Die Stadt Quickborn zieht viele junge Familien an. Planerischer Stillstand an der ehemaligen Schokoladenfabrik. Gericht entscheidet über Stromtrasse

Quickborn. Nach jahrelanger Stagnation wächst Quickborn wieder und zwar kräftig. Die viertgrößte Stadt im Kreis Pinneberg setzt gezielt auf den Zuzug neuer Bürger. „Wir wollen ganz bewusst wachsen, um etwa 200 Einwohner pro Jahr“, sagt Bürgermeister Thomas Köppl (CDU). „Dieses Wachstum brauchen wir, um den demografischen Wandel zu meistern.“ Bis 2025 soll die Einwohnerzahl von derzeit 20.600 auf 22.000 bis 23.000 Einwohner steigen.

Und so wird an mehreren Stellen in Quickborn fleißig gebaut. Das mit Abstand größte neue Wohnbaugebiet liegt im Dreieck zwischen Bahnstraße, Friedrichsgaber Straße und Lerchenweg (Bebauungsplan 104). Seit dem ersten Spatenstich im Mai vorigen Jahres ist diese 14 Hektar große Fläche nicht mehr wiederzuerkennen. Ein Viertel der geplanten bis zu 180 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser steht bereits. Der zweite von vier Abschnitten ist im Bau, der dritte folgt in diesem Jahr, ein Jahr früher als geplant. Spätestens 2016 solle alles fertig sein, sagt Fachbereichsleiterin Friederike Walter.

Das Gelände der ehemaligen Schokoladenfabrik muss neu überplant werden

Parallel dazu werden in der Heinrich-Hertz-Straße am Himmelmoor 61 Townhäuser gebaut (B-Plan 94). Dies ist Teil des Konzepts „Junges Wohnen“, mit dem die Stadt seit 2011 Wohnraum für gut 60 Familien geschaffen hat.

Auf Eis liegt dagegen die Planung für das Gelände der stillgelegten Schokoladenfabrik am Justus-von-Liebig-Ring. Die Johanniter-Unfallhilfe wollte dort für 18 Millionen Euro eine Privatschule für 624 Schüler samt neuer Schulsporthalle bauen, die dort von der ersten bis zur 13. Klasse mit dem Ziel Abitur lernen sollten. Doch im Mai 2013 platzte das Vorhaben wie eine Seifenblase, und der Investor Frank Lorenz steht nun allein da mit dem drei Hektar großen Grundstück mitten in der Stadt.

Lorenz wollte außer der Schule 57 Eigentumswohnungen und eine Anlage für betreutes Wohnen für 100 ältere Menschen schaffen. Da war die Schule ideal, um als Puffer zwischen den Wohnungen und den Gewerbebetrieben zu fungieren, die in diesem Bereich überwiegen. Ohne Schule sei dies nicht mehr so ohne weiteres zu realisieren, sagt Fachbereichsleiterin Walter. „Die Interessen neuer Bewohner wären schutzbedürftig.“ Ohne eine räumliche Abgrenzung zu den Gewerbebetrieben wäre das nicht machbar. Planer Lorenz sagt: „Wir fangen jetzt wieder bei Null an.“ Trotz der Ankündigung der Johanniter auszusteigen, habe es bis Dezember gedauert, bis dies notariell geregelt werden konnte. „Ich bin jetzt als Eigentümer für die gesamte Fläche im Grundbuch eingetragen“, sagt Lorenz.

Bürgermeister Köppl will selbst zum Bundesverwaltungsgericht fahren

Durch diesen Stillstand sei viel wertvolle Zeit verloren gegangen. „In den nächsten drei Monaten werden wir in enger Abstimmung mit der Verwaltung eine sinnvolle Alternativlösung erarbeiten“, sagt der Investor. Schließlich würden auch die Politiker mitreden wollen. Vorrangiges Ziel aus stadtplanerischer Sicht sei es, an dieser Stelle überwiegend gewerbliche Nutzung zuzulassen, betont Friederike Walter.

Oben auf der Agenda steht auch die geplante Verbindungsstraße zwischen den Ortsteilen Innenstadt und Quickborn-Heide vom Kreisel an der Pascalstraße zum Justus-von-Liebig-Ring. SPD und Grüne wollten dieses Projekt verhindern, weil es mitten durch das schützenswerte Gronautal verlaufen wird. Doch letztlich setzte die knappe CDU/FDP-Mehrheit im Rat durch, dass nun eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wird, die alle Vor- und Nachteile dieses Straßenbaus untersuchen soll. „Für die Stadt ist diese Verbindung, die die Bahnstraße entlasten soll, sehr wichtig“, betont Köppl. „Das müssen wir sorgfältig planen, damit es auch für die nächsten zehn Jahre Bestand hat.“ Darum gehe Genauigkeit vor Schnelligkeit und er rechne nicht vor der Sommerpause mit der Untersuchung, für die die Stadt 50.000 Euro ausgibt.

Eine für die Stadtentwicklung brisante Entscheidung dürfte im Frühjahr fallen. Bis dahin will das Bundesverwaltungsgericht entschieden haben, ob der Bau der Stromleitungen mit 380.000 Volt auf der bestehenden Trasse unmittelbar an Wohnungen und Schulen vorbei zulässig ist. Die Stadt hat dagegen im Namen von rund 2000 betroffenen Anwohnern und Schülern geklagt. Köppl ist weiterhin optimistisch, damit Erfolg zu haben. „Ich werde auf jeden Fall nach Leipzig fahren, um dem Gericht unseren Standpunkt zu erläutern“, kündigt Köppl an. Parallel dazu laufen Verhandlungen mit dem Netzbetreiber Tennet, die bis zu 70 Meer hohen Strommasten weiter entfernt von den Wohn- und Schulbauten zu errichten.

Gebaut werden könnte Ende des Jahres auch auf der Autobahn 7. Von Bordesholm bis Schnelsen soll die A7 von vier auf sechs Fahrspuren ausgebaut werden. Welcher Abschnitt zuerst drankommt, steht noch nicht fest. Es könnte bis zu drei Baustellen gleichzeitig geben, sagt der Chefplaner dieses Projektes, dessen Bau und Unterhaltung der Bund wie bei der A1 an einen Privatunternehmen vergeben will. Für die Anwohner in Quickborn gelang es der Stadtverwaltung, ein Höchstmaß an Lärmschutzmaßnahmen zu erreichen.

Auch die Verwaltung steht auf dem Prüfstand. Bis zum Frühjahr soll ein Effizienzgutachten vorliegen. Wochenlang sind in allen Abteilungen im Rathaus die Arbeitsabläufe minutiös festgehalten worden, die nun bewertet werden. „Das hat uns sehr viel Zeit und Mühe gekostet“, sagt Köppl.

Völlig neu soll auch das Stadtmarketing auf den Weg gebracht werden. Eine erste Veranstaltung dazu habe viel positive Resonanz von Kaufleuten und Bürgern erfahren, sodass die Verwaltung zuversichtlich ist, dass sich noch in diesem Jahr ein Gewerbeverein gründen könnte. Köppl: „Wir als Stadt wollen als Motor eine Initiative anschieben, die sich dann selbst trägt.“