Änderung des Rundfunkstaatsvertrages: Datenschützer, Unternehmer und Hauseigentümer schlagen Alarm

Kreis Pinneberg. Nicht das einzelne Radio- und Fernsehgerät ist künftig kostenpflichtig - Rundfunkgebühren heißen dann Beiträge und sind bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) fällig "für jede Wohnung und Betriebsstätte nach Anzahl der Mitarbeiter sowie Dienstfahrzeuge und Hotelzimmer". So steht es im Entwurf zum neuen Rundfunkstaatsvertrag, der am 1. Januar 2013 in Kraft treten soll und bereits von sechs Bundesländern ratifiziert wurde. Am 7. September beschäftigt sich der Innen- und Rechtsausschuss des Landtages mit dem Gesetzentwurf.

Datenschützer, Eigentümerverbände und Unternehmer schlagen Alarm. Das neue Rundfunkgesetz führe zu einem "Riesen-Moloch an Daten", kritisiert Moritz Karg, Referatsleiter des Datenschutzbeauftragten Schleswig-Holsteins. Und Wolfgang Ihde, Kerzenfabrikant in Bullenkuhlen und Mitglied der IHK-Vollversammlung, schimpft: "George Orwell würde schlecht werden."

Was sie auf die Palme bringt, sind die Paragrafen 8 und 9 der Gesetzesnovelle, dem alle 16 Ministerpräsidenten im Dezember 2010 zugestimmt haben. Danach sind Eigentümer "verpflichtet, der Landesrundfunkanstalt Auskunft über den tatsächlichen Inhaber der Wohnung oder Betriebsstätte zu erteilen". Bei Eigentumsgemeinschaften könne der Verwalter zur Auskunft gezwungen werden. "Wir werden damit zu Spitzeln der GEZ gemacht", kritisiert Alexander Blazek, Verbandsdirektor von Haus und Grund. Hans-Jürgen Schack, Vorsitzender von Haus und Grund in Barmstedt, fürchtet "Spitzeleien ohne Ende" für seine Mitglieder. Denn Vermieter sollen nicht nur Namen und Geburtsdaten ihrer Mieter weiterreichen. Sie müssten auch der Behörde mitteilen, warum das Mietverhältnis beendet wurde. Mieter und Vermieter hätten den für die "Abmeldung begründete Lebenssachverhalt" anzugeben." Blazek: "Das ist absolut skandalös. Das geht die GEZ überhaupt nichts an." Der Verbandschef wundert sich zudem, dass seine Organisation in dem Verfahren überhaupt nicht angehört wurde. Blazek: "Dabei vertreten wir landesweit 62 000 Grundeigentümer."

Lediglich der Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert konnte seine Kritik vorbringen und wird dies auch bei der Anhörung des Landtages am 7. September tun, kündigt Medien-Referatsleiter Karg an. "Die ausufernden Erhebungsbefugnisse der GEZ-Behörde sind überflüssig und abzuschaffen." Die Auskunftspflicht von Eigentümern sei ein "Ausforschungs-Paragraf", der "das Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern massiv schädigen wird."

Barbara Ostmeier, CDU-Landtagsabgeordnete aus Hetlingen und Mitglied im Innen- und Rechtsausschuss, fühlt sich dabei auch nicht wohl. "Diese Vorschrift macht mir sehr große Bauchschmerzen. Aus Datenschutz-Gesichtspunkten ist das sehr grenzwertig." Sie bezweifle aber, "dass wir da noch aussteigen können". Denn das Gesetz trete nur dann in Kraft, wenn alle 16 Bundesländer den Rundfunkstaatsvertrag in dem beschlossenen Wortlaut verabschieden. Die Ablehnung in einem Bundesland kippe das ganze Gesetz. "Ausscheren kann nur die letzte Möglichkeit sein", sagt sie und will das Anhörungsverfahren erst einmal abwarten. FDP-Abgeordneter Günther Hildebrand aus Ellerbek hofft noch auf eine Änderung der Bestimmungen. "Der Datenschutz muss berücksichtigt werden."

Christian J. Fuchs aus Wedel von der CDU-Mittelstandsvereinigung hält das Rundfunkgesetz in Gänze "für nicht mehr zeitgemäß". Vor allem stört ihn die geplante GEZ-Abgabe für Firmen. "Ich kenne keinen Betrieb, wo die Mitarbeiter fernsehen." Und wenn künftig gewerblich genutzte Computer, Autoradios und Smartphones beitragspflichtig werden sollen, sei die Grenze des Zumutbaren überschritten. "Das geht so nicht", fordert Fuchs. "Auch wenn in einem Callcenter 50 Computer stehen, schauen die Mitarbeiter nicht Fernsehen, sondern sie telefonieren."