An diesem Sonntag wählen die Pinneberger ihren neuen Bürgermeister - oder ihre neue Bürgermeisterin. Fünf Fragen an die Kandidaten.

Fünf Fragen an die Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Pinneberg

1. Pinneberg hat inklusive der Kassenkredite annähernd 100 Millionen Euro Schulden. Was muss passieren, damit die Stadt ihre Schulden schnellstmöglich abbaut?

Ole Bues:

Wir alle, jeder Pinneberger, kann mithelfen durch Patenschaften, Spenden und mit konkretem körperlichen Einsatz, so wie ich auf einen Teil meines Gehaltes verzichten werde; dies soll beispielhaft wirken. Darüber hinaus müssen unter anderem Gebühren erhöht werden, um unter den Rettungsschirm schlüpfen zu können; eine Umschuldung zu günstigerem Zinssatz sollte erfolgen, des Weiteren sollten Arbeiten beziehungsweise Gutachten nicht fremd vergeben werden. Das Wichtigste scheint mir zu sein, keine neuen Schulden durch unsichere Großprojekte aufzubauen.

Meike Oltmanns-Hase:

Die zukünftige Haushalts- und Finanzpolitik benötigt die Definition klarer Regeln für Nachhaltigkeit und Deckelung der Schuldenentwicklung. Pinneberg muss seinen Haushalt in den Griff bekommen, erst dann ist überhaupt verantwortungsvolles Planen möglich. Basis dafür ist auf der einen Seite ein funktionierender und kompetenter Finanzbereich, auf der anderen Seite die entsprechende Beratung der politischen Gremien, die eben auch Risiken und Folgekosten darlegt und nicht nur mögliche Gewinne.

Traudchen Perrefort:

Die Pinneberger Haushaltsstruktur leidet im Vergleich zu anderen Städten an sehr geringen Gewerbesteuereinnahmen, weil bisher zu wenig Betriebe angesiedelt werden konnten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Stadt kaum noch Einsparpotenzial auf der Ausgabenseite hat. Die von der Ratsversammlung jetzt beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen, die als Gegenleistung für die jährlichen Konsolidierungshilfen des Landes von 2,44 Millionen Euro zu verstehen sind, begreife ich auch als Chance, über den „Rettungsschirm“ hinausgehende Finanzierungshilfen des Landes zu erhalten.

Urte Steinberg:

Pinneberg hat nicht nur ein Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem. Wir brauchen höhere Steuereinnahmen vor allem durch Gewerbeansiedlungen. Zudem wurden bereits wirkungsvolle Beschlüsse gefasst: Die Stadt schlüpft unter den sogenannten Rettungsschirm des Landes. Mit dem jüngst beschlossenen Sparpaket leistet Pinneberg einen großen Eigenanteil, um die jährlichen Haushaltshilfen des Landes zu erhalten. Dieser Weg muss konsequent weiter gegangen werden. Und natürlich werden auch in der Verwaltung Prozesse regelmäßig überprüft und wo möglich optimiert.

2. Die Aufarbeitung des Finanzskandals ist nicht abgeschlossen, die längst fällige Eröffnungsbilanz muss von Externen erarbeitet werden. Was tun Sie als Bürgermeister, um den Bereich Finanzen besser aufzustellen beziehungsweise Altlasten aufzuarbeiten?

Ole Bues:

Zuerst wäre ein Gespräch mit den Mitarbeitern angebracht, um mir eine konkrete Vorstellung davon zu machen, welche Faktoren einer Eröffnungsbilanz bislang entgegenstanden. Ziel könnte sein, sie von den Fachleuten im eigenen Hause erstellen zu lassen. Sollte sich dies als nicht möglich erweisen, müssten wir notgedrungen Externe beauftragen. Langfristig würde ich daraufhin arbeiten, dass – etwa durch Fortbildung – die Mitarbeiter ihre Aufgaben zur Zufriedenheit aller erledigen

Meike Oltmanns-Hase:

Es gilt den Schaden zu beziffern und Ursachen ermitteln, um daraus Wege zu entwickeln, diese Fehlerquellen zukünftig auszuschließen. Es ist wichtig, dass unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse Regeln und Prozesse entwickelt werden, die sicherstellen, dass solche Versäumnisse nicht wieder auftreten. Die Mitarbeiter müssen fortgebildet und der Fachdienst wirkungsvoll aufgebaut und dann in alle Prozesse eingebunden werden: Vier-Augen-Prinzip.

Traudchen Perrefort:

Die für Finanzen zuständige Fachbereichsleiterstelle ist mit einem qualifizierten, erfahrenen und engagierten Kollegen neu besetzt worden. Ich unterstütze den Kurs des amtierenden Bürgermeisters Klaus Seyfert, der Lösung der Finanzprobleme höchste Priorität einzuräumen. Diesen Weg werde ich fortsetzen: Besetzung der offenen Stellen mit qualifiziertem Personal und gleichzeitig Rückgriff auf außenstehende Experten. Es ist mein Anspruch an Personalführungsverantwortung, sicherzustellen, dass solche Rückstände weder im Fachdienst Finanzen noch an anderer Stelle künftig entstehen.

Urte Steinberg:

Der Bereich Finanzen hat für mich oberste Priorität. Ich werde dafür sorgen, dass für Pinneberg schnellstmöglich eine Eröffnungsbilanz erstellt wird. Und zum sogenannten Finanzskandal: Mögliche Fehler der Vergangenheit werden sich nach Einführung eines zuverlässigen Forderungsmanagements nicht wiederholen. Mittlerweile ist der Finanzbereich neu aufgestellt. Unter anderem gibt es neue Führungskräfte.

3. Es gibt zunehmend Leerstände in der City. Wie kann die Attraktivität der Innenstadt erhöht werden? Welche Hebel setzen Sie als Bürgermeister an, Immobilienbesitzer und Kaufleute zu unterstützen beziehungsweise mehr in die Pflicht zu nehmen?

Ole Bues:

Meine Vision ist eine Fußgängerzone mit vielen kleinen Geschäften, dazwischen sind Cafés, Restaurants und Bistros. Ich würde mit den Immobilienbesitzern, Kaufleuten, der Wirtschaftsgemeinschaft und dem Wirtschaftsförderer Gespräche führen, worin das Problem besteht. Attraktive Veranstaltungen, kommerziell oder von Vereinen, Bürgerinitiativen oder ehrenamtlich organisiert, ziehen Menschen in das Zentrum und beleben es damit. Auch Thesdorf gehört zu Pinneberg. Deswegen würde ich dort die Leerstände reaktivieren, zum Beispiel eine Markthalle initiieren.

Meike Oltmanns-Hase:

Möglich wäre etwa eine Ortsgestaltungssatzung nach § 84 LBO. Ein Mietspiegel für gewerbliche Mieten wäre hilfreich. Der Dialog mit den Beteiligten ist wichtig und die intensive Unterstützung des Vereins Stadtmarketing, der mit dem Weihnachtsmarkt einen gelungenen Start hingelegt hat. In einer offenen und damit ins Augenmerk gerückten Pinnau sehe ich das größte Potenzial, die Attraktivität unserer Stadt zu steigern. Wasser hat Anziehungskraft. Andere Städte machen es uns vor.

Traudchen Perrefort:

Wir freuen uns auf den vierwöchigen Weihnachtsmarkt. Das „Edeka-Meyer-Projekt“, die Brauerei, die geplante Neugestaltung werden realisiert. Diese Maßnahmen erzeugen eine Aufbruchstimmung. Ich bin überzeugt, dass Grundstückseigentümer und Ladenbesitzer sich von diesem „Virus“ anstecken lassen und das Ihre tun, Flair in die Innenstadt zu bringen. Das Stadtmarketing kümmert sich mit anderen um attraktive Veranstaltungen. Gemeinsame Aktionen stärken das Wir-Gefühl – ein Prozess, den ich mit meinen Erfahrungen und Kontakten aktiv unterstützen werde.

Urte Steinberg:

Das Problem der Leerstände in der Innenstadt werde ich zusammen mit dem Stadtmanager und der Wirtschaftsförderung angehen und auf die Kaufleute und Vermieter zugehen. Es fehlen größere und zusammenhängende Verkaufsflächen, auf denen moderne Shopkonzepte umgesetzt werden können. Wir werden deshalb zuerst einen Runden Tisch gründen, um auszuloten, wo die Potenziale für die Innenstadt liegen und anschließend gemeinsame Lösungen zur Steigerung der Attraktivität erarbeiten.

4. Die Entwicklung der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne gilt, zusammen mit der Realisierung der Westumgehung, als das Zukunftsprojekt in der Stadt. Welche konkreten Vorstellungen haben Sie, wie das frühere Kasernengelände in zehn oder 15 Jahren aussehen sollte?

Ole Bues:

Wünschen würde ich mir eine Mischung aus Gewerbe, Schule, Wohnungsbau – insbesondere sozial verträglich – und Sportstätten. Hier denke ich vor allen Dingen an die Bedürfnisse der Jugend und der jungen Menschen, die ich gern mit einbeziehen würde. Allerdings bin ich bei der Umsetzung auf die Mitarbeit der Politik angewiesen.

Meike Oltmanns-Hase:

Ich wünsche mir einen Modellstadtteil und Vorzeigeprojekt für ein durch öffentlichen Nahverkehr dominiertes Verkehrskonzept, weitgehend klimaneutral und umweltschonend. Es steht mit verschiedensten Bildungseinrichtungen, Gewerbe, Sport und Wohnen im Einklang und wäre zukunftsgerichtet, nicht zuletzt hinsichtlich der Folgekosten für die zukünftigen Nutzer.

Traudchen Perrefort:

Ich erkenne dankbar die richtungsweisenden Beschlüsse der Ratsversammlung zur Entwicklung des Kasernengeländes an. Diese Beschlüsse werde ich konsequent und engagiert umsetzen, damit dort in zehn Jahren ein attraktives Wohngebiet entstanden sein wird. Und damit sich innovatives, lärmund emissionsneutrales Gewerbe ansiedelt. Dann werden wir uns über eine zukunftsorientierte Bildungslandschaft mit Kindertagesstätte, allgemeinbildender Schule sowie einer Berufsakademie und modernen Freizeit- und Sportanlagen freuen. Die zweite Verkehrsanbindung wird es ebenfalls geben.

Urte Steinberg:

Die Eggerstedt-Kaserne ist ein zentrales Entwicklungsprojekt der Stadt Pinneberg. Ich stelle mir vor, dass wir in 15 Jahren das realisiert haben, was jetzt auf den Weg gebracht wurde: Eine Fläche, die Menschen neuen Wohnraum, wohnortnahe Arbeitsplätze und ein attraktives Bildungsangebot mit Sportanlagen bietet. Mit einer Wohnbebauung von etwa 250 Wohneinheiten und der Ansiedlung von innovativem Dienstleistungsgewerbe wird das ehemalige Kasernengelände dann ein Vorzeigeprojekt sein, um das andere uns bewundern werden und Pinneberg um einiges attraktiver macht.

5. Angesichts von vier Bewerbern haben die Pinneberger buchstäblich eine Wahl. Beschreiben Sie bitte kurz und griffig, was Sie als Bürgermeister einer 42.000-Einwohner-Stadt qualifiziert.

Ole Bues:

Ich bin jung, dynamisch und kreativ. Mit meinem Optimismus stecke ich die Menschen an, bringe neuen Wind in das alte System und motiviere zu Mitarbeit, Engagement und zur Entwicklung neuer Ideen. Meine Ruhe und Ausgeglichenheit sind permanent und damit von Vorteil für Verhandlungen oder integrierende Gespräche in Konfliktsituationen und Auseinandersetzungen.

Meike Oltmanns-Hase:

Ich bin Volljuristin. Ich kenne die Schwachstellen in der Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Bürgern. Ich bringe fast zwei Jahrzehnte Erfahrung aus der freien Wirtschaft mit. Dort habe ich das wirtschaftliche Handeln sichergestellt, Risiken bewertet, schwierige Verhandlungssituationen bereinigt und Lösungen herbeigeführt. Dort gilt längst das Prinzip der Budgetbindung. Mein Erfolgsrezept ist dabei ein ehrlicher und offener Umgang miteinander, denn Information schafft Vertrauen.

Traudchen Perrefort:

Ich bin als langjährige Führungskraft in der Stadtverwaltung Pinneberg verantwortlich für rund 100 Mitarbeiter, kenne das Rathaus mit seinen Strukturen, Abläufen, Personen und Aufgaben genau, kann ohne Einarbeitungszeit mit der Arbeit beginnen und die Sacharbeit in den Mittelpunkt der Arbeit stellen. Ich arbeite als Parteiunabhängige seit Jahren konstruktiv und zum Teil freundschaftlich mit allen Ratsmitgliedern zusammen. Ich kenne für viele Aufgaben die Entscheider in Wirtschaft und Verwaltung, Kultur und Sport.

Urte Steinberg:

Als Referatsleiterin einer Sparkasse kann ich sehr gut mit Finanzen umgehen und habe durch meine berufliche Tätigkeit über 23 Jahre Führungs- und mehr als 20 Jahre verwaltungsähnliche Erfahrung. Dank meiner Tätigkeit als Geschäftsführerin der Stiftung der Sparkasse Südholstein bin ich sehr gut vernetzt. Und über mein langjähriges ehrenamtliches Engagement kenne ich die Sorgen und Nöte vieler Pinneberger. Obwohl es eine große Herausforderung ist, kann ich mir keine schönere Aufgabe vorstellen, als Bürgermeisterin meiner Heimatstadt zu sein.

Einzelbewerber Ole Bues ist 30 Jahre alt und arbeitet als pharmazeutischkaufmännischer Angestellter bei einer Hamburger Versandapotheke.

Kandidatin Meike Oltmanns-Hase, 45, wird von GAL & Unabhängigen, den Bürgernahen und der FDP unterstützt. Sie arbeitet als selbstständige Juristin.

Einzelbewerberin Traudchen Perrefort ist 59 Jahre alt. Sie ist Fachbereichsleiterin im Pinneberger Rathaus und dabei zuständig für die Bereiche Bildung, Soziales, Kultur und Sport Pinneberg.

Urte Steinberg, 54, wird von der CDU und der SPD unterstützt. Sie ist Referatsleiterin bei der Sparkasse Südholstein und Geschäftsführerin der Sparkassenstiftung.