Jürgen Badur schrieb in Sachen Hochwasser- und Küstenschutz an David McAllister. Der Brief kam nicht an. Politiker sind empört.

Buxtehude. Buxtehudes Politiker sind sauer auf Bürgermeister Jürgen Badur. Ihm wird vorgeworfen, sich nicht konsequent um den Hochwasser- und Küstenschutz für Buxtehude zu bemühen. Badur habe nicht den Ernst der Lage begriffen. Hinter vorgehaltener Hand wird gesagt, dass der Bürgermeister wohl nur noch die Zeit bis zum Ende seiner Amtszeit absitzen wolle. Badur weist die Kritik von sich.

Die Ursache der Aufregung ist ein Brief, den Badur Ende Januar an Ministerpräsident David McAllister (CDU) geschickt hatte. In diesem hatte Badur vom Ministerpräsidenten eine Klärung der rechtlichen und finanziellen Lage gefordert, damit die Stadt juristisch abgesicherte Hochwasser- und Küstenschutzmaßnahmen an der Este ergreifen kann, nachdem sich der zuständige Deichverband geweigert hatte, die Pläne weiter zu verfolgen (das Abendblatt berichtete). Doch dieser Brief kam nie in Hannover an. Er musste nachträglich noch einmal an die Staatskanzlei geschickt werden. Wertvolle Zeit sei, so Verwaltung und Politiker unisono, seit Januar nutzlos verstrichen.

Auf der Sitzung des städtischen Betriebsausschusses am Montagabend war die Empörung über die Post-Panne groß. Die Vertreter der Parteien hatten über die Presse-Berichterstattungen von dem Fauxpas erfahren, nicht aber von der Verwaltung,. "Ich habe zunächst gedacht, es handle sich um einen schlechten Aprilscherz, als ich das in der Zeitung las", kommentierte CDU-Fraktionschefin Arnhild Biesenbach die Situation. "Die Lage ist misslich und das ist noch sehr höflich ausgedrückt. Ich frage mich, warum die Verwaltung nicht wegen des fehlenden Eingangsstempels nachgehakt hat. Und warum wurde der Brief nicht zu Sicherheit zusätzlich als E-Mail nach Hannover geschickt? Das hätte man eigentlich erwarten dürfen", sagte die CDU-Politikerin.

SPD-Ratsherr Uwe Hansen sieht das ähnlich. "Wenn nach drei Wochen kein Eingangsstempel erfolgt ist, dann muss der Bürgermeister doch nachhaken. Nun haben wir erneut eine Verzögerung, dabei müssen wir die für uns entscheidenden Fragen schnell geklärt wissen", sagte Hansen. Wo der Brief an McAllister verblieben ist, sei "dummerweise auch nicht mehr feststellbar".

Horst Subei, SPD, ging hart mit dem Verwaltungschef ins Gericht. "Ich bin geradezu entsetzt, dass erst nach drei Monaten festgestellt wird, dass der Brief nicht angekommen ist. Ich frage mich, ob das Verständnis für unser Problem überhaupt beim Bürgermeister eingetroffen ist. Es gibt Vorlagen, die automatisch wieder aktiviert werden müssen, so wie diese. Warum ist das nicht geschehen?", fragte Subei.

Auch die Liberalen sind alles andere als zufrieden mit Badurs Verhalten. "Es ist völlig unverständlich, was hier passiert ist. Ich hätte erwartet, dass Jürgen Badur im Ausschuss erschienen wäre und Rede und Antwort gegeben hätte. Das ist nicht der Fall und sehr enttäuschend", kommentierte Rudolf Fischer die Lage. Badur hätte die Kommunikation mit Hannover zur Chefsache machen müssen, das habe er versäumt.

Grünen-Fraktionschef Michael Lemke bezeichnete den Umgang des Verwaltungschefs mit den Ratspolitikern als "eine Frechheit", die nur schwer zu übertrumpfen sei. "Das muss Konsequenzen haben", forderte Lemke. Im Verwaltungsausschuss sei mehrfach von Seiten der Politiker nachgehakt worden, was aus dem Brief an die Staatskanzlei geworden sei und wann eine Antwort anstehe. Dort habe es aber keine Rückmeldungen vom Verwaltungschef gegeben. "Das ist alles extrem peinlich und der Umgang mit dem Rat ist zu verurteilen. Wir werden den Bürgermeister wohl demnächst eingehend befragen müssen", urteilte Lemke.

FWG/BBG-Ratsherr Bodo Klages hofft zumindest, dass nach dieser "herben Enttäuschung" die Verwaltung doch noch eine Antwort auf die offenen Fragen liefern werde. "Eine schnellstmögliche Klärung der Sachlage ist nun gefordert, die Zeit läuft uns nämlich davon", sagte Klages.

Bürgermeister Jürgen Badur kann die Aufregung nicht nachvollziehen. "Wir leben nicht mehr in der Zeit der Postkutschen, wo ich jeden Tag nachfragen muss, ob ein Brief auch angekommen ist. Es gab viele Gespräche mit Behörden und Landespolitikern, die alle genau über die Lage informiert waren. Alle wussten Bescheid. Insofern durften wir davon ausgehen, dass unser Brief auch in Hannover angekommen ist und dort bearbeitet wird", sagte Badur gegenüber dem Abendblatt. Das Verhalten der Politiker bezeichnet er daher als der Sachlage unangemessen.

Dass er im Ausschuss nicht zugegen war, sieht Badur ebenfalls nicht als Problem. "Alle wichtigen Fragen sind von den vorzüglich informierten Mitarbeitern der Verwaltung kompetent beantwortet worden. Ich wüsste nicht, welchen Sinn es gehabt hätte, wenn ich dort gewesen wäre". Zudem gebe es auch noch andere Aufgaben, die er parallel erledigen müsse.

Der Deichverband soll laut einem einhelligen Beschluss des Betriebsausschusses derweil die vom Verband erarbeiteten Pläne für die Küsten- und Hochwasserschutzmaßnahmen an der Este an die Stadtverwaltung überstellen. Arnhild Biesenbach: "Es kann nicht schaden, die Unterlagen einzusehen. So können wir erkennen, wo noch etwas verändert werden muss. Zudem sparen wir so wertvolle Zeit".

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ist indes von den Entwicklungen in Buxtehude völlig überrascht und hochgradig irritiert. Laut Eckhard Dittmer von der Stadtentwässerung Buxtehude hat der Landesbetrieb den aktuellen Sachstand zum Küsten- und Hochwasserschutz bei der Verwaltung abgefragt. Die Ergebnisse, die er bekam, trafen dort auf Unverständnis. "Der NLWKN ist darüber äußerst irritiert, dass der Deichverband aufgegeben hat und die Pläne nicht weiterführt", sagte Dittmer. Ein derartiger Fall, dass Deichbaupläne vom zuständigen Deichverband abgelehnt werden, habe es laut dem NLWKN noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben.

Dennoch gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer für Buxtehudes Politiker. Zwischen der Stadt, der Technischen Universität Hamburg-Harburg und den Landkreisen Harburg und Stade habe es nun Gespräche gegeben, so Dittmer. Die Frage, welche konkreten Schutzmaßnahmen an der Este unternommen werden und wie diese kreisübergreifend umgesetzt werden könnten, müsse nach Abschluss des Klimzug-Nord-Projektes von weiteren Forschungsprojekten angegangen werden.

Laut der Harburger Verwaltung gibt es beim Bundesumweltministerium die Möglichkeit, ein zweites Forschungsprojekt zu beantragen, das mit 300 000 Euro gefördert würde, bei einer Eigenbeteiligung der Kommunen in Höhe von 160 000 Euro. Der Kreis Harburg soll, so der Konsens, für das Projekt, für das ein regionaler Verband gegründet werden soll, federführend die Antragsunterlagen einreichen.