Fahrgäste und Geschäftsleute klagen über Kriminalität. Nun bekommt die Bundespolizei voraussichtlich eine eigene Wache direkt am Bahnhof.

Elmshorn. "Ich fühle mich am Elmshorner Bahnhof nicht sicher", sagt Edda Pruschitzki, 73. "Im Dunkeln würde ich hier überhaupt nicht entlang gehen." Wie ihr Lebengefähre Peter Mevzel, 72, wünscht sich die Elmshornerin mehr Polizeipräsenz im und um den Bahnhof herum. "Wenn im Fußgängertunnel öfter Streifen gehen würden, das wäre schön."

Die Polizei kennt die Sorgen vieler Elmshorner. "Der Bahnhof steht bei uns im Focus", sagt Sven Adomat, Leiter des Polizeireviers. Seine Forderung lautet: "Wir müssen einen Raum schaffen, in dem sich die Menschen sicher fühlen. Das liegt uns am Herzen." Tatsächlich scheinen verstärkte Polizeiaktivitäten der vergangenen Wochen Früchte zu tragen. "Es ist viel sicherer und sauberer geworden, seit die Polizei mehr Präsenz zeigt und für Ordnung sorgt.", sagt Gerhard Bolle, 43, Werkstattleiter der Radstation direkt am Fußgängertunnel.

Das sieht Müslüm Kaya, 27, Filialleiter des bahneigenen Kiosks "Service Station", nicht ganz so entspannt. Mit Blick auf die Gruppe von Menschen mit Lederkluft und Schäferhunden, die er durch die Fensterscheibe seines Geschäfts sehen kann, sagt er: "Das Umfeld macht keinen guten Eindruck auf Passanten." Viele Kunden machten einen Bogen um seinen Kiosk, wählten einen Umweg, um dieser Gruppe nicht nahe zu kommen.

+++ Zahl der Einbrüche sinkt, aber 196 Autos aufgebrochen +++

Der Bahnhof Elmshorn gilt als ein Schwerpunkt der Kriminalität in der Krückaustadt. Das geht aus der Kriminalstatistik für Elmshorn (siehe nebenstehenden Text) hervor, die Revierleiter Adomat und die Leiterin der örtlichen Kripo-Stelle, Anette Riege, jetzt vorstellten. Viele Straftaten werden demnach rund um den Bahnhof begangen 14 700 Fahrgäste und andere Nutzer täglich machen den Bahnhof zu einem der am meisten frequentierten Haltepunkte in Schleswig-Holstein.

Florian Karock, 24, der jeden Tag zwischen Elmshorn und Sparrieshoop pendelt, registriert Schäden durch Vandalismus vor allem am Wochenende. "Wenn ich sonnabendmorgens zur Arbeit fahre, sieht es hier oft ganz schön wüst aus." Taxifahrer Ben Hiba, 65, strahlt Gelassenheit aus. "Die jungen Leute sind respektloser geworden", sagt der Mann, der seit fast 40 Jahren Taxis und Busse durch Elmshorn steuert.

Vor allem im Spätherbst 2011 hatte sich die Lage am Bahnhof zugespitzt. Immer wieder kam es zu Schlägereien und Überfällen, verübt häufig von betrunkenen Jugendlichen. Selbst Polizisten wurden angegangen und bepöbelt. Laut Kripostatistik ist die Zahl der sogenannten Rohheitsdelikte, von denen 732 im ganzen Stadtgebiet verübt wurden, 2011 im Vergleich zu 2010 um zehn Prozent gestiegen. 35-mal kam es zu Überfällen auf offener Straße (2010 waren es 20 Überfälle). "Wir hatten viele Raubüberfälle im Bahnhofsumfeld", sagt Kripochefin Anette Riege. "Es geht dabei fast immer um Geld und Handys."

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Verstärkt werden soll die örtliche Polizei in Zukunft dauerhaft durch Kräfte der Bundespolizei. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, der Rellinger Bundestagsabgeordnete Ole Schröder, stellte jüngst die Pläne vor, der Bahnpolizei eine feste Wache am Elmshorner Bahnhof zu verschaffen. Es werden jetzt Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Bis dato agieren die Bahnpolizisten vor allem von Neumünster aus. 30 bis 35 Bundespolizisten könnten nach den Vorstellungen des Staatssekretärs vom Elmshorner Bahnhof aus für Sicherheit und Ordnung unter anderem auch auf Bahnhöfen in Pinneberg und Tornesch sorgen. Die Pläne für die Stationierung der Bahnpolizisten in Elmshorn werden "aus Einsatzgründen von uns befürwortet", sagte Stefan Perschall, Sprecher der Bundespolizeidirektion in Bad Bramstedt. Die Vorstellungen des Politikers Schröder zum Personalansatz hält Perschall für realistisch. "Das entspricht der Notwendigkeit."

Während viele Bahnhofsnutzer und Polizisten den Elmshorner Bahnhof als Brennpunkt ansehen, gibt es vereinzelt auch andere Stimmen. Silvia Kaufmann, 54, und Ester Horstmann, 48, die häufig am Wochenende und abends privat mit der Bahn nach Hamburg fahren, verstehen die Aufregung nicht. "Wir fühlen uns hier sicher."