Heute beginnt vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig die Verhandlung über die Klagen gegen die Pinneberger Umgehungsstraße.

Pinneberg/Schleswig. Vom heutigen Donnerstag an kommt es vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig in Sachen Westumgehung zum Schwur. Dort wird über die Klagen gegen den 2010 gefassten Planfeststellungsbeschluss zur Umgehungsstraße verhandelt. Für Bürgermeisterin Kristin Alheit, die Pinneberg vor Gericht vertritt, ist die Westumgehung für die Stadt von entscheidender Bedeutung. Die Stadt hat beim Land einen aktualisierten Förderantrag gestellt, wonach die Baukosten 23,04 Euro und die Grunderwerbskosten 2,51 Millionen Euro betragen. Alheit geht davon aus, dass das Land bis zu 75 Prozent der Baukosten übernimmt.

"Die Mehrheit der Politiker hat den Willen, mit den Planungen für den Bau der Westumgehung weiterzumachen", sagt die Verwaltungschefin und verweist auf den jüngst verabschiedeten Nachtragshaushalt zum Etat 2012, in dem die Planungskosten für die Westumgehung enthalten sind. Laut der Bürgermeisterin hat das Gericht einen Verkehrsgutachter geladen. Die Befürworter der Westumgehung führen vor allem an, die neue Straße werde der Innenstadt und Anwohnerstraßen im Norden und Westen der Kreisstadt erhebliche verkehrliche Entlastungen bescheren. Die Westumgehung verliefe von der Anschlussstelle Pinneberg-Nord (A 23) bis zum Westring/LSE.

Das Verkehrsprojekt zu Fall bringen will der Verwaltungsrechtler Wilhelm Mecklenburg. Der Pinneberger Jurist vertritt vor dem Verwaltungsgericht die Firmen Rowa und Schwarzbeck aus der Siemensstraße sowie den Bund für Natur- und Umweltschutz, die die Umgehungsstraße verhindern wollen. Schon allein die Dauer des Verfahrens, das seit 1988 läuft, mache es hinfällig, ist der Jurist überzeugt. Das Gericht müsse sich mit der Frage auseinandersetzen, ob so ein Verfahren beliebig verlängert werden kann oder ob es nicht auch eine Planungsfrist für Behörden gibt.Seine Argumentation hat mehrere Angriffspunkte gegen das Projekt. So hält Mecklenburg für nicht eindeutig geklärt, ob die Westumgehung überhaupt notwendig ist. Die betroffenen Firmen würden in unzumutbarer Weise in ihrem Betrieb eingeschränkt. 124 Pkw-Stellplätze fielen für sie weg. Sie müssten mit erheblichen Einschränkungen rechnen, um den Logistikverkehr abzuwickeln. Zulieferverkehre und Abtransporte müssten teilweise über Fremdgrundstücke gehen. Mecklenburg: "Der Grunderwerb für die Westumgehung ist falsch gelaufen."

Beim Lärmschutz sei der zu erwartende Lkw-Verkehr zu niedrig angesetzt worden, moniert Mecklenburg. Üblicherweise ginge man von 20 Prozent am Verkehrsaufkommen aus, die Stadtplanung rechne mit nur sieben Prozent. Lärm und Schadstoffausstoß würden so verharmlost, Kosten schön gerechnet.

Und vor allem könnte sich die Stadt Pinneberg dieses Straßenbau-Vorhaben gar nicht leisten, argumentiert Mecklenburg. Das Innenministerium habe der Kreisstadt attestiert, dass es bei einem Defizit von 7,7 Millionen und einem Schuldenstand von 73 Millionen Euro nicht dauerhaft leistungsfähig sei. Da stelle sich die grundsätzliche Frage, ob hier eine Straße auf Kosten anderer wichtiger Infrastrukturprojekte bevorzugt werden könne. "Darf eine Straße Vorrang vor einer Schule haben?"

Trotz der aktuellen Spar- und Streichdebatte in Pinneberg glaubt Bürgermeisterin Alheit, die Westumgehung auch bezahlen zu können. "Die Vorgaben zum sogenannten Rettungsschirm des Landes beschäftigen sich nicht mit den Investitionen." Kurt Zach vom Verein "Pinneberger Westumgehung - Jetzt" sagt: "Bei einer Kosten-Nutzen-Analyse ist der Nutzen deutlich höher. Die Menschen an der Berliner Straße und an der Mühlenstraße fragen sich, wie lange es mit Lärm und stockendem Verkehr noch weitergehen soll."