In der Praxis des Allgemeinmediziners und Landarztes Dr. Walter Schupfner wird dringend Nachwuchs gesucht.

Heist. Dr. Walter Schupfner ist Landarzt aus Leidenschaft, und das seit 1982. Doch jetzt, mit 68 Jahren, will er langsam zur Ruhe kommen, die Praxis einem jungen Nachfolger übergeben. Doch es findet sich niemand, der ins Dorf Heist passt, das an der Nahtstelle zwischen Geest und Marsch liegt, wo 14 000 Menschen leben.

Für Schupfner, der in Frankfurt am Main aufgewachsen ist und dort studiert hat, war es nie eine Frage, ob er in der Stadt oder auf dem Lande praktiziert. Er hatte als Mediziner seinen Traumberuf gefunden, kann seitdem Menschen helfen und lebt in einem Umfeld, "in dem jeder gern lebt". Einzig das politische Umfeld belastet die Leidenschaft. "Wir haben die beste medizinische Versorgung der Welt und eine sehr gute Ausbildung", lobt Schupfner. Einzig die politischen Rahmenbedingungen, die "fast halbjährlich verändert werden", bringen Schupfner und seine Kollegen in Rage.

Der von oben verordnete Bürokratismus wachse und wachse. Das sei ein wichtiger Grund dafür, dass die Suche nach einem Nachfolger für ihn und andere in die Jahre gekommenen Mediziner so schwierig sei. Gleichzeitig werde das Einkommen durch die laufenden Veränderungen der Gebührenordnung immer stärker eingeschränkt. Ein Jungmediziner könne unter den jetzigen Bedingungen eine Praxis kaum finanzieren. Schupfner: "Der Staat muss wie in Großbritannien das Gesundheitssystem aus Steuermittel mitfinanzieren."

Noch ein zweites Hindernis schreckt junge Ärzte ab: der hohe Zeitaufwand. Notdienste quasi rund um die Uhr. Walter Schupfner hat diese Aufgaben zumeist gern übernommen. Auch das hat die Bindung zu vielen Patienten gestärkt. Mit den meisten alten Leuten ist er schon lange "per du". Grinsend horchen sie beim kurzen Gespräch auf Plattdeutsch auf den Akzent des Mannes, der in Hessen zu Hause war.

Bei Schupfner fühlen sie sich geborgen. "Ich kann mir gar keinen anderen Arzt vorstellen", erzählt die 60 Jahre alte Patientin, die noch schnell ohne Termin in der Mittagszeit in die Sprechstunde gehuscht ist, um mit dem Doktor ein Problem zu besprechen.

Eine Stärke Schupfners ist das umfangreiche Wissen, das er sich im Studium, in den ersten Wanderjahren als Arzt und später auf Fortbildungen erarbeitet hat. Er hat in der Dialyse gelernt, ist Facharzt für Inneres, wendet Naturmedizin an und kann noch vieles mehr. Auch diese Voraussetzungen bringen heute wenige Mediziner mit. "Viele sind zu fachspezifisch geprägt", beklagt der 68-Jährige.

Schupfner schlägt vor, die Praxis zu teilen, um Aufwand zu verringern

Von der Initiative des Gesundheitsministers, im Studium eine Quote für Landärzte festzuschreiben, hält er nichts. "Wer zu etwas gezwungen wird, bringt nie die notwendige Leidenschaft mit", sagt der Mediziner. Stattdessen hofft er auf eine Ausbildung von Nachfolgern in der Region. Dafür hat er bereits Kontakte zu einem großen Unternehmen in der Nähe geknüpft: den Regio-Kliniken. Schupfner bietet der Krankenhausgesellschaft an, in seiner Praxis die Ausbildung der angehenden Allgemeinmediziner zu übernehmen.

An dieser Idee will Schupfner gern mitarbeiten. In der Praxis lässt er es derweil ein wenig ruhiger angehen. Seitdem kommt er nu noch "auf einen Schnitt von zwölf Stunden Dienst" am Tag. "Das war früher mehr", gesteht der Arzt. Seine fünf Töchter haben daraus einen Schluss gezogen: Sie wollen auf keinen Fall als Hausärzte arbeiten, denn das sei "viel zu viel Arbeit". Der Vater hat dafür eine Lösung parat: Eine Praxis könne gut mit mehreren Ärzten besetzt werden, so wie es viele Kollegen vormachen.