Der Pinneberger Ingo Worm ist Pionier der E-Mobilität. Er fordert Bürger und Politiker auf, sich von altem Denken zu verabschieden

Das Automobil, des Deutschen liebstes Kind und Garant für Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte, ist in die Jahre gekommen. Noch läuft der Export deutscher Vorzeigelimousinen prächtig, wird auch im Lande gut verkauft.

Doch schon längst hat sich der Traum von individueller Mobilität für viele zum Albtraum entwickelt. Ständig wachsende Staulängen, wieder mehr Unfalltote und Verletzte, Lärm, Abgase, Stress durch Hetze im Verkehr, Schlafstörungen, Asthma als neue Volkskrankheit und oft schon verbitterte Kämpfe um den letzten Parkplatz sind ein zu hoher Preis, den wir alle zahlen.

Dieser Wahnsinn wird so nicht mehr funktionieren. Immer neue Straßen bringen nachweislich keine Entlastung, sondern belasten zusätzlich zahlreiche Menschen und vergrößern die Probleme. Zu finanzieren ist dies ohnehin längst nicht mehr.

Doch es gibt Alternativen, und diese werden zunehmend interessanter und alltagstauglicher. Wer nicht auf ein eigenes Auto verzichten kann oder will, dem bietet sich eine ständig größer werdende Zahl von Elektrofahrzeugen. Diese neue Generation von Kfz bieten erstaunliche Vorteile: Sie sind leise, erzeugen vor Ort keine Abgase, müssen nicht zur AU, haben absolut wenig Verschleißteile. Kein Auspuff, kein Kat, keine Kupplung oder Starterbatterie. Keine Kurbelwelle, Zündung, Zündkerzen. Und kein Benzin oder Diesel. Das sehen die Ölmultis gar nicht gerne. Kein Wunder also, dass die Industrie da nicht so richtig ran möchte: Wer soll damit denn noch verdienen? Nur Batterien oder Brennstoffzellen plus E-Motor und fertig ist der Wagen. Entwaffnend einfach. Daher muss der nächste Neuwagen ein E-Mobil sein, ist doch klar. Leider bietet in Pinneberg erst ein Autohändler (Mitsubishi) solch ein Fahrzeug an. Und in unserem Rathaus hat man dieses Thema auch noch nicht entdeckt. Da bewegt sich gar nichts. Seit Jahren. Schade eigentlich.

Noch besser allerdings ist es, auf einen eigenen Pkw zu verzichten. Ein immer besser werdendes Angebot des ÖPNV machen es einem in Ballungsräumen wir unserem sehr einfach, mobil zu sein, ohne allein in einem stinkenden Blechkasten zu sitzen. Busse, Bahnen und Fähren leisten hier Erstaunliches, das es zu entdecken gilt.

Ein Fahrzeug mit anderen zu teilen, macht ebenfalls Sinn. Carsharing heißt so was auf Neudeutsch und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Vorteile liegen derartig klar auf der Hand, dass es schon wundert, das erst 35 Menschen hier in Pinneberg dabei sind. Kein eigenes Auto bedeutet: kein Wertverlust in Höhe tausender Euros jedes Jahr, keine Wartungskosten, keine Unterhaltungskosten wie Steuern und Versicherungen und, was viele noch unterschätzen: kein Parkplatzproblem vor der eigenen Haustür. Würden statt der 35 Menschen 3500 "Car-Sharer" in Pinneberg auf ein eigenes Kfz verzichten, würde es in unseren Wohnstraßen anders aussehen: freie Straßenzüge ohne Slalomfahrten zwischen parkenden Autos. Natürlich trägt auch jeder Fahrradfahrer dazu bei, die Situation zu entspannen. Doch ohne Mountainbike können viele Fahrradwege in Pinneberg nicht benutzt werden, und gefährlich ist es durch den starken Pkw-Verkehr außerdem oft genug.

Auch hier könnten Politik und Verwaltung in Pinneberg Zeichen setzen, auf die wir Pinneberger aber seit langem warten. Anscheinend hat fast niemand das Thema Mobilität der Zukunft wirklich ernsthaft durchdacht. Neue Straßen sind das Einzige, was der Mehrheit dazu einfällt.

Doch dieses Denken ist rückwärtsgerichtet, löst kein einziges Problem der Zukunft wirklich nachhaltig. Alle oben genannten Lösungsansätze werden in dieser Stadt stiefmütterlich behandelt. Vordenker? Fehlanzeige.

Dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf, hier in Pinneberg, wo ich geboren bin und gern lebe, etwas verändern und verbessern zu können. Immer mehr Menschen denken ähnlich und machen Mut.