Genossen legen ihre Schwerpunkte für Landtagswahl in den “Pinneberger Grundsätzen“ fest und streben die Macht in Kiel an.

Elmshorn. Wenn SPD-Kreischef Hannes Birke einen Wunsch äußert, dann kann das wie ein Befehl klingen. Und so macht er Johanna Skalski, eine von vier SPD-Direktkandidaten im Kreis, klare Vorgaben mit Blick auf den Mann, der seit Jahren ein Abonnement auf das Direktmandat des Wahlkreises Pinneberg-Nord hält: "Sorge dafür, dass der Wahlkreis 23 nicht zum Alterssitz von Peter Lehnert wird."

Es fallen Worte wie Bastion und Kampf, und auch sonst standen auf dem Sonderparteitag der Kreis-SPD in Elmshorn die Zeichen auf Angriff. Die Genossen sind voller Optimismus und sehnen sich zurück nach der Regierungsmacht in Kiel.

So nannte Birke die Jahre der Regierung unter schwarz-gelber Führung eine "verlorene Zeit für Schleswig-Holstein". Sie habe das Land perspektivlos geführt. Es sei Zeit für eine starke SPD. Dass am Tagungsort, dem Sporttreff, ausgerechnet die schwarz-roten Vereinsinsignien eines Tanzclubs dominierten, mochte Parteichef Birke nicht falsch verstanden wissen. "Wir wollen eine rot-grüne Koalition, damit das klar ist."

Im Mittelpunkt stand das Thesenpapier "Pinneberger Grundsätze", in dem die Genossen ihre wichtigsten Forderungen an das Wahlprogramm der Landespartei niederschrieben. Neben Infrastrukturmaßnahmen setzt die SPD dabei vor allem auf die Themen Familie, Bildung, Pflege.

So soll der Ausbau der Autobahn 20 zügig vorangetrieben werden. Die Genossen sprechen sich für eine Elbvertiefung aus und fordern eine dauerhafte und ganztägige Durchfahrt der AKN zum Hauptbahnhof. Außerdem wollen sie einen Ausbau der Regionalverbindung zwischen Elmshorn und Hamburg mit zusätzlichem Halt in Tornesch. Die Pläne für eine S-Bahn nach Elmshorn oder darüber hinaus seien "auf einen realistischen Stand zu bringen". Der Lärmschutz an Bahnen und Straßen, so eine weitere Forderung, sei insgesamt bestmöglich auszubauen.

Während die Verkehrspolitik kommentarlos abgenickt wurde, kam es zwischen Kartoffelsalat und Würstchen in der Bildungspolitik zu Kontroversen. Im Fokus stand das kostenlose Kita-Jahr. Birke setzte sich vehement für drei kostenlose Kita-Jahre ein, Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek plädierte wegen der finanziellen Notlage des Landes dafür, lediglich ein Jahr zu versprechen. "Wir werden weniger ausgeben dürfen", erinnerte sie und appellierte an die Glaubwürdigkeit ihrer Partei. SPD-Direktkandidat Kai Oliver Vogel hielt dagegen: "Wir können uns das alles nicht leisten, dennoch sind drei kostenfreie Kita-Jahre richtig." Man könne durch Umschichtungen im Haushalt sicher genug Geld auftreiben. Juso-Landeschef Cornelius Samtleben erklärte drei kostenlose Kita-Jahre als Zukunftsinvestition: "Wenn wir heute das Geld nicht ausgeben, haben wir später explodierende Kosten, beispielsweise bei der Jugendhilfe."

Trotz eines flammenden Schlussappells von Birke setzte sich Fronzek durch. Sie arbeitet auch am Landesprogramm mit und vertritt streng die Linie von SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig, nur das zu versprechen, was möglich ist. Mindestens ein kostenloses Kita-Jahr sei anzustreben, lautet nun die Forderung der SPD.

In der Pflegepolitik möchte die SPD dem Fachkräftemangel "schnell und entschlossen entgegentreten" und fordert eine kostenfreie Ausbildung in der Altenpflege für Azubis und eine faire Ausbildungsumlage durch den Träger der Pflegeeinrichtung. Die Agentur für Arbeit soll Umschulungen für den Bereich Pflege finanzieren. Um die Situation von Berufstätigen, die ihre Angehörigen pflegen, zu verbessern, fordert die SPD einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit.

Sorgen macht sich die Partei über die steigenden Mieten im Kreis, die durch die Wohnungsknappheit in Hamburg zusätzlich befördert werden. Hier will die SPD den sozialen Wohnungsbau fördern und dafür das Genossenschaftsmodell wieder aufleben lassen.

Kritik kam hingegen von den Jungsozialisten. "Die Pinneberger Grundsätze sind ein Fortschritt, aber nicht der große Wurf", sagte Juso-Landeschef Cornelius Samtleben. "Wir sind nicht auf der Höhe der Zeit", sagte er auch in Anspielung auf die Piratenpartei, die neue Themen besetze. Die "Pinneberger Grundsätze" wurden mit einer Gegenstimme verabschiedet.

Große Ehre dann noch für ein sozialdemokratisches Urgestein: Udo Tesch, seit 1966 Bürgermeister in Heidgraben und damit unter den ehrenamtlich tätigen Kollegen der Dienstälteste im Land, erhielt für seine Verdienste die äußerst selten vergebene Willy-Brandt-Medaille aus den Händen von Thomas Hölck: "Du hast dein Leben stets in den Dienst der Menschen gestellt und hattest für jeden ein Ohr."