„Puste dir die Birne weg”: Schenefelder Ratsherrr Hans-Detlef Engel bekommt Drohbrief, weil er Tests für ältere Autofahrer befürwortet.

Schenefeld. Hans-Detlef Engel weiß, dass er sich mit seiner Forderung nach regelmäßigen Gesundheitstests älterer Autofahrer keine Freunde macht. Aber was er kürzlich in seinem Briefkasten fand, verschlug dem Schenefelder Kommunalpolitiker dann doch die Sprache.

Ein weißes Blatt in DIN-A4-Format, darauf fünf am Computer anonym verfasste Zeilen, in denen er beschimpft, eingeschüchtert und bedroht wird. Der letzte Satz lautet "Wenn ich noch einmal etwas von dir lese, dann puste ich dir die Birne weg". Im ersten Moment nahm Engel das Pamphlet nicht ernst. Doch nach zahlreichen Gesprächen auch mit Parteikollegen entschied er sich, in die Offensive zu gehen, sich zu wehren.

Engel hat wegen der Morddrohung Anzeige bei der Polizei gegen Unbekannt gestellt. Allerdings glaubt er nicht, dass da viel passiert. Deshalb machte er das Thema auch in der gestrigen Ratssitzung in Schenefeld öffentlich. Der Christdemokrat verlas nicht nur den Drohbrief, sondern auch seine Erklärung dazu. "Ich empfinde tiefe Abscheu und Ekel gegenüber Menschen, die mit ihren Meinungen nicht in freie Diskussionen eintreten, sondern mit anonymen Drohungen oder Gewalt einen offenen Meinungstausch verhindern wollen", so Engel.

Von den Mitgliedern des höchsten Gremiums der Stadt gab es Rückendeckung. Sie verurteilten die Tat. Viele konnten Engel nur zu gut nachfühlen, denn anonyme E-Mails und Drohungen gegenüber den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern nehmen zu.

Schenefelds Bürgervorsteherin Gudrun Bichowski weiß von solchen Angriffen zu berichten. Wenn sie abends von ihrer Arbeit nach Hause kommt, erhält sie häufig anonyme Anrufe. Die Stadt sehe saumäßig aus, sie solle ihren Job machen, sich gefälligst kümmern. "Der Ton ist dabei bedrückend", sagt Bichowski. "Ich setze mich ein und versuche, meine Sache auch ordentlich zu machen. Solche anonymen Vorwürfe drücken mir auf die Schulter. Das belastet mich schon." Bichowski stellt dabei fest: "Viele wissen gar nicht, dass ich neben meinem Fulltime-Job ehrenamtlich die Aufgabe der Bürgervorsteherin erfülle".

Auch Hans-Detlef Engel engagiert sich ehrenamtlich. Seit Jahren setzt er sich vehement für das Thema Verkehrssicherheit ein, insbesondere für das sichere Fahren im Alter. So hielt er auf Einladungen von Seniorenbeiräten Vorträge in Schenefeld, Rellingen, Halstenbek und Elmshorn. Er machte das Thema immer wieder öffentlich. Außerdem verfasste er ein Merkblatt mit dem Titel "Fahren so lange wie möglich. Aufhören, wenn nötig". Darin rät er Fahrern, im Alter von 60plus mindestens einmal pro Jahr den Optiker aufzusuchen und alle zwei Jahre einen Gesundheitscheck beim Hausarzt zu machen. Wenn es nach Engel geht, wäre das gesetzlich auch Pflicht. "Es traut sich nur niemand an das Problem heran. Die älteren Autofahrer haben eine zu starke und große Lobby", sagt Engel.

Verkehrssicherheit liegt dem Schenefelder schon aus beruflichen Gründen am Herzen. Engel ist seit 50 Jahren Fahrschullehrer, betreibt im Hamburger Stadtteil Lurup einen eigenen Fahrschule. Zudem war er 16 Jahre lang Vorsitzender des Hamburger Fahrlehrerverbandes. Immer noch nimmt er Prüfungen ab und unterrichtet Fahrschüler. Im kommenden Jahr geht er in Rente, er ist dann 76 Jahre alt. Seinen Führerschein will er freiwillig abgeben, spätestens wenn sein Arzt beim jährlichen Besuch sagt: "Es geht nicht mehr."

Das machten viele Senioren eben nicht, so Engel. Angesichts der wachsenden Zahl an Unfallberichten über Senioren am Steuer ist er sich sicher: "Aufgrund der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft gibt es immer mehr, die ihre Autos wegen ihres körperlichen und geistigen Zustandes nicht sicher führen können. Das ist das drohende Unheil der Zukunft." Genau deshalb lässt er sich auch den Mund nicht verbieten.