Nach schwerem Unfall diskutieren Verkehrsexperten und Bürger in Rellingen über die Fahrtauglichkeit von Menschen über 65 Jahren.

Rellingen/Schenefeld. Autofahren im Alter - solange wie möglich und aufhören, wenn nötig. Das ist Hans-Detlef Engels Motto. Der Mann weiß, wovon er redet. Der 75-Jährige betreibt seit Jahrzehnten eine Fahrschule in Schenefeld. Im Abstand von fünf Jahren muss er seine Zulassung für Lkw und Bus erneuern. Er merkt, dass dies mit zunehmendem Alter schwieriger wird.

2014 würde die nächste Überprüfung anstehen. Doch vorher wird Hans-Detlef Engel freiwillig aufhören. "Ich möchte nicht, dass mir jemand sagen muss, dass er sich während der Fahrt neben mir geängstigt hat", sagt er. Damit beweist er mehr Einsicht als viele seiner Altersgenossen. Mobil zu sein heißt, Kontakte pflegen, Einkäufe erledigen, Reisen unternehmen. Nur wenige wollen darauf verzichten. Doch es liegt auch in der Natur der Dinge, dass mit zunehmendem Alter geistige und körperliche Fähigkeiten nachlassen. "Damit muss sich jeder auseinandersetzen", sagt Hans-Detlef Engel. Darum wird er am Montag, 26. März, der Einladung des Kriminalpräventiven Rats der Gemeinde Rellingen folgen und zum Thema "Der ältere Verkehrsteilnehmer - Autofahren im dritten Lebensabschnitt" referieren.

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Anlass ist der schwere Unfall eines 76 Jahre alten Mannes, der Anfang des Jahres in Halstenbek beim Abbiegen zunächst einen Fußgänger übersah und anschließend eine Fahrradfahrerin überfuhr, weil er Bremse und Gas verwechselte. Die Frau starb.

Spektakuläre Unfälle wie dieser lassen die Diskussion um Nachprüfungen im Alter immer wieder aufleben. Die Mehrheit der Deutschen (67 Prozent) lehnt es jedoch ab, Senioren ab einem bestimmten Alter automatisch den Führerschein zu entziehen. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Demnach vertreten 30 Prozent den Standpunkt, dass Fahrer ab 80 Jahren ihre Fahrerlaubnis freiwillig abgeben sollten. Überraschend: Während nur 51 Prozent der Befragten zwischen 25 und 31 Jahren diesen Schritt gehen würden, sollten sie sich nicht mehr fahrtauglich fühlen, sprechen sich 69 Prozent der Befragten ab 55 Jahren dafür aus.

Hans-Detlef Engel glaubt nicht an das Prinzip der Freiwilligkeit. Er bevorzugt das dänische Modell. "Ab 60 Jahren sollte sich jeder alle zwei Jahre auf Fahrtauglichkeit testen lassen. Ich garantiere, dass im ersten Anlauf eine Million Fahrer aus dem Verkehr gezogen werden würden."

"Die Politik scheut das Thema, weil sie nicht potenzielle Wähler verprellen will", sagt Engel, der selbst Kommunalpolitiker der CDU ist. Tatsächlich hat sich der Bundestag zwar darauf geeinigt, dass ab 2013 alle Führerscheine nur noch 15 Jahre gültig sind und nicht mehr lebenslang. Der Austausch der Dokumente ist aber nicht an eine erneute Fahrprüfung gebunden. Auch von regelmäßigen, an den Neuerwerb der Fahrerlaubnis gebundenen Gesundheitsnachweisen wird abgesehen.

+++ Fahrtauglichkeit staatlich testen +++

Ältere Menschen stellen nach Ansicht des ADAC keineswegs eine Problemgruppe im Straßenverkehr dar. Auch die Verkehrsstatistik für den Kreis Pinneberg von 2011 zeigt, dass ältere Autofahrer nicht besonders oft an Unfällen beteiligt sind. 258 von insgesamt 6172 Unfällen wurden von Fahrern ab 65 Jahren verursacht. Dabei gab es 16 Schwerverletzte und ein Mensch wurde getötet. Zum Vergleich: Die jungen Fahrer bis 25 Jahre waren an 355 Unfällen schuld. Dabei wurden 26 Menschen schwer verletzt und einer getötet.

Winfried Schmidt von der Polizeidirektion Bad Segeberg, Sachgebiet Verkehr, hat die Verkehrsstatistik ausgewertet. Er glaubt nicht, dass von Senioren am Steuer generell eine Gefahr ausgeht. Winfried Schmidt appelliert an die Vernunft der Verkehrsteilnehmer, egal welchen Alters.

"Jeder Autofahrer, ob alt oder jung, ist verpflichtet, das Fahrzeug stehen zu lassen, wenn er sich nicht in der Lage fühlt, zu fahren. So steht es in der Straßenverkehrsordnung." Ob nun Alkohol, Medikamente oder altersbedingte körperliche Einschränkungen Gründe für die Fahruntüchtigkeit sind, sei dabei zweitrangig. "Oberstes Gebot in der Straßenverkehrsordnung ist die gegenseitige Rücksichtnahme", sagt Winfried Schmidt. Wenn sich alle daran halten, brauche es keine weiteren gesetzlichen Regelungen.