Ines Strehlau (Grüne) organisiert fraktionsübergreifende Veranstaltungen mit Landtagskollegen.

Kreis Pinneberg. Niedrige Wahlbeteiligung, Desinteresse an politischen Vorgängen, zu viel seichter Fernsehkonsum statt intensiver Tageszeitungslektüre. Immer wieder werden diese Vorwürfe gegen Jugendliche erhoben. Immer wieder fällt das Stichwort Politikverdrossenheit. Jugendliche und Politik - für viele passt das einfach nicht zusammen. Aber sind Jugendliche wirklich so wenig interessiert an dem, was um sie herum passiert?

Jugendforscher Klaus Hurrelmann beschreibt im "Zeit"-Interview das Problem: "Politisch im klassischen Sinn ist die heutige Jugend nicht. Im Gegenteil. Das Interesse für Politik ist auf einem historischen Tiefpunkt: Heute schätzt sich nur noch ein Drittel als politisch ein, in den siebziger Jahren waren es noch zwei Drittel einer Generation."

Auch die Wahlbeteiligung unter Jugendlichen sinkt immer mehr. Gerade die Bundestagswahl zeigt, wie schwer es ist, die Jungwähler zum Urnengang zu motivieren. So setzten 1983 noch 84,3 Prozent der unter 20-Jährigen ihr Kreuz. Am Wahltag im vergangenen Jahr waren es nur noch 63 Prozent. Politiker machen sich Gedanken und suchen nach Gründen.

"Die große Politik gibt nicht immer ein gutes, sachorientiertes Bild ab", sagt Landtagsabgeordnete Ines Strehlau von den Grünen. Häufig sei es für Jugendliche schwer, sich einzubringen. "Der Glaube, nicht mitbestimmen zu können, ist für viele demotivierend. Dabei gibt es viele Möglichkeiten. Immer wenn es bei politischen Entscheidungen auf kommunaler Ebene um Jugendliche geht, müssen diese laut Gemeindeordnung mit einbezogen werden." So könne von Jugendlichen viel verändert werden, beispielsweise die Öffnungszeiten von Jugendzentren. Um derartige Möglichkeiten noch zu unterstützen, organisiert Ines Strehlau fraktionsübergreifend mit ihren Kollegen Podiumsdiskussionen und Infoveranstaltungen an Schulen.

Auch auf kommunaler Ebene will man dort Inhalte nahebringen, wo Schüler sich aufhalten. So gibt es beispielsweise in Schenefeld ein Projekt, das Schülern Kommunalpolitik nahe bringen soll. "Bei 'Kommunalpolitik und Schule' geht es darum, die Ausschussarbeit und die Grundlagen der Politik denen nahe zu bringen, vor deren Haustür sie passieren.", sagt Katharina Rettke, Schulausschussvorsitzende der Schenefelder Ratsversammlung. Das Projekt habe sich bewehrt und soll wiederholt werden. Aber auch bundesweit wird versucht, Politikverdrossenheit zu verhindern.

Institutionen wie die Bundeszentrale für politische Bildung mit dem "Wahl-O-Mat", bei dem Jugendliche mit einem Onlinefragebogen ihre vermeintliche Präferenzpartei ermitteln können, sollen gegensteuern, werden aber in der Politik mehrheitlich angezweifelt, da dort Parteien am rechten Rand wie der NPD oder der DVU eine Bühne gegeben wird. "Der Wahl-O-Mat ist ein Spiel mit falschen Regeln", sagt der Bundestagsabgeordnete Ernst-Dieter Rossmann (SPD). Negativbeispiele und Gegenmaßnahmen in puncto Politikverdrossenheit werden häufig mit Jugendlichen und Politik assoziiert. Aber gibt es nicht auch positive Beispiele - junge Menschen, die sich für andere engagieren?

Jede der fünf großen deutschen Parteien hat eine Jugendorganisation mit einem Kreisvorsitzenden. Warum interessieren sich diese Nachwuchspolitiker überhaupt für ihr Metier? Was wollen sie verändern? Wie stehen sie zur aktuellen Politik?