Die Insulaner beklagen einen Vertragsbruch der Reederei Cassen Eils. Mit den Abfahrtszeiten bleibe zu wenig Zeit auf dem Festland.

Helgoland. Auf der Nordseeinsel Helgoland formiert sich Widerstand gegen den neuen Winterfahrplan der Reederei Cassen Eils. Wie Peter Krüß, der Sprecher des Aktionsbündnisses "Wir sind die Insel!" mitteilte, haben bereits 260 Insulaner den Antrag auf ein Bürgerbegehren mit dem Ziel unterschrieben, per Bürgerentscheid gegen eine "einseitige Änderung" des Fahrplans seitens der Reederei vorzugehen. Ziel der Änderung ist es, den Aufenthalt von Pauschalgästen während der Wintersaison auf Helgoland zeitlich zu verlängern, damit diese am Abreisetag ausschlafen und einkaufen können und nicht schon in den frühen Morgenstunden mit dem Schiff abreisen müssen.

Die Kritiker berufen sich auf einen Vertrag zwischen der Gemeinde Helgoland und der Reederei Eils über die "Sicherstellung der Verkehrsanbindung" zwischen Festland und Hochseeinsel. Auf "einseitiges Betreiben" der Reederei seien die Abfahrtszeiten jetzt derart geändert worden, dass den Helgoländern bei einem Besuch auf dem Festland weniger Zeit verbleibe, um beispielsweise notwendige Facharztbesuche erledigen zu können, sagt Krüß. Dadurch entstünden erhebliche Mehrkosten aufgrund von zusätzlichen Hotelübernachtungen, die jeder Insulaner selbst zu tragen habe. "Denn die Krankenkassen erstatten das nicht."

Für den Vertrag zahle die Gemeinde Helgoland pro Winterhalbjahr einen Betrag von 150.000 Euro, damit im Rahmen der Daseinsvorsorge für die Insulaner eine Schiffsanbindung überhaupt gewährleistet werden könne. Grundlage dieses Vertrages sei der Fahrplan, wie er seit 2006 gültig sei. Die aktuelle Änderung sei ohne die Zustimmung der Gemeinde Helgoland vorgenommen worden. Der Bürgermeister sei schriftlich darüber unterricht worden und habe den Sachverhalt am 11. August in einer Sitzung im Gemeinderat mitgeteilt. Krüß: "Bereits zu diesem Zeitpunkt war der neue Fahrplan veröffentlicht." Bei den Initiatoren des Aktionsbündnisses ist gerade dieser Punkt Stein des Anstoßes. "Formell wurden die Vorgaben des Vertrages nicht eingehalten." Es könne nicht angehen, dass die Bürger mit ihren Steuern und Abgaben eine freiwillige Leistung finanzieren und die andere Seite sich nicht an den Vertrag halte, sagt Krüß. Wenn daraus wirtschaftliche Vorteile für Einzelne erwachsen, müssten sich diese auch den Kosten beteiligen. Allgemeine Haushaltsmittel dürften nicht dafür eingesetzt werden, weil es sich um eine versteckte Subventionierung von Wirtschaftsunternehmen handeln könnte, die verboten sei.

Politisch stehen die Protestler allerdings ziemlich allein da, auch Hoteliers und Gastronomen der Insel sind mit den veränderten Abfahrtszeiten, die dem Tourismus zugute kommen sollen, einverstanden. Nur der SSW sprach sich dagegen aus. Letztlich stehe der Gemeinderat aber zu 80 Prozent hinter der Fahrplanänderung, sagt Bürgermeister Jörg Singer, der zugibt, dass die Angelegenheit schon ein "Spagat" für die Insulaner sei. Das Ziel könne aber nur sein, auf Dauer die Wettbewerbsfähigkeit der Insel zu gewährleisten. Die Wirtschaft sehe gerade im Wintertourismus ein großes Potenzial, "und da muss jeder zu Kompromissen bereit sein". Der Antrag auf das Bürgerbegehren werde jetzt im Rathaus überprüft.

Peter Esmann, der Geschäftsführer der Reederei Cassen Eils, versteht die Aufregung nicht. Sicherlich kämen die Fahrplanänderungen in erster Linie den Touristen zugute, doch davon profitierten auch die Helgoländer. "Die Zukunft der Insel hängt auch davon ab, wie diese sich im touristischen Bereich verändern kann." Esmann sieht die Versorgung der Insel weiterhin als gesichert an, schließlich sei im Winter der Donnerstag mit seiner Abfahrtszeit von 10 Uhr weiter "Insulaner-Tag". Und wer einen wirklich wichtigen Termin auf dem Festland habe, der könne schließlich auch das Flugzeug nehmen.

Künftig legt das Schiff anstatt um 8 Uhr morgens im Winterhalbjahr dienstags erst um 12 Uhr mittags von Helgoland ab, am Freitag um 16 Uhr und am Sonntag um 14 Uhr. Lediglich donnerstags fährt das Schiff bereits um 10 Uhr Richtung Cuxhaven, über Weihnachten und die Jahreswende täglich um 10.30 Uhr.