Quickborner Fluglärmgegner appellieren an Politiker, die Nachtflugbeschränkungen nicht aufzuweichen

Quickborn. Die vom Fluglärm betroffenen Quickborner schlagen Alarm. Sie fürchten, dass die Nachtflugbeschränkungen aufgeweicht, wenn nicht gar aufgehoben werden sollen. "Wir haben eine Reihe von Indizien, dass daran gedreht wird", warnt Eberhard von Lany, Erster Vorsitzender und Sprecher der Interessengemeinschaft Flugschneise-Nord, der rund 350 Fluglärmgegner in Quickborn und Hasloh angehören. "Das macht uns große Sorgen. Wir appellieren deshalb an alle Politiker in Bund, Land und Kommune, das zu verhindern."

So beruft sich die IG auf eine offenbar starke Wirtschaftslobby, die - wie bereits in Köln/Bonn und Leipzig praktiziert - generell nächtliche An- und Abflüge erlaubt wissen will. Einer ihrer Wortführer ist der Elmshorner Köllnflockenchef Hans-Heinrich Driftmann, der als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages in einem Interview mit dem Hamburger Flughafen im Juli 2009 "ausreichende Möglichkeiten für den Nachtflug" gefordert hat. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP wurde er offenbar erhört: "Wir werden uns für einen koordinierten Ausbau der Flughafeninfrastruktur einsetzen. Neben einer Kapazitätsentwicklung der Flughäfen werden wir insbesondere international wettbewerbsfähige Betriebszeiten sicherstellen", heißt es darin wörtlich. Wobei die "wirtschaftlichen, betrieblichen und dem Lärmschutz geschuldeten Erfordernisse auch bei Nachtflügen" "gleichberechtigt" abzuwägen seien. Und im Juni dieses Jahres gründete die Luftfrachtgesellschaft Lufthansa Cargo die Initiative mit dem unmissverständlichen Titel: "Die Fracht braucht die Nacht".

Einmalige Lärmereignisse sind zu verkraften, wenn man davon weiß

Einen ersten lauten Vorgeschmack, was eine flugverkehrsreiche Nacht für den Schlaf der Menschen im Hamburger Umland bedeuten könnte, erfuhren sie in der Nacht zum 13. Mai nach dem Euro-League-Endspiel der UEFA im Hamburger Volkspark. Die rund 20 000 auswärtigen Besucher flogen anschließend mit 94 Maschinen nach Hause, wovon 71 über die nördliche Bahn in Richtung Norderstedt-Hasloh-Quickborn starteten, 49 davon wiederum nach Mitternacht.

Ein solches bislang einmaliges Lärmereignis sei zwar ärgerlich, insbesondere weil es erst zwei Tage vorher angekündigt wurde, sagt von Lany. "Aber das ist zu verkraften, wenn man es vorher weiß und es selten vorkommt wie wenn der Nachbar mal die Nacht durchfeiert." Wenn es aber zu einer ständigen Störung der Nachtruhe führen sollte, müssten überall die Alarmglocken angehen.

Doch das sei für den Flughafen Fuhlsbüttel überhaupt nicht geplant, sagt Sprecherin Stefanie Harder auf Nachfrage. "Wir haben die Nachtflugbeschränkung zwischen 24 und 6 Uhr. Und die bleibt auch bestehen." Eine Änderung, die dann der Hamburger Senat beschließen müsste, sei ihres Wissens politisch nicht gewollt.

Gleichwohl sind in diesem Jahr wieder mehr Flieger in Hamburg spät gestartet oder gelandet, gibt Stefanie Harder zu. So hat es bis August 581 verspätete Flüge zwischen 23 und 24 Uhr gegeben - mehr als im gesamten vorigen Jahr. Dabei hatte der Fluglärmschutzbeauftragte Hans-Heinrich Wendland mit seiner harten Vorgehensweise gegen die Fluggesellschaften dafür gesorgt, dass sich die Zahl der Spätflieger seit 2007 halbiert hatte.

Zudem beunruhigt die Fluglärmgegner in Quickborn die "bröckelnde Front" der fünf am stärksten betroffenen Orte Quickborn, Hasloh, Norderstedt, Ellerau und Henstedt-Ulzburg. Diese hatten vor genau einem Jahr einen Neun-Punkte-Katalog verabschiedet, der insbesondere eine gleichmäßigere Verteilung der Starts und Landungen auf die vier vorhandenen Bahnen zum Ziel hat. Auch eine Deckelung der Zahl der Flugbewegungen auf 60 000 im Jahr über die nördliche Startbahn in Richtung Quickborn wird darin angemahnt. Seitdem sei praktisch nichts passiert, ärgert sich IG-Sprecher von Lany. Die zuständige Staatssekretärin im Kieler Verkehrsministerium, Tamara Zieschang, habe sich zwar im Sommer mit ihrem Kollegen der Hamburger Wirtschaftsbehörde getroffen. Aber herausgekommen sei dabei offenbar nichts. Und Bürgermeister Thomas Köppl hatte im Wahlkampf das Fluglärm-Problem zur "Chefsache" erklärt, dann aber den "Alleingang" ohne Absprache mit seinen vier Amtskollegen gewählt, was äußerst ungeschickt gewesen sei und der Sache nicht diente, bedauert von Lany. "Wir sind äußerst unzufrieden und fühlen uns ausgesprochen schlecht oder gar nicht informiert darüber, wie der Neunpunkte-Katalog mit den anderen vier Orten durchgesetzt werden soll. Aber wir werden weiter drängeln", verspricht von Lany. Notfalls müsse dann doch gegen die ungerechte Verteilung des Flugverkehrs - in diesem Jahr waren es bisher wieder 44,3 Prozent aller Flüge in Richtung Norden - geklagt werden. "Aber dafür brauchen wir die moralische und finanzielle Unterstützung aus den fünf Kommunen."