Nach Skandalen sinkt die Spendebereitschaft. Tausende Menschen brauchen jedoch ein Spenderorgan. Aufklärungskampagne in Pinneberg. Die wichtigsten Antworten.

Pinneberg. Etwa 12.000 Menschen in Deutschland brauchen dringend ein Spenderorgan, allein in Schleswig-Holstein sind es 400. Die Zahl der verfügbaren Spenderorgane reicht aber schon seit Jahren nicht, um den Bedarf zu decken. Jedes Jahr sterben deshalb knapp 1000 Menschen. "Der Skandal um den Handel mit Organen hat viele Bürger verunsichert", sagt Wolfgang Veit vom Bundesverband der Organtransplantierten (BDO). "Die bereits geringe Spendenbereitschaft hat leider nochmals abgenommen. Dabei werden neue Spender dringend benötigt", sagt auch Jürgen Schröder, Niederlassungsleiter der AOK in Pinneberg. Um die Bevölkerung aufzuklären, haben die AOK NordWest und der BDO eine Informationskampagne gestartet. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Thema.

Was genau ist eine Transplantation?

Die Übertragung von funktionstüchtigen Organen oder Geweben einer verstorbenen Person auf einen schwer kranken Menschen.

Wer kann spenden?

Grundsätzlich jeder. Minderjährige können ihre Bereitschaft ab dem vollendeten 16. Lebensjahr selbstständig erklären. Ein Widerspruch für Organspenden kann ab dem vollendeten 14. Lebensjahr ausgefüllt werden. Ob gespendete Organe für eine Transplantation geeignet sind, wird im Todesfall medizinisch beurteilt.

Wird man schneller für tot erklärt, weil jemand auf eine Spende wartet?

Nein, im Gegenteil. Nach dem Transplantationsgesetz müssen zwei voneinander unabhängige Ärzte den Hirntod feststellen, um den Weg für eine Organspende frei zu machen.

Wie wird der Hirntod festgestellt?

Der Hirntod, also der nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm, tritt ein, wenn das Gehirn von der Durchblutung abgekoppelt ist. Die Gehirnzellen zerfallen, auch wenn der übrige Körper noch künstlich durchblutet wird. Es gibt keine Möglichkeit der bewussten Wahrnehmung mehr, eine Wiedererlangung ist ausgeschlossen.

Warum gibt es kaum Spenderorgane?

Im Mai erklärten sich bei einer Umfrage 55 Prozent der Befragten bereit, Organe oder Gewebe zu spenden. Aber nur 26 Prozent hatten einen Organspendeausweis. Für alle transplantierbaren Organe gilt, dass der Bedarf die Zahl der Spender-Organe übersteigt.

Welche Organe sind transplantierbar?

Nach dem Tod können derzeit Herz, Lunge, Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Darm, Teile der Haut, Hornhaut der Augen, Herzklappen und Teile der Blutgefäße, des Knochengewebes, des Knorpelgewebes und der Sehnen gespendet werden.

Kann ich bestimmte Organe von der Spendebereitschaft ausschließen?

Ja. Ohne Begründung kann man einzelne Organe oder Gewebe von der Entnahme ausschließen.

Wie läuft die Transplantation ab?

Nachdem Ärzte den Hirntod festgestellt haben, verständigen sie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Die veranlasst Laboruntersuchungen und medizinische Tests. Die Organentnahme wird vorbereitet und die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant informiert. Diese vermittelt die Spender-Organe an geeignete Empfänger. Gewebespenden werden zumeist nicht direkt übertragen, sondern gelagert, bis sie benötigt werden.

Wie erfolgreich lassen sich Organe übertragen?

Die Erfolgsraten für alle transplantierbaren Organe steigen. Bei Nieren arbeiten zwischen 85 und 93 Prozent der transplantierten Organe nach einem Jahr noch, nach fünf Jahren sind es 71 bis 85 Prozent. Die Erfolgsraten für Bauchspeicheldrüsen-, Herz-, Leber- und Lungentransplantationen liegen etwas geringer. Veit lebt seit fast sieben Jahren mit einer Spenderlunge.

Ist eine Lebendspende möglich?

Ja. Im Transplantationsgesetz gibt es aber bewusst erhebliche Einschränkungen. Erlaubt ist die Lebendspende von Organen, die sich nicht wieder bilden können, wie der Niere, nur unter Verwandten ersten oder zweiten Grades, Ehepartnern, eingetragenen Lebenspartnern, Verlobten oder zu Gunsten anderer Personen, die dem Spender persönlich besonders nahe stehen. Um Missbrauch zu verhindern, muss eine Gutachterkommission prüfen, ob die Spende tatsächlich freiwillig erfolgt.

Wo bekomme ich einen Organspendeausweis?

Bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und bei der DSO. Auch Krankenkassen, Apotheken, Krankenhäuser, Einwohnermeldeämter und Arztpraxen haben oft Ausweise parat. Im Internet unter www.organspende-info.de. Weitere Informationen auf www.bdo-ev.de und www.aok.de.

Kann ich meine getroffene Entscheidung zur Organspende widerrufen?

Ja. Wer seine Meinung ändert, kann einfach den Ausweis zerreißen.