SPD-Fraktionschef Holm sieht die Bewerbung der Stadt als Fair-Trade-Town kritisch und beklagt die Kriterien als nicht transparent genug.

Stade. Die Hansestadt Stade soll das werden, was die Stadt Buxtehude schon ist - Fair Trade Town. Wie berichtet hatten Schüler der Stader Jobelmannschule den Ball ins Rollen gebracht. Sie wollen, dass sich die Stadt um das Zertifikat "Fair Trade Town" bewirbt. Bauern und Hersteller aus Dritte-Welt-Ländern bekommen für ihre Fair-Trade-Produkte vom Endverbraucher faire Preise. Während die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf den Zug aufspringen will, zeigt sich Kai Holm, Fraktionschef der SPD-Fraktion im Stader Stadtrat, skeptisch. "Das Engagement der Kids in der Jobelmannschule möchte ich in keinem Fall schmälern. Es ist ohne Frage genau das, was die Politik wollen muss, nämlich dass junge Menschen sich für Dinge einsetzen, von denen sie überzeugt sind. Andererseits muss man solche Kampagnen kritisch hinterfragen", so Holm. Seine Fragen, die er während einer Infoveranstaltung, in der ein Vertreter der Fair-Trade-Kampagne über die Aktion referierte, so Holm, seien keineswegs zufriedenstellend beantwortet worden. Aus Sicht des SPD-Politikers seien zum einen die Kriterien für die Zertifizierung zu hoch gesteckt, zum anderen wirft er der Kampagne mangelnde Transparenz vor.

Die Organisation Fairtrade Deutschland, die seit 2009 Städte, Kreise und Gemeinden mit dieser Kampagne ansprechen will, stellt die Kriterien auf. Der Stadtrat der Hansestadt muss beschließen, den Antrag auf Zertifizierung stellen zu wollen. Es soll eine Lenkungsgruppe gebildet werden, die die einzelnen Akteure, zum Beispiel Restaurants und Geschäfte für die Aktion gewinnen soll. Diese Lenkungsgruppe muss auch in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten und Vereinen dafür werben, dass dort Produkte mit dem Fair-Trade-Siegel eingesetzt werden. Zum Beispiel sollen sich Schulkantinen dazu verpflichten Lebensmittel aus fairem Handel zu verwenden. Zudem gibt es bestimmte Auflagen zur Medienpräsenz für die Städte, die sich zertifizieren lassen wollen.

Kai Holm kritisiert unter anderem die "fehlende Transparenz der Preiszusammensetzung von Produkten des fairen Handels für den Verbraucher". Laut des Fraktionschefs, "ist oft nicht nachzuvollziehen, wer in der Wertschöpfungskette welchen Anteil an den Mehrpreisen, die für Fair-Trade-Produkte gezahlt werden müssen, erhält". Außerdem bestehe bei diesem System die Gefahr von "Korruption und Ineffizienz, weil der Erfolg der Produzenten nicht länger von ihrer Produktivität, sondern von der Mitgliedschaft in einer Fair-Trade-Organisation abhängt", kritisiert Kai Holm.

"Wenn nach dem Abwägen aller Argumente der Stadtrat entscheidet, dass sich Stade als Fair-Trade-Town zertifizieren lassen sollte, mag es geschehen. Das sollte allerdings mit möglichst fundierter Kenntnis der Gesamtgemengelage geschehen.", so der Stader weiter. Er könne nur vor der "Euphorie", die bei der Infoveranstaltung zu dem Projekt im Stader Rathaus entstanden sei, warnen. Vor einem Ratsbeschluss für oder gegen das Projekt sollten aber alle Aspekte kritisch diskutiert werden. In den Koalitionsverhandlungen zwischen den Stader Grünen und der Stader SPD hatte das Thema Fairer Handel bereits auf der Agenda gestanden. Holm: "Wir wollten damals das Ganze noch zurückstellen, weil eben für uns nicht alle Fragen geklärt waren. Nun haben die Schüler die Initiative ergriffen, und jetzt müssen wir natürlich reagieren. Denn die Schüler, die sich so engagieren, haben ein Recht darauf, dass wir uns mit dem Problem beschäftigen."

In Buxtehude hingegen hat man sich bereits mit dem Fair-Trade-Siegel beschäftigt und einen Beschluss im Stadtrat gefasst. Seit 2011 trägt die Stadt an der Este das Fair-Trade-Town Zertifikat. In der Verwaltung trinkt man schon seit vielen Jahren Fair-Trade-Kaffee und Fair-Trade-Tee. Und Stadtsprecherin Kerstin Geresser zieht ein erstes positives Fazit. Die Lenkungsgruppe, die unter der Ägide des Buxtehude Stadtmarketings arbeitet, hat auch schon erste Erfolge in der Anwerbung von Partnern zu verbuchen.

"Die Lenkungsgruppe hat beispielsweise jetzt eine Arbeitsgemeinschaft 'Fair-Kochen' gebildet. Wir haben auch schon einige Geschäfte, Restaurants gefunden, die sich beteiligen. Der Kindergarten 'Wilde Hummeln', diverse Buxtehuder Schulen und Schulvereine sind auch dabei", erklärt Kerstin Geresser. In Buxtehude sei man zufrieden mit der Arbeit als Fair-Trade-Town. "Wir sehen die Bedingungen, die eine Stadt erfüllen muss, nicht so negativ. Wir wollen den Fair-Trade-Gedanken weitertragen. Aber natürlich", räumt die Stadtsprecherin ein, "muss man solche Sachen immer kritisch hinterfragen."