich konzentriere mich nun erst mal auf die neuen Sportgruppen."

Viele Teilnehmer der Sportgruppen sind begeistert von Drewes Art und Arbeit. Das Tolle an ihr sei, dass sie nicht nur den Körper ihrer Kursteilnehmer im Blick habe, sondern auch offen für jede Art von Gespräch sei, so Heinz Eickstädt, 74, aus Himmelpforten und weiter: "Beates Herzlichkeit ist das, was uns jetzt hier nach Bützfleth bringt. Sie behandelt uns ganz normal, als ob wir keine Leiden hätten und das tut gut." Ähnliche Beweggründe treibt auch Monika Thewes, 59, aus Hagen zum Willkommenstreffen: "Beate ist fachlich gut und ist menschlich wertvoll für uns. Als ich gehört habe, dass sie nach Bützfleth geht, war für mich klar, dass ich mitgehe."

In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wie viele Sportler des VfL noch Beate Drewes nach Bützfleth folgen. Denn auch der VfL Stade bietet den Reha-Sport unter Leitung von zwei neuen Übungsleitern zu den gewohnten Zeiten weiterhin an. VfL Präsident Carsten Brokelmann: "Beim VfL gab es immer einen großen Bedarf an Gruppen im Gesundheitssport, wir konnten die Nachfrage kaum bewerkstelligen. Deswegen denke ich, dass sowohl der TuSV Bützfleth, als auch wir ausreichend Kursteilnehmer haben werden."

Auch dem Vorsitzenden des TuSV, Sönke Hartlef, ist es wichtig, ein gutes Verhältnis zum VfL Stade zu pflegen. Er betont, dass er weder Übungsleiterin noch Sportler abgeworben habe. "Erst als ich in der Zeitung davon gelesen habe, dass Beate Drewes gekündigt hat und auf dem Markt ist, habe ich mich bei ihr gemeldet. Schließlich kennen wir uns schon länger, und ich weiß um ihre Qualität als Übungsleiterin." Drewes hat sich letztlich für den TuSV entscheiden, weil hier die Sparte des Behindertensportes seit über 30 Jahren besteht. Die Ehrenamtliche fühlt sich wohl in der neuen Halle und blickt zuversichtlich in die Zukunft: "Das Wichtigste ist, jetzt habe ich wieder eine Halle, das heißt ein Zuhause."