Unternehmen im Kreis erwirtschaften 2011 trotz Krisenmeldungen mehr als vier Milliarden Euro und blicken optimistisch in die Zukunft.

Kreis Pinneberg. Das Jahr 2011 könnte aus Sicht des Kreises Pinneberg in die Geschichte eingehen: Erstmals werden die Industrieunternehmen der Region die Umsatzschwelle von vier Milliarden Euro erreichen und wohl auch übertreffen. "Nach unseren bisherigen Berechnungen deutet alles darauf hin", sagte Dietmar Schrödter, Abteilungsleiter Wirtschaft beim Statistischen Landesamt dem Abendblatt.

Trotz Krisenmeldungen wird sich die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie auch im kommenden Jahr fortsetzten. "Wir gehen eindeutig von weiterem Wachstum aus", sagte Harald Georg Schroers, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft des Kreises - kurz Wep.

Wie hoch das allerdings ausfällt, lasse sich derzeit nicht zuverlässig prognostizieren. Tatsache ist, dass die Indikatoren wie die Investitionsneigung weiter positiv sind. Bei der Wep zogen die Grundstücksverkäufe in diesem Jahr drastisch an. "Wir konnten das hohe Niveau von 2010 noch einmal um 40 Prozent steigern", so Schroers. Das liege auch an höheren Grunderwerbssteuern für das kommende Jahr, weshalb viele Unternehmen zumindest den Kauf von Flächen vorziehen. "Die auf Wachstum ausgerichtete Industrie ist das starke Standbein und Vorteil des Kreises", sagt Schroers. Nirgends wo in Schleswig-Holstein tragen das Wachstum der Industrie so viele Einzelbetriebe wie im Kreis. "Das macht uns deutlich krisenfester als andere Regionen."

Der Unternehmensverband Unterelbe-Westküste dämpft allerdings die Erwartungen für die Entwicklung des kommenden Jahres. In dieser Woche veröffentlicht die Interessenvereinigung seine neue Konjunkturumfrage, die deutlich "heterogener" ausfallen wird, als noch vor ein paar Monaten. "Die vielen Negativmeldungen, gerade auf europäischer Ebene, dämpfen die Stimmung", sagt Heinrich Ritscher, Pinneberger Geschäftsführer des Verbandes. Niemand wisse so genau, was das neue Jahr bringt. Falls es nicht zu einer Einigung in der europäischen Schuldenkrise komme, könne auch das erwartete Wachstum in Frage gestellt werden. Trotz einer Eintrübung der Wirtschaft auf europäischer Ebene werden die Betriebe im Kreis krisenfester. Ihr Exportanteil nimmt laut aktuellen Zahlen der Industrie- und Handelskammer von 42 auf 40 Prozent ab.

Deutlich mehr Auftragseingänge kämen mittlerweile aus dem Inland, teilte die Kammer auf Anfrage mit. während die Aussichten ungewiss sind, können die Unternehmer nicht nur auf ein gutes laufendes, sondern auch auf ein positives vergangenes Jahr blicken. 167 vom statistischen Landesamt befragte Industrieunternehmen setzten nach neuen Zahlen der Behörde schon da so viel Geld um, wie seit Jahren nicht mehr - 3,87 Milliarden Euro erwirtschafteten sie in 2010, 130 Millionen Euro mehr als im Krisenjahr 2009.

Damit ordnete sich der Kreis Pinneberg auch in Schleswig-Holstein in der Spitzengruppe der dynamischsten Regionen ein, nur in Dithmarschen wurde noch mehr Geld umgesetzt als im Kreis Pinneberg. "Wir hatten es im Jahr 2010 vor allem mit großen Sondereffekten zu tun ", erklärt Heinrich Ritscher. "Durch die Kurzarbeit, die die Fachleute in den Unternehmen hielten, konnten die Unternehmen schnell und solide wieder ihre Produktion steigern".

Mit einem Anteil von 1,14 Milliarden Euro am Gesamtumsatz, hat die Pharmazeutische Industrie eine führende Rolle im Kreis. Aber auch die Nahrungsmittelindustrie sowie der Maschinenbau sind wichtige Wirtschaftszweige des verarbeitenden Gewerbes. Auch die Investitionen bewegten sich 2010 auf Rekordniveau: So steckten die Unternehmen insgesamt 97 Millionen in den zukünftigen Unternehmenserfolg - mit diesem knapp 40prozentigen Wachstum im Vergleich zum Vorjahr liegt der Kreis auch deutlich über Landesschnitt. Denn in Schleswig-Holstein wuchsen die Investitionen mit zwölf Prozent nur durchschnittlich.

Grund für die starke Position Pinnebergs ist vor allem die Lage am Hamburger Rand. Teure Grundstücke und Platzmangel führten 2010 in der Hansestadt zum Sinken der Investitionen der Industrie, der Landkreis war einer der Gewinner. Der größte Teil der Investitionen von 89 Milliarden Euro floss in neue Maschinen und Anlagen. "Neben Expansion standen in den letzten Jahren vor allem Produktivitätssteigerungen an", sagt Heinrich Ritscher. Die Effizienz in der Fertigung sei der große Wettbewerbsvorteil deutscher Firmen weltweit - auch die der Pinneberger.

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist der Verlust von Arbeitsplätzen. Die befragten Unternehmen beschäftigten im Kreis, dem mit mehr als 300 000 Einwohnern größtem im Land, 15 394 Arbeitnehmer - 2008 waren es noch 16 265. Grund für den Verlust von fast 1000 Arbeitsplätzen sind neben Insolvenzen laut Ritscher die fortschreitende Automatisierung. "Neue Maschinen und Gebäude bedeuten nicht mehr automatisch mehr Arbeitsplätze", sagt Ritscher. Doch der Abbau von Arbeitsplätzen in der Industrie bedeutet nicht zwingend Arbeitsplatzabbau. "Wir haben es vielmehr mit einer Verlagerung zu tun", sagt Schroers. So würden viele Ingeneure ausgelagert ihre Dienstleistung erbringen und zählten nicht mehr zur klassischen Industrie.