Weil die Gema die Gebühren für Klubs ab 2013 um bis zu 1400 Prozent. erhöht, müssen Eberts, Maxx und Apollo jetzt ums Überleben kämpfen.

Kreis Pinneberg. Am 1. Januar 2013 sollen neue Tarife der Gema in Kraft treten. Vielen Diskotheken droht nun das Aus. Die Betreiber fürchten, dass die Kosten für sie erheblich ansteigen und nicht mehr zu meistern sind.

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema, ist die Verwertungsgesellschaft der Musikschaffenden. Wer öffentlich Musik abspielt muss Gebühren zahlen. Die Gema vertritt dabei die Interessen der Künstler als staatlich anerkannte Treuhänderin. Bislang gibt es elf verschiedene Tarife, die sich an der Größe der Veranstaltung orientieren. Die neuen Regelungen sehen nur noch zwei Tarife vor: einen für Livemusik und einen für Musik von Tonträgern, und diese Änderung bringt teils gewaltige Gebührensteigerungen mit sich, durchschnittlich um 400 Prozent, im Höchstfall sogar um 1400 Prozent.

Bei einer mittelgroßen Disco mit zwei Dancefloors à 310 und 410 Quadratmetern, die zehn Veranstaltungen im Monat hat und einen Eintrittspreis von acht Euro verlangt, würden sich die Gema-Gebühren beispielsweise von 21 553 Euro auf 147 916 Euro im Jahr erhöhen, also um 686 Prozent.

David Gerlach jedenfalls hat jetzt große Sorgen. Er ist Betriebsleiter des Elmshorner Jugend- und Kulturzentrums Apollo in der Königsstraße. "Sollten die neuen Regelungen der Gema in Kraft treten, können wir den Laden zumachen", sagt Gerlach. "Wir nutzen eine Fläche von etwa 400 Quadratmetern, die Kosten für eine Veranstaltung würden rapide ansteigen. Das ist finanziell nicht zu wuppen." Momentan zahlt das Apollo für sechs Veranstaltungen im Jahr etwa 1200 Euro, die Kosten würden sich laut Gerlach mit den neuen Tarife mehr als verdoppeln. "Wir können nicht zehn Euro Eintritt nehmen, dann kommt niemand mehr", sagt er.

Niels Dreier, Geschäftsführer der Wedeler Diskothek Maxx, sieht es ähnlich. "Sollten die Tarife in Kraft treten, wäre das definitiv bedrohlich", sagt er. "Ich glaube allerdings nicht, dass es zu solch Erhöhungen kommen wird, das muss gedeckelt werden." Kurt Krauß vom Schenefelder Juks blickt ebenfalls besorgt in die Zukunft. "Momentan sind wir noch nicht betroffen, da wir Verträge mit dem Bundesverband soziokultureller Zentren haben", sagt Krauß. Sollten die neuen Tarife jedoch auch im Juks greifen, würde dies das Aus für die Institution bedeuten.

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Dass es zu solchen Erhöhungen der Gebühren kommt, glaubt Wolfgang Müller nicht. Er ist Betreiber der Schenefelder Diskothek Eberts. "Die neuen Tarife sind absurd. Wir haben eine Fläche von 800 Quadratmetern, man kann sich vorstellen, was für Kosten da auf uns zukommen", sagt er. Solch eine Erhöhung unter dem Vorwand einer Umstrukturierung sei völliger Unsinn, sagt Müller. "Bisher gab es Erhöhungen um drei bis fünf Prozent. Selbst 100 Prozent wären schon eine Frechheit."

Von den Tarifen wäre auch das Kummerfelder Ackerfestival betroffen. Wie viel von den Zahlungen an die Gema an die Künstler gehe und wie viel im Verwaltungsapparat hängen bleibe, sei nicht transparent, sagt Patrick Lublow vom Verein, der das Open-Air-Fest organisiert. "Sollten kleine Veranstaltungen entlastet werden, ist das gut", sagt Patrick Lublow. "Es wäre schade, wenn Veranstaltungen in kulturellen Einrichtungen Gefahr liefen, ganz zu verschwinden."

In einer offiziellen Stellungnahme des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Dehoga, die dem Abendblatt vorliegt, heißt es, mit der Neuregelung der Tarife gehe ein sehr großer Teil der bisher praktizierten Einzelfallgerechtigkeit verloren. Die Stellungnahme ist die Grundlage für eine Online-Petition, die bereits etwa 30 000 Menschen unterzeichnet haben. Matthias Rauh, Geschäftsinhaber der Eventagentur Giga-Event, ist der Initiator. Er sagt, es gehe ihm nicht darum, der Gema zu schaden. "Die Gema ist sicherlich eine gute Institution. Mir geht es einzig und allein um die Tariferhöhung, um Fairness."

Darum geht es laut Gaby Schilcher, bei der Gema zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, auch der Gema. "Der Anlass für die Neu-Strukturierung der Tarife war eine ungerechte Verschiebung der alten Tarife", sagt Schilcher. So hätten kleine Veranstaltungen im Verhältnis bisher wesentlich mehr gezahlt als große Veranstaltungen.

Für etwa 60 Prozent der Veranstalter sollen sich die Tarif-Änderungen nach Gema-Angaben sogar rentieren. Die Veranstalter hätten die Möglichkeit, sich bei der zuständigen Bezirksdirektion über die voraussichtlichen Kosten und Änderungen zu informieren "Damit können viele Missverständnisse und Unsicherheiten ausgeräumt werden." Die Gema sei offen mit den neuen Tarifen umgegangen, habe nichts verheimlicht, sagt sie.

Joachim Epler, Vorstandsmitglied und Gema-Beauftragter des Dehoga Schleswig-Holstein ist anderer Meinung. "Die Diskotheken in Deutschland sind ohnehin in ihrer Existenz bedroht", sagt er. "Für viele könnten diese neuen Tarife das Aus bedeuten."

Die Entwicklung scheint vorgezeichnet. "Wir erwarten, dass es zu einem Gerichtsverfahren kommt", sagt Joachim Epler, "aber vorher wird die Sache vor ein Schiedsgericht gehen." Den Antrag dafür hat die Gema bereits beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. "Die Gema hat ein faktisches Monopol, das es zu brechen gilt", sagt Epler. "Die können ja fast machen, was sie wollen." Discobetreibern und Gastwirten rät er, sich den neuen Tarifen räumlich anzupassen.

Ein Problem ist laut Joachim Epler auch, dass sich die Tarife erhöhen, wenn Musik länger als fünf Stunden gespielt wird. Und zwar um 50 Prozent für die nächsten drei Stunden. Besonders betroffen seien große Diskotheken, deren Veranstaltungen in der Regel von 22 bis 5 Uhr, also deutlich länger als fünf Stunden laufen. Diese Läden, die vor allem im ländlichen Raum zu finden sind, tragen die Hauptlast der Tariferhöhung.