Tierschützer bauen in Pinneberg die erste Tiertafel im Kreis auf. Ähnliche Projekte freiwilliger Helfer gibt es in Hamburg und Lüneburg.

Pinneberg. Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch. So verheißt es die Werbung für teure Tiernahrung. Im Alltag aber gilt immer häufiger: Ist der Mensch pleite, leidet auch sein Tier. Eine steigende Zahl Menschen auch in der reichen Region rund um Hamburg kann sich ihre Tierliebe schlichtweg nicht mehr leisten. Abhilfe wollen Peter Dorendorf und seine Mitstreiter vom Tierschutzverein Pinneberg und Umgebung schaffen. Sie sind dabei, die erste Tiertafel im Kreis Pinneberg aufzubauen. "Wir möchten mit dieser Maßnahme den Tierhaltern, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Tiere ausreichend zu versorgen, helfen", sagt Dorendorf.

Die freiwilligen Helfer aus den Reihen des Tierschutzvereins wollen gespendetes Tierfutter einsammeln, lagern und dann an Bedürftige abgeben. Eine Unterbringungsmöglichkeit gibt es bereits.

Das Unternehmen Seat Reimers stellt einen Container zur Verfügung. "Wir kennen Fälle, in denen man sieht, dass der Hund schon Würmer hat, weil die Besitzer auch nicht mehr das Geld für regelmäßige Wurmkuren haben", sagt Dorendorf, der selbst Hundebesitzer ist. Er glaubt an einen Kreis von bis zu 70 Personen aus Pinneberg und Umgebung, die von Beginn an die Tiertafel nutzen könnten. Dorendorf erzählt von einer Pinneberger Familie mit mehreren kleinen Kindern und einem großen Hund: "Wir haben spontan geholfen und Futter geschenkt. Hinterher sagte der Mann, endlich habe sich der kräftige Hund wieder einmal richtig satt essen können."

Brigitte Maeder leitet den Tierschutzverein Elmshorn, der das einzige Tierheim im Kreis betreibt. "Bisweilen kommt es schon vor, dass Menschen, die in Geldnot geraten, ein Tier aussetzen, wenn eine teure Operation ansteht", sagt die Tierschützerin. "Viele Leute, denen es wirklich schlecht geht, hungern aber eher selbst, als ihren Tieren nicht zu essen zu geben." Brigitte Maeder schlägt vor, eine Tiertafel an eine normale Tafel zu koppeln: "Die Betreiber der Tafeln kennen die Bedürftigen. Sie wissen, wer wirklich Not leidet." Generell finde sie die Aktion der Pinneberger Tierschützer "supertoll".

Ihre Unterstützung zugesagt hat die Tierärztin Annette von Malottki, die eine Praxis in Holm betreibt. Sie will überzählige oder kurz abgelaufene Medikamente spenden, die von jedermann angewendet werden können, zum Beispiel Mittel gegen Flohbefall.

Die Tiermedizinerin sieht ein ganz großes Problem darin, dass Menschen, die sich ein Tier anschafften, die laufenden Kosten gerade auch für die medizinische Versorgung nicht aufbringen könnten. "Wir hatten eine Patientin, die mehrere Katzen hatte. Eine OP für eine Katze konnte sie sich nicht leisten. Als sie endlich in die Praxis kam, war das Tier schon schwer krank." Susanne Epskamp betreut im Auftrag der Diakonie in Pinneberg auch Wohnungslose. "Diese Menschen sind gesellschaftlich ausgegrenzt, haben keine menschlichen Kontakte. Das hat das Tier eine wichtige Bedeutung", sagt sie Diese Menschen sparten sich das Tierfutter buchstäblich vom Munde ab. Eine Tiertafel könne helfen. Pastor Harald Schmidt von der Lutherkirche, die seit Jahren über ihre Tafel Lebensmittelspenden an Bedürftige weitergibt, will helfen, das Angebot der Tiertafel bekannt zu machen. Einer räumlichen Zusammenlegung der Ausgabe erteilt er mit Verweis auf hygienische Vorgaben eine Absage.

Das Projekt Tiertafel Deutschland hat Claudia Hollm im Oktober 2006 ins Leben gerufen, nachdem sie einen Fernsehbericht über eine Familie gesehen hatte, die ihren Hund schweren Herzens in ein Tierheim geben mussten, nachdem sie in Hartz IV abgerutscht waren. Das alte Tier verstarb kurz darauf in seiner neuen Umgebung. Das Schicksal der Familie ging Claudia Hollm aus dem brandenburgischen Rathenow damals sehr nahe.

"Ich habe selbst zwei Hunde", sagt sie. Kurzerhand überlegte sie sich mit ihrem Mann ein Konzept, wie sich solche Schicksale verhindern lassen. Mittlerweile steht sie 24 Tiertafeln in ganz Deutschland vor. Sie versorgen knapp 21 000 Tiere. Im Norden ist die Hilfsorganisation unter anderem in Bremen, Hamburg, Oldenburg und Lüneburg vertreten.

Letztere eröffnete vor drei Jahren in einem Schuppen des Benedikt, eine Anlaufstelle für Obdachlose. Der Platz ist nicht ideal. "Im Winter ist uns das Futter eingefroren, so zugig ist es dort", sagt Claudia Hollm.

Die Lüneburger Tiertafel sucht derzeit nach einer geeigneten Bleibe. 60 bis 100 hilfsbedürftige Menschen kommen an einem Ausgabetag. Dann verteilen die vier ehrenamtlichen Mitarbeiter rund 800 bis 1200 Kilogramm Futter - Spenden von Futtermittelherstellern und Haustiermessen. Beim Erstbesuch müssen sich die Kunden registrieren lassen und den Hund mitbringen, der versorgt werden soll. "Bei Katzen reicht der Nachweis", sagt Claudia Hollm. Immer wieder gibt es Chip- und Impfaktionen. Auch Tierarztkosten können übernommen werden - je nachdem wie gut das derzeitige Spendenaufkommen ist. Und die Mittel werden angesichts des steigenden Bedarfs kapp.

"Es sind längst nicht mehr nur Obdachlose und Hartz IV-Empfänger, die zu uns kommen", sagt Claudia Hollm. Es kämen auch immer mehr Rentner, die von ihrer kleinen Rente nicht mehr leben können. Schätzungen zufolge sind 1,5 Millionen Hundehalter und 1,8 Millionen Katzenbesitzer in Deutschland im Rentenalter. Ungezählt sind Senioren mit Kleintieren. "Unsere Hilfe beschränkt sich auf Haustiere", sagt Claudia Hollm.

Heuballen für Pferde gibt es nicht. Auch Nutztiere wie Schweine oder Kühe sind davon ausgeschlossen. Auch bei Exoten wie Schlangen kommt die Tiertafel an ihre Grenzen. Lebendfutter wie Mäuse sind für die Tierschützerin ein Tabu. Futter für Ratten gehören hingegen fast schon zum Alltagsgeschäft.

Wer den Tierschutzverein Pinneberg unterstützen möchte, kann mit Peter Dorendorf, unter der Telefonnummer 0176/57 09 04 41, oder per E-Mail an peter.dorendorf@tierschutzverein-pinneberg.de Kontakt aufnehmen. Das Spendenkonto für Geldspenden lautet: Konto 15 20 20 21 bei der Sparkasse Südholstein (BLZ 2305 10 30).