Ein neuer Wanderweg soll sich an den Routen der Christianisierung orientieren. Die Planer hoffen auf EU-Fördergeld

Harsefeld. Es ist früh am Tag, Nebel zieht über die Reetdächer der kleinen Ansiedlung auf dem dicht bewaldeten Geestrücken. Wir schreiben das Jahr 790 des Herrn. Ungefähr zumindest, so genau weiß es hier eigentlich niemand. Außer vielleicht die schwarz gewandete Gestalt, die sich, mit einem Wanderstock in der Hand der Ortschaft nähert. Es ist ein Mönch, der hier das Wort Gottes zu verbreiten sucht. Keine leichte Aufgabe, den Menschen ihre falschen Götzen wie Thor und Odin auszureden. Und dann ist da auch noch der eiskalte Regen, der dem Wanderer jetzt ins Gesicht peitscht. Später, viel später, wird an dieser Stelle einmal ein Kloster erblühen - doch das wird unser wackerer Mönch schon nicht mehr erleben.

Auf den Spuren dieses unbekannten Predigers sollen sich schon bald Touristen bewegen können, wenn es nach den Planern des Projekts "Mönchsweg" geht. Die Route soll sich an den Wegen der Christianisierung des Gebietes zwischen Elbe und Weser orientieren. Die Touristen sollen es dabei sehr viel bequemer haben als die Mönche, die sich in sächsische Stammesgebiete begaben. Im Gegensatz zu diesen können und sollen sie sich nämlich mit dem Fahrrad bewegen.

In Schleswig-Holstein existiert der Mönchsweg schon seit drei Jahren

Die Idee zu dem Projekt kommt aus Schleswig-Holstein, wo der Mönchsweg bereits seit drei Jahren existiert. Der dortige Fahrradweg ist 335 Kilometer lang und verläuft entlang historischer Kirchen und Klöster, zwischen Puttgarden auf der Ostseeinsel Fehmarn und Glückstadt am nördlichen Elbufer. Wie schon vor 1200 Jahren soll die Route jetzt über den Fluss hinweg verlängert werden - diesmal kommt die Initiative dazu allerdings aus dem Norden.

"Politiker aus Schleswig-Holstein und Mitglieder der Nordelbischen Kirche haben angeregt, den Weg jetzt im Elbe-Weser-Dreieck weiterzuführen", sagt Sonja Domröse, Sprecherin des Sprengels Stade der Evangelischen Kirche. Sie arbeitet in einer Planungsgruppe mit, die sich aus Kommunalpolitikern, Mitarbeitern der evangelischen sowie der katholischen Kirche und Tourismusexperten aus den Landkreisen Stade, Rotenburg (Wümme) und Osterholz zusammensetzt. Federführend in dem Kreis ist zurzeit die Samtgemeinde Harsefeld.

Die Route soll weitgehend auf schon existierenden Wegen verlaufen

Diese Gruppe hat sich bereits auf eine Route geeinigt. So soll ein künftiger Mönchsweg auf der Südseite der Elbe beginnen und von Wischhafen über Himmelpforten über Stade bis ins Alte Land und dann nach Harsefeld führen. Von dort aus soll es nach Bremen gehen. Eines Tages soll der Mönchsweg von Trondheim in Norwegen bis nach Köln führen. Doch zunächst einmal steht die Planung südlich der Elbe an.

"Die Route soll weitgehend auf schon existierenden Fahrradwegen entlang laufen. Kleine Schilder würden auf die religiösen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung hinweisen. Davon gebe es schließlich eine Menge, sagt Sonja Domröse: "Die Feldsteinkirche in Bliedersdorf aus dem 13. Jahrhundert ist nahezu unverändert erhalten. Dann gibt es natürlich die Klosterruinen in Harsefeld oder die vielen wunderbaren Kirchen im Alten Land." Nicht zuletzt könnten die vielen Arp-Schnitger-Orgeln in der Region besichtigt werden.

Wenn es zur Realisierung kommt, will die Kirche dafür sorgen, dass die Kapellen auf der Route auch für die Touristen geöffnet sind. Weiterhin sei es möglich, in einigen Orten auch Übernachtungsmöglichkeiten anzubieten.

Außerdem seien ganz neue Formen der Gottesdienste denkbar: "Wir könnten zum Beispiel an Pfingsten für die Fahrradpilgerer Gottesdienste unter freiem Himmel anbieten." Der Kombination aus Fahrradtourismus und religiöser Tradition kann Sonja Domröse viel abgewinnen: "Es geht darum, den Alltag zu entschleunigen und die Schöpfung wahrzunehmen. So kann Fahrradfahren zu einem geistlichen Erlebnis werden", sagt die Pastorin.

Während die Kirche den spirituellen Aspekt und die historischen Orte beisteuern will, sind die Kommunen für die Realisierung zuständig. Dabei ist die Zusammenarbeit zahlreicher Gemeinden notwendig. In den meisten Kommunen wird zurzeit über das Thema beraten. "Wir haben noch keinen Ratsbeschluss. Aber die Fraktionen stehen der Idee wohlwollend gegenüber", sagt etwa Harsefelds Samtgemeindebürgermeister Rainer Schlichtmann. Nach ersten Berechnungen des Planungskreises wird die Realisierung des Projektes bis Bremen etwa 200 000 Euro kosten, die für die Schilder sowie für Informationsmaterial fällig werden. Dabei haben die Planer Grund zur Hoffnung, dass rund die Hälfte der Summe mit EU-Geld aus dem "Leader"-Programm abgedeckt werden kann, mit dem Projekte für die Entwicklung ländlicher Räume gefördert werden.

Realisierung des Projektes kostet rund 200 000 Euro

"Ein Großteil des Projekts wäre förderfähig", sagt dazu Siegfried Dierken, der als Dezernent bei der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Verden für die "Leader-Region Moorexpress - Stader Geest" zuständig ist, in der sich Harsefeld befindet. Die Planer wollen noch auf weitere Fördertöpfe zugreifen: Etwa ein Viertel soll aus Mitteln den Metropolregionen Hamburg und Bremen/Oldenburg kommen.

Sonja Domröse ist dennoch optimistisch, dass schon in zwei Jahren die ersten pilgernden Fahrradtouristen südlich der Elbe unterwegs sein könnte. "Pfingsten 2012 wäre ein schönes Datum für eine Einweihung", sagt sie.