Drei Kapitäne erzählen im Theater im Hinterhof von der Seefahrt, sie haben frohe und traurige Erinnerungen. Am Freitagabend sind sie zu hören.

Buxtehude. Wer Manfred Schleiff und Niels Callsen trifft, sollte Zeit mitbringen. Die beiden Buxtehuder Kapitäne haben in ihren etlichen Dienstjahren so einiges erlebt und folglich eine Menge Geschichten zu erzählen. "Ein Tag, den ich nie vergessen werde, war vor 20 oder 25 Jahren im Golf von Biskaya", erzählt Schleiff. "Nachts um 2.46 Uhr flog der Maschinenraum in die Luft. Eine der Brennstoffleitungen hatte ein ganz kleines Loch gehabt. Das hat dermaßen geknallt!"

Doch Schleiff und seine Mannschaft hatten Glück im Unglück, es bestand noch die Möglichkeit, das Schiff wieder zu reparieren. "Wir haben 58 Stunden gearbeitet und es am Ende tatsächlich zum Dock in Rotterdam geschafft. Leider konnte das Schiff nicht mehr rückwärts fahren und so haben wir die Brücke vom Trockendock noch kaputt gemacht..."

Geschichten wie diese geben Schleiff und Callsen mit dem Cuxhavener Kapitän Charly Behrensen am Freitagabend um 20 Uhr im Theater im Hinterhof an der Hauptstraße 34 in Buxtehude zum Besten. "Wir kennen die Mennekings gut, die Eltern von Nina Zober, die das Theater im Hinterhof ja gegründet hat", so Schleiff. "Ihre Eltern haben uns erzählt, dass es einer von Ninas letzten Wünschen war, dass so ein Kapitänsabend im Theater stattfindet."

Jetzt wird dieser Wunsch Wirklichkeit. Im ersten Teil des Abends lesen die drei Kapitäne Geschichten aus den Büchern "Orkanfahrt" und "Wellenbrecher". Beide Bücher sind in dem in Hollenstedt ansässigen Ankerherz-Verlag erschienen. Verleger Stefan Krücken schrieb dafür die Erlebnisse von verschiedenen Kapitänen nieder. Sie berichten von stillen Nächten unterm Sternenhimmel, von traumhaften Inseln in der Südsee, aber auch von Monsterwellen, Selbstmord, schrecklichen Unfällen und Schifflecks.

So trägt Manfred Schleiff am Freitagabend die Geschichte "Wasserwand" vor, in der es um einen Sturm von der Größe Westeuropas geht und bei dem plötzlich eine 30 Meter hohe Wasserwand auf seinen Containerfrachter zurollte. Schleiff, der 1936 in der Nähe von Danzig geboren wurde, fuhr 32 Jahre lang als Kapitän für die Transeste Schiffahrt GmbH. Obwohl der Buxtehuder mittlerweile im Ruhestand ist, bildet er noch heute an einem Simulator für Großcontainerschiffe aus. Und auch das Meer zieht ihn nach wie vor magisch an. "Ich muss immer Wasser in der Nähe haben", sagt er. Demnächst fahren er und seine Frau "mit einem Dampfer nach Norwegen."

"So etwas lasse ich mir auch noch gefallen", sagt Callsen. "Aber so richtig große Kreuzfahrtschiffe - nee. 18 000 Container handeln ist einfacher als 1800 Menschen." Callsen muss es wissen. Der 70-Jährige stammt aus einer Seefahrerfamilie, wollte schon im Alter von drei Jahren Kapitän werden und ging mit 14 Jahren das erste Mal an Bord. Bis zu seiner Pensionierung fuhr er 52 Jahre für die Reederei Hamburg-Süd, davon 34 Jahre als Kapitän. Im Theater im Hinterhof berichtet er von einem denkwürdigen Taifun, nach dem einer der Seemänner an Bord plötzlich verschwunden war. Sogar die Polizei schaltete sich damals ein. "Trotzdem ist er nie wieder aufgetaucht", sagt Callsen.

Ihre Geschichten als "Seemannsgarn" zu bezeichnen, missfällt den beiden allerdings. "Manche Geschichte sind natürlich lustig, aber viele sind auch traurig", so Schleiff. "Wenn 70 Mann absaufen, ist das kein Seemannsgarn. Dann sind die tot. Und wenn wir etwas überleben, ist das auch kein Seemannsgarn. Schließlich passiert es oft genug, dass Schiffe verschwinden."

Doch natürlich haben Schleiff, Behrensen und Callsen auf See auch schöne Geschichten erlebt, sonst hätten sie den Job wohl nicht so lange gemacht. "Ich war 18 Jahre im Fahrgebiet zwischen Nordamerika und Australien beziehungsweise Neuseeland unterwegs. Auf dem Weg haben wir immer alle möglichen Inseln angelaufen und passiert", erinnert sich Callsen. Die Natur um ihn herum habe er stets als Privileg empfunden. "Im Pazifik habe ich erlebt, wie auf einmal eine Insel aus dem Wasser kam. Da brach ein Vulkan aus, es blubberte und plötzlich war da eine Insel", sagt er. "Aber auch die Menschen vor Ort kennenzulernen war toll. Schließlich haben wir uns keinesfalls nur in Kneipen herumgetrieben."

Im Theater im Hinterhof räumen die drei Kapitäne also auch mit Vorurteilen und Klischees auf. Durch den Abend führt der Moderator und Sänger Jan Graf. Zwischen den Lesungen singt er zur Auflockerung Seemannslieder. Außerdem moderiert er im zweiten Teil des Abends ein Gespräch, bei dem auch die Besucher ihre Fragen an die Kapitäne loswerden können.

Dass Niels Callsen, Manfred Schleiff und Charly Behrensen dabei von Hölzchen auf Stöckchen kommen und sich noch der einen oder anderen Anekdote erinnern, daran besteht kein Zweifel. Denn nach rund zwei Stunden Gespräch mit dem Abendblatt schwelgen Callsen und Schleiff immer noch in Erinnerungen und begutachten die wenigen Fotos, die sie von ihrer Zeit auf See haben. "Von Kuba könnte ich übrigens auch noch ein paar tolle Geschichten erzählen", fällt Schleiff ein. "Da habe ich damals die Revolution erlebt. Noch einen Kaffee, Niels?" Wahrscheinlich erzählen die beiden immer noch.

Karten für den Kapitänsabend kosten 15 Euro und können unter Telefon 0171/218 22 13 bestellt werden.