Die Veranstalter machen ihrem Ärger über die geplanten Tarifänderung der Gema am runden Tisch in Pinneberg Luft. Keim Kompromiss in Sicht.

Kreis Pinneberg. In Hamburg haben Klubbesitzer und Gastronomen am Donnerstag den Kiez symbolisch zu Grabe getragen. Auch im Kreis Pinneberg fürchten Veranstalter von Festen und Partys die Folgen der geplanten Gebührenerhöhungen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte - kurz Gema. Ein Opfer des neuen Tarifsystems, das die Verwertungsgesellschaft im April 2013 einführen möchte, gibt es bereits. Der Karneval in Appen fällt im kommenden Jahr wohl aus. "Wir sind verunsichert und haben lange überlegt, was wir machen sollen. Wir haben uns entschieden, die Veranstaltung ausfallen zu lassen", sagt Walter Lorenzen, Vorsitzender des DRK-Ortsvereins.

Seit 2008 organisieren die Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes den "Karneval für Jung und Alt" in Appen. Zwischen 50 und 60 Besucher schunkelten bisher Jahr für Jahr auf der närrischen Faschingsparty. Trotz Zuschusses der Gemeinde geht das DRK, wenn alles gut läuft, mit einem Plus von gerade einmal zehn Euro raus, so Lorenzen. Eine satte Gebührenanhebung durch die Gema könnte das DRK nicht verkraften.

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Nicht nur die Appener Karnevalisten sind verunsichert. Auch Tanzstudioinhaber, Spielmannszüge und Orchestergruppen fürchten die Veränderung. Deshalb nutzten gleich Duzende Vereinsvertreter ihre Chance und kamen am Mittwoch ins Pinneberger Geschwister-Scholl-Haus. Dorthin hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann zu einer Diskussionsrunde geladen. Am Tisch saßen der rechtspolitische Sprecher der SPD, Burkhard Lischka, Musiker Ciro Auriccio, Wolfgang Müller von der Schenefelder Diskothek Eberts und der begehrteste Ansprechpartner des Abends, Lorenz Schmid. Der Gema-Bezirksdirektor versuchte zu beruhigen. Ohne Erfolg. Während Schmid sich bemühte, die Strukturänderung der Tarife für Tanzveranstaltungen zu erläutern, begegneten ihm die anwesenden Diskotheken- und Klubbesitzer mit Wut und Unverständnis über die geplanten Gebührenänderungen. Besonders sie sollen künftig verstärkt zur Kasse gebeten werden.

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Eberts-Betreiber Wolfgang Müller hat ausgerechnet, dass er dann bis zu 1000 Prozent mehr zahlen muss. Bislang flossen 9000 Euro aus dem Eberts im Jahr an die Verwertungsgesellschaft, die die Rechte der Musiker vertritt. "Das neue Gema-Regelwerk ist völlig absurd. Das schaffen wir nicht. Deshalb gibt es ja auch eine Protestwelle von Diskothekenbetreibern von München bis Hamburg", sagt Müller. Schmid hält die Gebührenerhöhung dagegen für angemessen. "Es werden nicht mehr als zehn Prozent des Türumsatzes erhoben." Die Veranstalter machten schließlich ihren Umsatz dank der Musik.

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Die Verwertungsgesellschaft richtet ab 2013 ihre Gebühren am Eintrittspreis und an der Raumgröße aus. Je teurer der Eintritt und je größer die Lokalität, desto mehr Gebühren verlangt die Gema vom Veranstalter. Damit verspricht sich die Verwertungsgesellschaft eine einfachere und transparentere Tarifstruktur. Ganz besonders sauer stößt Müller und Co. dabei die Gema-Annahme auf, die pro Disco-Quadratmeter am Abend einen Besucher unterstellt. Müllers Kritik: Dabei würden die Sommerzeit, die wirklich nutzbare Tanzfläche und der regelmäßig gewährte freie Eintritt bei 30 bis 40 Prozent der Gäste völlig außer Acht gelassen. Schmid verwies auf die Angemessenheitsreglung, die Unternehmer im Einzelfall beantragen könnten. "Das Problem unserer Branche ist, dass bei 80 bis 90 Prozent unserer Veranstaltungen das neue Regelwerk nicht greift", sagte Wolfgang Müller.

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Ein Kompromiss im Streit um die neuen Gema-Gebühren ist nicht in Sicht. Veranstalter und Gema warten nun auf die Überprüfung der Tarifreform durch das Deutsche Patent- und Markenamt. Wann der Schiedsspruch gefällt wird, ist nicht klar. Die Diskothekenbetreiber haben bereits angekündigt, im Zweifel bis zum Bundesgerichtshof zu klagen.