Die Folge der Stellenknappheit: Zahl der Verkehrskontrollen sinkt. Schleswig-Holsteins Innenminister Breitner will Abhilfe schaffen

Kreis Pinneberg. Die Polizei im Kreis Pinneberg hat zwei gravierende Probleme: Es fehlt an Personal - und an einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Wir haben einen festgestellten Personalbedarf. Und das Personal, das wir haben, können wir teilweise nicht so einsetzen, wie wir es uns wünschen", sagt der Leiter der Polizeidirektion Bad Segeberg, Heinz Parchmann.

Der 59-Jährige ist der Chef von 840 Schutz- und Kripobeamten in den Kreisen Pinneberg und Segeberg - und er hatte am Freitag Gelegenheit, dem neuen Innenminister sein Leid zu klagen. Andreas Breitner (SPD) kam zum Antrittsbesuch in den Hauptsitz der Polizeidirektion nach Bad Segeberg. Er sicherte Parchmann Hilfe zu, sofern es die finanzielle Situation des Landes zulässt. "Wir haben viele Aufgaben und wenig Geld. Dennoch muss die Landespolizei ausreichend finanziert sein, weil Defizite in diesem Bereich schnell für Bürger spürbar werden."

Die Personaldefizite im Kreis Pinneberg - für Parchmann sind sie beim Bürger noch nicht angekommen. "Die Sicherheit ist rund um die Uhr gewährleistet. Lediglich bei der Kontrolltätigkeit und der Prävention müssen wir etwas lockerlassen." 46 Stellen standen in diesem Jahr bei der Polizeidirektion Bad Segeberg zur Neubesetzung an, jedoch kamen nur 29 Beamte dort an. "Das Problem betrifft alle Polizeidirektionen", sagt Parchmann weiter. Vor drei Jahren seien zu wenig Polizeianwärter eingestellt worden, sodass jetzt nach Abschluss der Ausbildung zu wenig Beamte zur Verfügung stehen. "Der Bedarf ist höher als das, was wir verteilen können", bestätigt Breitner. Er sagte zu, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Ausbildungsstellen erhöht wird.

Kurzfristig hilft das wenig. Daher will der Innenminister versuchen, die ohnehin geplante Aufstockung des Personals der Polizeidirektion Bad Segeberg vorzuziehen. Im vorigen Jahr hatte ein Vergleich der Polizeidirektionen im Land ergeben, dass Bad Segeberg angesichts der Einsatzzahl unterbesetzt ist. 39 zusätzliche Stellen werden geschaffen, indem Personal aus anderen, vergleichsweise gut besetzten Direktionen abgezogen wird. Um diesen "Beamten-Transfer" so sozialverträglich wie möglich abzuwickeln, soll die Aufstockung etappenweise bis 2019 erfolgen. Breitner: "Das ist ein sehr langer Zeitraum. Ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht ein wenig schneller geht."

Ein weiteres akutes Problem ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Wir haben insbesondere am Hamburger Rand viele junge Beamte in den Dienststellen", erläutert Dirk Petersen, der Vize-Inspektionsleiter. So liege etwa in den Dienststellen Pinneberg und Elmshorn das Durchschnittsalter unterhalb von 30 Jahren. "Viele gründen eine Familie", sagt Petersen weiter.Besonders Mütter - der Frauenanteil in der Schutzpolizei liegt in der Direktion bei 23 Prozent - wünschen sich dann eine Teilzeitbeschäftigung. "Das ist aber im Schichtdienst häufig kaum zu machen", so Petersen weiter.

Direktionsweit gibt es aktuell neun Fälle von Mutterschutz, 20 Fälle von Elternzeit sowie 58 Teilzeitkräfte. "Wer nur zwölf Stunden pro Woche arbeiten kann, hilft uns nicht. Es fehlt der personelle Ausgleich", bedauert Parchmann. Ein weiteres Problem sei, dass gerade junge Eltern bei kurzfristigen Einsätzen sehr unflexibel sind. "Viele Kollegen, die hier Dienst tun, kommen ursprünglich aus dem Norden des Landes und haben dann keinen, der auf die Kinder aufpasst, sagt der 59-Jährige."

120 Versetzungsgesuche stapeln sich auf Parchmanns Schreibtisch. "In den Wunschgebieten ist meistens keine Stelle frei, so dass die Kollegen bleiben müssen." Kernproblem ist, dass kaum junge Leute aus dem Hamburger Rand zur Landespolizei gehen, weil ihnen der Weg zur Ausbildungsstätte nach Eutin zu weit ist. "Die gehen meistens nach Hamburg, weil das verkehrsgünstiger zu erreichen ist", sagt Parchmann weiter. Als Folge werden fertig ausgebildete Polizisten, die aus Nordfriesland oder dem Raum Flensburg stammen, in den Kreis Pinneberg geschickt - und die wollen langfristig zurück in die Heimat.

Parchmann und Petersen wünschen sich eine Kinderbetreuungsstätte, die rund um die Uhr zur Verfügung steht. So könnten Kollegen mit kleinen Kindern flexibler eingesetzt werden - und eine solche Einrichtung könnte auch abwanderungswillige Kollegen zum Bleiben bewegen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es Beispiele, die zeigen, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste derartige Betreuungsstätten betreiben können. "Das könnte für den Hamburger Rand beispielgebend sein", sagt Breitner. Der Innenminister, selbst 16 Jahre im Polizeidienst tätig, will jetzt prüfen, ob ein solches Modell auf Schleswig-Holstein übertragbar sei. Das Problem der Kinderbetreuung ist ihm bestens bekannt: "Meine Frau ist Polizistin und derzeit in Elternzeit. Wir hatten überlegt, ob sie mit einigen Stunden in Teilzeit wieder anfängt. Aber das hilft ihrer Dienstsstelle nicht."