Erleichterung: Das Landgericht Itzehoe spricht den 44-jährigen Uetersener Polizeibeamten Ralf P. nach Einsatz von Pfefferspray im Dienst frei.

Uetersen/Itzehoe. Die Berufungsverhandlung gegen den Uetersener Polizisten Ralf P., 44, wurde am Dienstag nicht nur von der Landespolizei mit großem Interesse verfolgt. Auch aus Sicht der Landespolitik hatte der Prozess vor dem Itzehoer Landgericht eine gewisse Sprengkraft, hatte sich doch der schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Schlie (CDU) in das Verfahren eingeschaltet, nachdem das Amtsgericht Elmshorn den Ordnungshüter wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe von insgesamt 6300 Euro verurteilt hatte. Gegen dieses Urteil hatte der Minister in einem Brief gegen die Amtsrichterin Front gemacht - und der Betroffene Polizist war in Berufung gegangen. Mit Erfolg: Die 3. Strafkammer des Landgerichts hob am Dienstag die Entscheidung des Amtsgerichts aus dem Juni auf und sprach den 44-Jährigen frei.

"Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen", sagte Ralf P. nach der Urteilsverkündung im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt, "ich bin erst mal nur froh, dass alles vorbei ist." Nach einem Einsatz gegen einen renitenten Ruhestörer im Spätsommer 2010 selbst vor Gericht zu landen und verurteilt zu werden, hatte den Uetersener, der seit 1985 bei der Polizei ist, enorm mitgenommen. P. war lange krank geschrieben, wurde in einer Klinik für psychosomatische Krankheiten behandelt - und traf die Entscheidung, nie wieder im Schichtdienst arbeiten zu wollen.

+++ Kommentar: Nur Sekunden für die Entscheidung +++

+++ Pfefferspray-Prozess: Freispruch für Polizisten +++

+++ Geldstrafe für Uetersener Polizisten +++

Wie schon das Amtsgericht Elmshorn, so mussten die Itzehoer Richter jetzt abermals im Kern darüber urteilen, ob es rechtlich zulässig gewesen war, dass P. am Abend des 25. September 2010 in einer Wohnung an der Paul-Mischke-Allee in Uetersen Pfefferspray gegen Manfred M., heute 27, eingesetzt hatte. Es war gegen 20.30 Uhr bereits der vierte Einsatz an diesem Abend, an dem Ralf P. und sein Kollege Harun Ö., 25, mit Gärtner M. zu tun hatten. Dieser hatte in den Stunden zuvor kräftig dem Alkohol zugesprochen ("So zehn bis15 Bier"), und war kurz zuvor vom Polizisten-Duo bereits aus der Wohnung seiner ehemaligen Freundin Sarah C., 22, mit der er ein Kind hat, verwiesen worden. Dabei hatte M. die Frau bedroht ("Du bist tot!") und die Polizisten beleidigt. Weil sich Nachbarn bald danach über den Lärm aus seiner Wohnung beschwerten, wurde M. ermahnt. Als die Musik wieder anging, beschlossen die Ordnungshüter, den heute 27-Jährigen ins Zentralgewahrsam zu bringen.

Was dann passierte, darüber gingen die Schilderungen auch vor dem Landgericht auseinander. Manfred M., vorbestraft unter anderem wegen Widerstands und ortsbekannt dafür, unter Alkoholeinfluss aggressiv zu werden, sagte als Zeuge aus, er sei kooperativ gewesen und habe der Polizei freiwillig ins Gewahrsam folgen wollen. Urplötzlich habe ihm der eine Polizist Pfefferspray in die Augen und ins eine Ohr gesprüht. "Ich habe mich nicht gewehrt, gar nichts", beteuerte der Zeuge. Die Polizisten indes sagten aus, M. habe nicht mitgehen wollen, habe darauf bestanden, sich noch eine Zigarette zu nehmen - und ihm sei angedroht worden, die Gewahrsamnahme gewaltsam durchzusetzen. Der Betrunkene soll gesagt haben "Versucht es doch!" "Die Wohnung war sehr eng, eine körperliche Auseinandersetzung hätte leicht ausarten können", sagte der Angeklagte, "Ich wollte ihn nicht ärgern, oder verletzten. Ich dachte nur: Wie kommen wir aus der Sache raus." Es sei darum gegangen, Schaden zu verhindern, nicht zu verursachen.

Anders als zuvor das Amtsgericht Elmshorn, erkannte die 3. Strafkammer des Landgerichts um Richterin Dr. Lore Lange schließlich kein unverhältnismäßiges Verhalten des Polizisten. Auch Staatsanwalt Peter Müller-Rakow hatte zuvor für einen Freispruch plädiert. Der Pfeffersprayeinsatz sei das "mildeste Mittel zum Zweck" in der fraglichen Situation, sagte der Anklagevertreter. M. habe den Einsatz herausgefordert. Die Vorsitzende Richterin nannte die Schilderungen des Manfred M. "nicht glaubwürdig". Es habe die Gefahr der Eskalation bestanden, "vor diesem Hintergrund war der Pfeffersprayeinsatz nicht unverhältnismäßig". Es habe nach Meinung des Gerichts ausgereicht, dass M. gewarnt worden sei, dass die Gewahrsamnahme mit Gewalt durchgesetzt werden könne.