Weiter Überfälle auf Schiffe. Reeder unterstützen SOS-Kinderdörfer in Ostafrika, damit Schüler nicht als Seeräuber angeworben werden.

Hamburg. Container und Bücher sollen den Anfang machen. Eine Leihbibliothek in der Republik Dschibuti ist der erste Schritt der Partnerschaft, die der Verband Deutscher Reeder (VDR) gestern in Hamburg mit den SOS-Kinderdörfern eingegangen ist. Mit 660 000 Euro wird der VDR in den kommenden Jahren Bildungsprojekte in Ostafrika fördern - und will damit die Piraterie bekämpfen.

"Für unsere Kapitäne und Besatzungen ist das ein drängendes Problem", sagte Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VDR. Täglich sei das Leben der Seeleute gefährdet. Militär und Bewaffnung der Schiffe könnten lediglich kurzfristige Maßnahmen sein. "Wir wollen das Problem nun an der Wurzel packen." Eine bessere Ausbildung junger Ostafrikaner, so die Hoffnung, werde ihnen helfen, sich ihren Lebensunterhalt jenseits der organisierten Kriminalität zu verdienen. Die Planungen sind schon im Gang. Von November an wird in Dschibuti ein SOS-Kinderdorf gebaut, anschließend sollen die Bildungsprojekte greifen: zuerst die Containerbibliothek und ein Projektbüro, dann vielleicht ein Ausbildungszentrum für Mädchen. Und irgendwann sollen über Dschibuti hinaus auch im Nachbarland Somalia Bildungsstätten entstehen. Der Verband Deutscher Reeder gibt Geld, die Experten kommen von den SOS-Kinderdörfern und direkt aus der Region. Dschibuti gilt als "Tor zu Ostafrika": Strategisch wichtig am Horn von Afrika gelegen und stabiler als Somalia, ist der Zwergstaat kaum mehr als eine Steinwüste.

Die meisten Lebensmittel werden importiert, die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Die Regierung hat sich bereits kooperativ gezeigt, Ministerien stehen in engem Kontakt mit den SOS-Kinderdörfern. Neben Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten sollen mit dem Geld der Reeder auch kleine Start-ups gefördert werden.

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Einen festgelegten Ablauf gibt es nicht. Die Förderung ist nicht auf einen bestimmten Zeitraum festgelegt, sondern als Anschubhilfe nach Bedarf verfügbar. SOS-Kinderdorf-Mitarbeiter sollen in den kommenden Jahren gemeinsam mit Einheimischen vor Ort herausfinden, welche Ausbildungsberufe eine Chance in der Region haben. Denkbar seien Schlosser, Tischler und Automechaniker. Der Vorstand der SOS-Kinderdörfer, Wilfried Vyslozil, ist optimistisch: "Es ist möglich, 85 Prozent der Jugendlichen, die bisher auf der Straße stehen, zu integrieren." Die Partnerschaft mit dem VDR bezeichnet er als Pionierleistung. "Besonders wichtig ist, dass wir die Ruhe haben, alles vor Ort gemeinsam mit den Leuten zu entscheiden."

Dass es Zeit erfordert, bis sich in den ostafrikanischen Ländern etwas ändert, ist beiden Partnern bewusst. Viele Schiffe vor der somalischen Küste werden inzwischen von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht, keines von ihnen wurde bisher gekapert.

Es seien aber im Vorfeld der Partnerschaft schon selbst Unternehmen auf die Reeder zugekommen, mit dem Wunsch, längerfristige Maßnahmen zu ergreifen, sagt Ralf Nagel. "Momentan müssen wir zum Schutz unserer Leute bewaffnete Kräfte auf die Schiffe lassen. Aber wir wollen die Piraterie als Geschäftsmodell untergraben, bevor sie auch noch in anderen Regionen Nachahmer findet."