Menschen des Jahres im Landkreis Stade: Beate Drewes bekam das Bundesverdienstkreuz verliehen. Für 2012 hat sie bereits neue Pläne.

Was hat die Menschen im Landkreis Stade in diesem Jahr bewegt? Wer hat etwas Besonderes geleistet, wer ist ein "Mensch des Jahres 2011"? Das Abendblatt stellt Bürger vor, die auf das Jahr zurückblicken - mal persönlich, mal politisch und mal ganz allgemein. Heute: Beate Drewes aus Krautsand

Es gibt Menschen, die haben ihre Bestimmung im Leben gefunden, wissen wofür sie morgens aufstehen und wofür es sich lohnt, viel Zeit und Kraft aufzubringen. Beate Drewes aus Krautsand ist solch ein Mensch. Ihre Bestimmung liegt im Ehrenamt. 2011 wurde sie für ihre Arbeit im Reha-Sport mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Niedersachsenpreis für Bürgerengagement ausgezeichnet, kündigte nach 28 Jahren und Unstimmigkeiten aber auch die Zusammenarbeit mit dem VfL Stade. Für 2012 hat sie bereits neue Pläne.

"Meine Devise lautet: Jeder Tag Sport ist ein Tag mehr Leben", sagt die 56 Jahre alte Mit-Gründerin der Sparte Rehabilitationssport beim VfL. Beate Drewes ist ehrenamtliche Übungsleiterin und trainierte wöchentlich knapp 200 Kursteilnehmer mit unterschiedlichen Erkrankungen. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf dem Gesundheitssport und dem, was ihrer Meinung nach dazu gehört. Lachen, reden - auch über private Themen, die nur andere Betroffene verstehen - und geselliges Zusammensein sind für Beate Drewes ebenso wichtig wie die körperliche Aktivität.

Schon früh kristallisierte sich ihr Interesse an der Arbeit mit körperlich und geistig behinderten Menschen heraus. "Ich bin quasi in der Turnhalle groß geworden und mit 14 Jahren habe ich zum ersten Mal eine Gruppe behinderter Kinder betreut." Das war noch in Wanne-Eickel in Nordrhein-Westfalen, dort, wo Beate Drewes aufgewachsen ist. Vor 30 Jahren kam sie dann in den Landkreis Stade. Aus einem Besuch bei Freunden in Stade wurde mehr. Hier lernte sie ihren heutigen Mann Werner kennen. Aus Liebe zu ihm zog sie in den Landkreis und seit 1986 wohnen die beiden auf der Elbinsel Krautsand, wo sie sich rundum wohl fühlen.

Hauptberuflich ist Beate Drewes Vermessungstechnikerin beim Land Niedersachsen. 30 Stunden pro Woche arbeitet sie in ihrem Büro im Katasteramt in Stade. Nebenberuflich hat sie sich schon früh im Bereich des Gesundheitssports fortgebildet. Auf die Frage, warum sie ihre Leidenschaft nicht zum Beruf gemacht habe, weiß Beate Drewes sogleich eine Antwort: "Meine Zahlen im Berufsleben weinen nicht und müssen auch nicht getröstet werden. So sehr ich in meiner freiwilligen Arbeit aufgehe, ich könnte das nicht ausschließlich tun. Dafür lasse ich die Probleme anderer zu sehr an mich heran."

Ihre ehrenamtliche Karriere beim VfL begann 1983, als sie zusammen mit Horst Rabe und Günther Lockert eine so genannte Koronarsportgruppe gründete, eine Gruppe für herzkranke Menschen. Im Laufe der Zeit im Verein sind für Beate Drewes unter anderem Gruppen für Schlaganfallpatienten, Kurse für Krebskranke und Sporteinheiten für Lungenkranke dazugekommen. Insgesamt leitete sie beim VfL zuletzt neun Gruppen. Knapp 20 Arbeitsstunden investierte die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes dafür jede Woche. "Und in der Freizeit biete ich für Herzkranke eine Walking- und eine Laufgruppe an."

"Zuviel ist es trotz all der Stunden irgendwie nicht", sagt Werner Drewes, der seine Frau bei den Kursen unterstützt, "es ist alles gewachsen und Beate hatte nicht von heute auf morgen 200 Kursteilnehmer." "Helfen macht eben süchtig", sagt seine Gattin und erklärt, eigentlich sei ihre Arbeit reiner Egoismus. Wenn lachende Menschen aus ihrem Kursus gingen, dann erfülle sie das mit unglaublich guten Gefühlen.

Ihr ehrenamtliches Engagement im Reha-Sport wurde im Laufe der Jahre schon so manches Mal offiziell gewürdigt. So ist sie "Übungsleiter des Jahres 2009 in Niedersachsen", "Mensch des Jahres 2008 im Landkreis Stade", bekam den "Stade 21 Sportehrenpreis der Stadt Stade" und erst im November wurde sie Zweite beim Ehrenamtpreis "Stille Helden des Alltags".

Beate Drewes sagt über sich selbst: "Ich bin ein unheimlich reicher Mensch. Ich bin gesund, habe einen Mann, Freunde und genug zu essen." Trotz der Bescheidenheit freut sie sich über die öffentliche Anerkennung ihrer Leistung. Zu den besonderen des Jahres 2011 zählt Beate Drewes die Momente, als ihr im Herbst der Niedersachsenpreis von Ministerpräsident David McAllister persönlich überreicht wurde und als sie im Frühjahr das Bundesverdienstkreuz verliehen bekam. "Ich habe erst überhaupt keine Luft gekriegt, als ich gehört habe, dass ich das Bundesverdienstkreuz bekomme. Heute ist Beate Drewes auf der einen Seite stolz auf ihren Preis, auf der anderen Seite sei ihr die Auszeichnung nach wie vor "eine Nummer zu hoch", denn grundsätzlich ist Drewes der Meinung, dass das, was sie leistet "normal" sei.

Bei allen schönen Momenten in diesem Jahr hatte Beate Drewes auch viel Ärger. Sie trennt sich zum Jahresende vom VfL. Rund 28 Jahre lief die Zusammenarbeit gut, nun kam der Bruch. Drewes entschied sich zu gehen, nachdem sie mehrfach auf Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungen des Vereins aufmerksam gemacht habe. Vereinspräsident Carsten Brokelmann weist die Vorwürfe von sich. Man habe alles eingehend überprüft und kein fehlerhaftes Verhalten des Vereins feststellen können. "Wir bedauern das Ausscheiden von Frau Drewes, da wir in den letzten knapp 30 Jahren erfolgreich und gut zusammengearbeitet haben," sagt Brokelmann. Der VfL gab bekannt, das Angebot für die Gesundheits- und Reha-Sportgruppen dennoch aufrecht zu erhalten. Aufhören kommt auch für Beate Drewes nicht in Frage. "Meine Gruppen brauchen mich", sagt sie. "Und auch ich brauche sowohl meine Leute als auch die täglichen Sporteinheiten." Im Januar startet sie deswegen wieder durch. Beim TuS Bützfleth.