St.-Ansgar-Medaille im St.-Marien-Dom für Stefan Ziegler. Der Segeberger hatte beim Krippenspiel dem brennenden Mädchen Lena geholfen.

Bad Segeberg/Hamburg. Am linken Arm trägt Stefan Ziegler noch einen schwarzen Kompressionsverband. Äußerlich das Einzige, das von dem schlimmen Unglück zu Heiligabend zeugt. In seinem Inneren jedoch sieht er immer noch das in Flammen stehende Kind vor sich, dessen Schäfchenkostüm bei einem Krippenspiel Feuer gefangen hatte in der katholischen Kirche St. Johannes in Bad Segeberg. Und dem er durch sein beherztes Eingreifen das Leben rettete. Dafür wurde der 37-Jährige, selbst Vater zweier Mädchen, gestern im Hamburger St.-Marien-Dom im Rahmen eines Festgottesdienstes mit der St.-Ansgar-Medaille geehrt. "Ihnen ist es zu verdanken, dass aus dem furchtbaren Unglück keine Katastrophe geworden ist", sagte Erzbischof Werner Thissen, als er Stefan Ziegler die aus Silber gefertigte Verdienstmedaille umhängte. "Was hätte die kleine Lena ohne Ihr spontanes Eingreifen zu erleiden." Schon so ständen dem Mädchen, das am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen wurde, noch viele weitere medizinische Eingriffe bevor.

Der Applaus der Gottesdienstbesucher für Stefan Ziegler war herzlich und ausdauernd, auch nach der Ehrung wurde er immer wieder gelobt und beglückwünscht. Ihm selber schien das Aufsehen - vor allem die Anwesenheit der Medien - eher unangenehm zu sein. Tatsächlich habe ihn Erzbischof Thissen überredet, von den Ereignissen zu sprechen, sagte Ziegler nach dem Festgottesdienst. "Der Bischof hat recht. Es ist wichtig, darüber zu reden. Vielleicht bewegt es in einer ähnlichen Situation den Nächsten, so zu handeln wie ich." Er selber erwarte, dass andere ebenso mutig eingriffen, sollte mal eine seiner Töchter in Gefahr schweben.

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Was er dachte, ob er überhaupt nachgedacht hat in dem Moment, als das Mädchen lichterloh brennend an ihm vorbeilief, weiß Ziegler nicht mehr. Wahrscheinlich sei es ein Reflex gewesen, der ihn dazu bewogen habe, mit dem Mantel seiner Tochter, den er in der Hand hatte, die Flammen zu ersticken. Vielleicht kamen ihm auch seine Erfahrungen als Pfadfinder zugute, die spontanes Handeln gewohnt sind.

Bei ihm und seiner Familie hat das Erlebte deutliche Spuren hinterlassen. "Im Krankenhaus hatte ich Albträume", erinnert sich Ziegler, "sobald ich die Augen schloss, waren die Bilder wieder da." Mittlerweile habe er das überwunden. Dafür leidet seine ältere Tochter, die genauso alt ist wie die kleine Lena, an Angstzuständen. Sie stand zum Zeitpunkt des Unglücks nicht bei ihren Eltern, sondern vorne am Altar, wurde also nicht Augenzeugin des Unglücks. Doch sie werde immer wieder von Mitmenschen auf das Unglück angesprochen, so Ziegler. Mittlerweile bekommt das Mädchen psychologische Unterstützung. Auch Zieglers Frau Mona braucht Hilfe beim Verarbeiten der schrecklichen Ereignisse.

In seiner Heimatstadt Bad Segeberg hat der Berater für Medizinprodukte, der Marathon läuft, gerne taucht und sich immer noch bei den Pfadfindern engagiert, mittlerweile Heldenstatus. "Ich habe wirklich viel Anerkennung bekommen, über die ich mich auch sehr gefreut habe", sagte Ziegler. "Und ich freue mich auch sehr über die Medaille. Aber am Wichtigsten ist, dass Lena überlebt hat und dass es ihr besser geht." Ihr Gesundheitszustand ist oft Thema in der Familie. Sobald er sich stabilisiert hat, will er Kontakt zu dem Mädchen und seiner Familie aufnehmen - gut möglich, dass er dann auch Frau und Töchter mitnimmt.

Auch sein eigener Gesundheitszustand bessert sich langsam. Heute, einen Tag nach der Medaillenverleihung, fängt Stefan Ziegler wieder an zu arbeiten. Wie lange er den Kompressionsverband noch tragen muss, weiß er nicht. Noch können sich hässliche Narben bilden, dort, wo ihm Haut vom Oberschenkel auf den linken Unterarm transplantiert wurde. Auch die Nerven sind noch nicht wieder zusammengewachsen.

Wenn auch bestimmt der Mutigste, war Stefan Ziegler jedoch nicht der Einzige, der gestern von Erzbischof Thissen mit der St.-Ansgar-Medaille ausgezeichnet wurde. Für ihren "vorbildlichen Einsatz für die Kirche" würdigte Erzbischof Thissen fünf weitere Gemeindemitglieder. Günter Herberholz, 35, aus Pinneberg sowie Christine Roschlaub, 35, aus Hamburg wurden für ihr Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit geehrt, Anita Klemke, 61, aus Neubrandenburg dafür, dass sie sich für Einheit und Identität des 1995 gegründeten Erzbistums Hamburg verdient gemacht hat. Manfred Michalski, 54, aus Hamburg wurde für seine 20-jährige Gremienarbeit geehrt, Andreas Willscher, 56, ebenfalls Hamburger, für seine Verdienste als Kirchenmusiker.

Die Ansgar-Medaille wurde im Jahr 2000 ins Leben gerufen und bislang 35-mal vergeben. Die Medaille ist aus Silber gefertigt und teilvergoldet. Sie zeigt den Bistumsgründer Erzbischof Ansgar, der zu Zeiten der Wikinger nach Norddeutschland kam.