Eltern, Schüler, Bürgermeisterin und der Propst unterstützen Protest gegen Reformpläne der Landesregierung

Kreis Pinneberg. Viele Schüler hatten Donnerstag nach der dritten Stunde Unterrichtsschluss. Weil ihre Lehrer für eine bessere Bildung auf die Straße gingen, konnte der Nachwuchs das schöne Wetter genießen. Allerdings ließen es sich viele Schüler auch nicht nehmen, gemeinsam mit den Pädagogen sowie vielen Eltern ein Zeichen gegen die ihrer Meinung nach bildungsfeindliche Politik der Landesregierung zu setzen.

An dem großen Bildungsstreik, zu dem die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) aufgerufen hatte, nahmen erstmals auch die beamteten Lehrer teil. Sie alle befürchten, dass die Sparvorschläge der Landesregierung - unter anderem soll die wöchentliche Unterrichtszeit für Lehrer an bestimmten Schularten erhöht werden - zu einer deutlichen Verschlechterung der ohnehin schon mangelhaften Unterrichtsbedingungen führt.

Im Kreis Pinneberg fanden größere Veranstaltungen in der Kreisstadt, Wedel, Uetersen sowie Elmshorn statt. Auf dem Alten Markt in der Krückaustadt gehörte GEW-Landeschef Matthias Heidn zu den Hauptrednern. "Wir streiken für bessere Arbeits- und Lernbedingungen an Schulen, weil wir fürchten, dass das Sparpaket zu einem Verdummungsprogramm für Schleswig-Holstein führt", sagte er.

In Pinneberg beteiligten sich etwa 350 Lehrer, Schüler und Elternvertreter. Um 10 Uhr startete ein Demonstrationszug von der Theodor-Heuss-Schule aus. Auf dem Weg zum Platz vor dem Rathaus, wo die Abschlusskundgebung stattfand, wurden weitere Bildungseinrichtungen "besucht", sodass die Zahl der Protestler immer weiter wuchs. Auf ihren Transparenten musste sich insbesondere Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) scharfe Kritik gefallen lassen. So prangte etwa sein Konterfei neben dem Spruch "Klug - aber ohne Sinn und Verstand", ein anderer Slogan lautete "Wenn Klug Bildung macht, macht Bildung nicht mehr klug".

Als Rednerin konnte unter anderen Bürgermeisterin Kristin Alheit gewonnen werden. Sie wies daraufhin, dass die Kreisstadt im Rahmen ihrer Haushaltsspielräume versuche, die Raumprobleme der Schulen so erträglich wie möglich zu gestalten. So hätten dank des Konjunkturpaketes Verbesserungen für fast alle Schulen erreicht werden können. "Ich weiß aber, dass wir angesichts unseres Haushaltsdefizits fast keine Spielräume mehr haben", bekannte die Bürgermeisterin. Sie forderte alle Verantwortlichen auf: "Lasst die Städte und Gemeinden mit den Aufgaben im Bildungsbereich nicht im Regen stehen."

Lehrergewerkschaft GEW fürchtet um 4000 Stellen

Propst Thomas Drope ging auf die zunehmenden Belastungen ein, denen sich Lehrer und Schüler gegenübersehen. "Es wird auf ihre Schultern immer mehr draufgepackt, sodass sie jetzt einfach nicht mehr können." Die Erhöhung der Pflichtstunden für Lehrer bedeute im Umkehrschluss, dass immer weniger Lehrer an den Schulen tätig seien. "Das geht so nicht!"

Irene Thelen-Denk, Pädagogin an der Thesdorfer Gesamtschule und Mitglied im GEW-Kreisvorstand, sprach von 4000 Lehrerstellen, die landesweit ab 2011 wegfallen sollen. "Unser Streik ist als Aufschrei zu werten. Er zeigt, wie prekär die Lage wirklich ist." Die Lehrer haben laut Thelen-Denk diverse Arbeitszeiterhöhungen geschluckt und dennoch versucht, die Unterrichtsqualität zu verbessern. "Wir haben Reform über Reform gestülpt bekommen, mit viel Idealismus Konzepte entwickelt und die neue Schulart Gemeinschaftsschule aufgebaut, die Minister Klug nun völlig aushöhlen will."

"Die Politiker denken nicht an uns Kinder. Aber wir sind die Zukunft", sagten Jo und Sina, beide 10, von der IGS Thesdorf. Schülervertreter Hannes Kemper forderte: "Man sollte die Parlamentarier in Kiel in einen unserer kleinen, unwirtlichen Klassenräume stecken, um zu sehen, ob es ihnen möglich ist, dort gute Politik zu machen!"