Die Ergebnisse der Volkszählung könnten teuer werden. Der Stadt drohen Steuerverluste von jährlich 500.000 Euro. Auch in Pinneberg und Quickborn gibt es Zweifel.

Elmshorn. Die Zahlen zum Zensus 2011 sprechen eine deutliche Sprache. Im Kreis Pinneberg haben - mit Ausnahme von Barmstedt - alle Städte deutlich weniger Einwohner als gedacht. Die Ergebnisse der Volkszählung könnten für diese Kommunen teuer werden. So bemessen sich die Anteile der Einkommensteuer, die an die Kommunen gehen, an der Einwohnerzahl. Je weniger Bürger, desto weniger Steuereinnahmen - eine einfache, gleichwohl schmerzhafte Gleichung.

Außerdem müssen steuerkräftige Kommunen wie Quickborn Finanzausgleich an das Land zahlen. In diesem Jahr 1,2 Millionen Euro. Wenn die Einwohnerzahl überdurchschnittlich geringer sein sollte, könnte dieser Betrag für Quickborn noch höher liegen.

Kein Wunder, dass sich in den großen Städten Widerstand gegen die vom Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein vorgelegten Ergebnisse regt. Allen voran bei Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek. Sie schließt sogar eine Klage nicht aus. "Wir zweifeln diese Ergebnisse an und haben uns schon an den Städtebund gewandt. Wir lassen das nicht durchgehen."

Die größte Stadt des Kreises hat laut Zensus-Ergebnis 47 459 Einwohner. Die offizielle Bevölkerungsfortschreibung der Behörde auf Basis der Volkszählung von 1987 ging von 48.998 Bürgern aus. Macht ein Minus von 1539 Einwohnern oder 3,1 Prozent.

Die Stadt legt dagegen völlig andere Zahlen vor. Bereits seit der Volkszählung 1987 weichen die städtischen Zahlen von denen der Statistikbehörde ab. Stichtag des jetzt erfolgten Zensus ist der 30. April 2011. Die Stadt weist in ihrer Bevölkerungsfortschreibung zu diesem Zeitpunkt 49.628 Einwohner aus. Macht eine Differenz von 2169 Einwohnern! "Unser Einwohnermeldeamt zählt jede Geburt, jeden Todesfall, jeden Zu- und Wegzug. Unsere Zahlen sind absolut verlässlich", so die Bürgermeisterin.

Die Berechnungsgrundlage des Zensus sei ungeeignet, um die tatsächliche Einwohnerzahl einer Stadt wie Elmshorn zu ermitteln. Bei der Volkszählung seien lediglich die Wohnungseigentümer sowie zehn Prozent der Haushalte befragt worden. "Gerade bei großen Wohnungsbauverwaltungen weiß doch niemand, wie viele Leute tatsächlich in den Wohnungen leben", so die Verwaltungschefin. Und die Zehn-Prozent-Stichprobe sei viel zu niedrig.

Legt man die offiziellen Zensus-Zahlen zugrunde, droht Elmshorn ein jährlicher Verlust von Einkommensteueranteilen in Höhe von 500.000 Euro. "In diesem Jahr wird das Innenministerium das Geld nicht zurückfordern. Ab kommendem Jahr müssen wir aber mit Einnahmeverlusten in dieser Höhe rechnen", so Stadtrat Volker Hatje. Einsparungen seien dagegen kaum möglich. "Wir können ja nicht einfach einen Kindergarten schließen, weil wir angeblich weniger Einwohner und damit auch weniger Kinder haben", sagt Elmshorns Stadtrat. Hatje: "Wir können in diesem Jahr noch nicht einmal alle Kinder in Kindergärten unterbringen."

Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg glaubt ebenfalls an die eigenen Meldedaten. Die Verwaltungschefin war im Pinneberger Rathaus Gastgeberin gewesen, als dort das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein die Zensus-Zahlen für den Norden vorgestellt hatte. "Ich kann mir die deutliche Differenz nicht vorstellen", sagt sie zu Zahlen für die Kreisstadt. Demnach hat Pinneberg mit 41.137 Einwohnern 3,5 Prozent weniger Einwohner als bis dato in der Bevölkerungsfortschreibung verzeichnet. "Bei den Kindergärten schien es mit unseren Zahlen genau hinzukommen", so Steinberg. Sie wünscht sich ein Gespräch mit Vertretern des Kreises und jenen Kommunen, in denen die Unterschiede zwischen Bevölkerungsfortschreibung und Zensus-Ergebnis besonders auffallend sind.

Niels Schmidt wünscht sich das auch. Der Wedeler Bürgermeister muss für seine Stadt ein Minus von 960 Einwohnern verkraften. "Wedel ist nicht geschrumpft", sagt er. "Doch wie sollen wir die Zahlen widerlegen?" Zwischen 500 bis 1000 Euro weniger Ausgleich rechnet er pro Einwohner.

Auch in Quickborn wird das Zensus-Ergebnis kritisch gesehen. So sind aktuell in Quickborn 20.606 Bürger gemeldet. 2011 zur Zensus-Erhebung waren es 20.450, so Fachbereichsleiter Volker Dentzin. Die Zensus-Befragung ergab nun 19.727 für April 2011. Dentzin hält eine Abweichung von etwa 800 Bürgern für "höchst unwahrscheinlich". Sollte Quickborn unter die 20.000-Einwohner-Marke rutschen, könnte die Stadt die Aufsicht über den ruhenden Verkehr und die Befugnis verlieren, Verkehrsschilder aufzustellen. Dafür wäre wieder der Kreis Pinneberg zuständig. Wie es heißt, prüft die Stadt ihre Rechtsposition. Auch eine Klage sei möglich.