Nicht nur die Kunden, sondern auch die Tankstellen-Pächter klagen. Erste Pinneberger Fahrschule erwägt nun Kraftstoffaufschlag.

Kreis Pinneberg. Siegmar Neumann hat seinen VW-Bus gerade vollgetankt. "Das sind jedes Mal 65 bis 70 Euro. Wucher ist das, die reine Ausbeutung", schimpft der Rellinger. Mit seiner Frau betreibt Neumann einen Service, der alte Menschen bei der Erledigung von Einkäufen und anderen täglichen Verrichtungen unterstützt. Da ist er auf seinen Diesel-Transporter angewiesen. Rund 250 Kilometer fahren die Neumanns in der Woche.

Um den steigenden Kostendruck einigermaßen bewältigen zu können, zapft Neumann seinen Sprit nur an freien Tankstellen, wie im Tankcenter am Thesdorfer Weg in Pinneberg. Denn da ist der Kraftstoff meistens ein bis zwei Cent pro Liter günstiger als bei den Marken-Stationen. Und einen Zehn-Liter-Reservekanister hat Neumann immer dabei, um nicht bei den teureren Anbietern andocken zu müssen. "Die Ölkonzerne und der Staat sind schuld an den hohen Preisen", sagt der Kleinunternehmer und fordert, dass endlich der Steueranteil am Sprit kräftig reduziert wird.

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Am Mittwoch kostete der Liter Superbenzin im Tank-Center Pinneberg an der Straße Damm 1,659 Euro. E-10-Sprit war drei Cent günstiger, Diesel gab es für 1,519 Euro. Zum Vergleich: Im Januar 2009 kostete ein Liter Superbenzin 1,049 Euro, Diesel blubberte für 0,989 Cent in den Tank. Waren das noch Zeiten! "Volltanken mit guter Laune" lautete damals die Schlagzeile in der Pinneberger Regionalausgabe des Abendblatts.

"Ob der Preis rauf oder runter geht, für uns bringt das gar nichts", sagt Tankstellen-Pächter Martin Wehrmann. Höchstens, dass bei Preiserhöhungen weniger Kundschaft kommt. Doch das wird vom größeren Andrang bei Preissenkungen wieder ausgeglichen. Vom verkauften Liter Sprit bleibt den Stationsbetreibern weniger als ein Cent. Das wissen inzwischen auch die meisten Kunden, so dass kaum noch gemeckert wird. "Die tanken klaglos, aber mit Frust", hat Wehrmann beobachtet.

Lieber sind dem Pächter allerdings zufriedene Kunden. Denn wenn der Spritpreis mal kurz im Keller ist, läuft auch das Nebengeschäft gleich viel besser. Über die Runden kommt der Pächter, der seit mehr als 30 Jahren im Tankstellengewerbe tätig ist, vor allem mit den Zusatzeinnahmen aus dem Minimarkt, dem Werkstattservice und dem Waschband.

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Mittlerweile kommen selbst die versiertesten Spritsparfüchse nicht immer mehr billig davon. Bis vor ein paar Wochen galt noch die Faustregel: Am Freitag ist der Kraftstoff am teuersten, spätestens Montagabend purzeln dann die Preise wieder. "Doch darauf ist auch kein Verlass mehr", weiß Peiman Zahedi, Pächter des Tankcenters am Thesdorfer Weg. Jetzt bleibt das Tanken oft bis dienstags und mittwochs noch teuer, und wenn überhaupt gibt es dann nur geringe Abschläge. Die Tankcenter gehören zum Total-Konzern, werden aber im Gegensatz zu den Marken-Stationen als freie Tankstellen geführt. Der Sprit ist identisch mit dem Markenkraftstoff. Die Preise werden zentral von Berlin aus gesteuert. Dank moderner Technik müssen die örtlichen Pächter nicht einmal mehr auf die Leiter steigen, um die Anzeigetafeln zu korrigieren.

Über Preiskorrekturen denkt inzwischen auch Wilfried Gottschling nach. Denn der Inhaber von Willis Fahrschule in Pinneberg hat in seinem Gewerbe ebenfalls immer stärker unter den steigenden Spritpreisen zu leiden. Dabei ist sein Fahrschulauto selbstverständlich ein kostengünstiger Diesel. Den sparsamen Umgang mit dem immer teureren Kraftstoff vermittelt Willi seinen Schützlingen schon im Unterricht. Eigentlich ist für Gottschling schon jetzt die Schmerzgrenze erreicht. Doch er räumt sich und seinen Kunden noch eine Schonfrist ein. "Wenn der Dieselpreis noch zwei Wochen über 1,50 Euro pro Liter bleibt, werde ich wohl um höhere Tarife nicht herumkommen", kündigt der Fahrlehrer an. Der Preis für die Pkw-Fahrstunde wird dann wohl um einen Euro auf 35,50 Euro steigen. Diesen Ausweg hält Gottschlings Kollege Michael Olpersdorf von der Uetersener Fahrschule "Das Team" allerdings bislang nicht für praktikabel. Er versucht ohne Preiserhöhungen, auch mit weniger Gewinn über die Runden zu kommen. Höhere Tarife seien im immer schärfer werdenden Wettbewerb der Fahrschulen im Kreis Pinneberg für ihn einfach nicht tragbar.