Die Vorwürfe, die ehemaligen Haidkamp-Kinder in der Pinneberger Zeitung und im Internet öffentlich äußern, richten sich auch gegen Horst Hager. Die Pinneberger Zeitung hat mit dem Sozialarbeiter im Ruhestand über seine Sicht der Dinge gesprochen.

Pinneberg. Der Mann räumt Fehler ein: "Ich schließe nicht aus, dass mir mal die Hand ausgerutscht ist", sagt Horst Hager. "Aber Prügel? Nein!"

Im Gegenteil: Er habe vom ersten Tag als Heimleiter im Februar 1961 in Pinneberg einen demokratischen Erziehungsstil von seinen Mitarbeiter gefordert und gepflegt. "Ich habe zwei männliche und zwei weibliche Erzieher übernommen, später gab es einen Wechsel. Ich habe immer mit ihnen im Team gearbeitet."

An eine Episode kann sich Horst Hager gut erinnern. Es habe sich um eine Konfrontation zu Beginn seiner Zeit als Heimleiter am Haidkamp gehandelt, angezettelt durch einen Jugendlichen namens Werner. "Ich kam aus meinem Büro, ging über den Flur, und auf einmal standen mir lauter Jungen gegenüber." Für Hager war klar: eine Machtprobe. "Wenn ich zurück durch die Tür gegangen wäre, hätte ich meinen Job an den Nagel hängen können. Als Werner auf mich losgestürzt ist, habe ich ihn gepackt und in einen Schlafraum gedrängt", schildert Hager. Bei diesem Satz ballt Horst Hager sichtlich erregt die Fäuste, dass die Fingerknöchel weiß unter der Haut hervortreten - so, als würde er die Situation nochmals durchleben. Der Jugendliche sei dann durchs Fenster abgehauen. "Damit habe ich mir Respekt verschafft. " Bis heute habe er ein gutes Verhältnis zu dem Betroffenen, sagt Horst Hager.

Bei den Kindern- und Jugendlichen am Haidkamp habe es sich überwiegend um schwierige junge Menschen gehandelt, "die alle nicht freiwillig im Heim waren". Es habe ja Gründe gegeben, warum sie aus den Familien geholt wurden. Durch fehlende Erziehung und problematische Elternhäuser habe den meisten das Urvertrauen gefehlt, das Kinder brauchen, um sich gesund zu entwickeln.

Die Vorwürfe, die sich gegen ihn richten, kann sich Horst Hager nicht erklären. Er lehne Gewalt ab. Einmal habe ihn die Erzieherkonferenz des Heimes sogar beauftragt, einen besonders problematischen Jungen "in den Arsch" zu treten. "Das habe ich natürlich nicht gemacht. Wir sind damals ganz neue Wege gegangen, haben uns sogar von Professor Bondi, der in Hamburg die Ausbildung für Sozialpädagogen aufgebaut hat, wissenschaftlich beraten lassen.

Dass sein Erzieher Heinz R. über Jahre Jungen im Heim missbraucht haben soll, will Hager nicht glauben. "Es ging das Gerücht um, er sei homosexuell", sagt Hager. Das habe er aus den Gesprächen mit der damaligen Jugendpflegerin Frau Beismann erfahren.

Und die hartnäckigen Gerüchte, die über den sexuellen Missbrauch von Heimkindern kursierten? "Als ich davon hörte, habe ich aufgepasst wie ein Schießhund. Aber dem Mann war überhaupt nichts nachzuweisen." Auch daran, dass ihn sein ehemaliger Zögling Heinrich W. in den 80er-Jahren aufsuchte, um über gewalttätige Übergriffe seinerseits und über den sexuellen Missbrauch durch Erzieher Heinz R. zu reden, kann sich Horst Hager nicht erinnern. "Nein. Hier war niemand", sagt er deutlich.

Heinz R. sei zu Anfang seiner Heimleiterzeit fristlos entlassen worden, weil er auf einer öffentlichen Hamburger Männertoilette bei homosexuellen Handlungen erwischt worden sei. "Wir haben nicht lange zusammengearbeitet, ein vielleicht zwei Jahre." Die Awo Schleswig-Holstein bestätigt die fristlose Entlassung nach Sichtung der Personalakte von Heinz R. Allerdings wurde der Erzieher nach Awo-Unterlagen erst 1967 entlassen, also sechseinhalb Jahre nach Hagers Amtsantritt.

Er sei bis heute um das Wohl von Kindern bemüht, betont Horst Hager. Als er gemerkt habe, dass Entscheidungen für sein Kinderheim, auf politischer Ebene gefällt werden, habe er sich als Politiker für die Kinder engagiert. Seine politischen Ämter und die Heimleitung unter einen Hut zu kriegen, habe über die Jahre gut funktioniert, weil er sehr gute Mitarbeiter gehabt habe, vor allem in der späteren Modelleinrichtung an der Aschhooptwiete.