Nach der Berlin-Wahl: Die Piratenpartei im Kreis Pinneberg will mitreden. Sie hofft auf einen Einzug in den Landtag

Kreis Pinneberg. Der Pinneberger Ratskeller war schon immer ein Ort der politischen Entscheidungen und der Debatte. Wo früher die Ratsherren zusammenkamen, treffen sich auch heute noch viele Politiker - darunter die Aufsteiger der Woche: Die Piratenpartei. Die "Newcomer" treffen sich dort jeden Mittwoch zum Piratenstammtisch.

Dort diskutieren sie über aktuelle politische Themen von der Vorratsdatenspeicherung bis zur Gentechnik. Auf Bundesebene wurde die Partei 2006 gegründet. Den Pinneberger Stammtisch gibt es seit Mai 2009. Die Gruppe im Ratskeller besteht an diesem Abend aus sieben Leuten. Auf dem Tisch stehen Laptops, ein Reklameschild der Partei mir dem Schriftzug "Stammtisch Pinneberg" und ein paar Bierkrüge. Sieben Piraten sitzen dort. Stammtischleiterin Birgitt Piepgras, 53, ist die einzige Frau.

Der Altersdurchschnitt liegt knapp über 40. Vier von den sieben arbeiten in einem IT-Beruf oder studieren Informatik. "Damit bestätigen wir nicht unbedingt den Bundesdurchschnitt", sagt die Stammtischleiterin. "Wir haben hier eben nicht so viele flippige Studenten wie die Hamburger oder die Berliner." Im Kreis Pinneberg gibt es etwa 40 Mitglieder, richtig aktiv sind zehn von ihnen. "Genau sagen können wir das aber nicht", sagt Birgitt Piepgras, denn Zugang zu den Mitgliederdaten hat sie nicht. "Nur der Landesgeschäftsführer und der Schatzmeister."

Datenschutz ist wichtig in der Partei. Eines aber weiß die Stammtischleiterin: "Unsere Mitliederzahlen steigen und seit Berlin kommen jeden Tag neue Piraten hinzu." Die erfolgreiche Abgeordnetenhauswahl in Berlin ist ein Thema am Tisch. Neun Prozent konnten die Hauptstadtfreibeuter holen.

"Das wollen wir im nächsten Jahr in Schleswig-Holstein auch schaffen", sagt Hans-Heinrich Piepgras. Der 49-Jährige ist der Landesvorsitzende der etwa 400 Nord-Piraten. Dieses Jahr haben die Piraten den Softwareentwickler auf dem Landesparteitag gewählt. "2009 bei der Landtagswahl war noch alles sehr chaotisch", sagt Piepgras. Damals überraschten die vorgezogenen Neuwahlen die noch junge Partei. "Innerhalb von drei Wochen mussten wir die notwendigen Unterschriften sammeln, um vom Landeswahlleiter zugelassen zu werden." Das sind 100 aus jedem Wahlkreis eines Direktkandidaten sowie 1000 aus dem ganzen Landesgebiet für die Liste. "Damals konnten wir noch keinen Riesenwahlkampf machen", sagt Piepgras. Er kandidierte in Elmshorn und holte 2,1 Prozent der Stimmen. "Nächstes Jahr sind wir besser vorbereitet." In zwei Wochen tagt der Landesparteitag in Kiel. Dann sammeln die Piraten wieder Unterschriften.

Kreis- und Ortsverbände gibt es noch nicht. Beteiligen können sich Interessierte direkt an den Stammtischen und in den Internetforen. Auch ein Delegiertensystem haben die Piraten nicht. "Deswegen kommen die Leute oder wählen uns", sagt Thomas Hooge. Auch er war 2009 Direktkandidat - für den Wahlkreis Pinneberg, Halstenbek, Schenefeld. "Jeder kann bei uns mitmachen. Auf dem Landesparteitag stimmen alle Mitglieder mit ab." Die Partei will auf Inhalte setzen, nicht auf Personen. "Deswegen werden wir im Wahlkampf wenig Kopfplakate haben", sagt der Systemadministrator, der sich erneut für die Kandidatur bewerben will.

Momentan arbeiten die Piraten an ihrem Wahlprogramm, das 17 Kapitel haben wird und Standpunkte zu fast allen Politikbereichen enthalten soll. "Hauptpunkte der Piraten bleiben allerdings Demokratie, Bürgerrechte, Transparenz und Bildung", erklärt Hans-Heinrich Piepgras. "Am wichtigsten ist aber das wie. Bei uns kann sich jeder beteiligen. Wir verkaufen quasi ein neues Betriebssystem der Politik." So stünden die Protokolle der Sitzungen öffentlich zur Verfügung. Auch die Piratenchats und -Foren sind für jeden zugänglich.

Für die Pinneberger Piratenpartei ist aber nicht nur die Landtagswahl interessant: "Auch bei der Kommunalwahl 2013 wollen wir mitmachen", sagt Hans-Heinrich Piepgras. Genau wie in Berlin haben die Piratenpolitiker angefangen, Sitzungen des Kreistages und der anderen Kommunalparlamente zu besuchen. Sie wollen mitgestalten.