Pinnebergs Bürgermeisterin Kristin Alheit wird Sozialministerin in Kiel. Etliche Kandidaten wurden vorher gefragt und hatten dankend abgelehnt.

Pinneberg/Kiel. Kristin Alheit macht den Abflug. Übers Wochenende jettete die Pinneberger Bürgermeisterin, 44, ins spanische Madrid. Es war, so ihre Mitarbeiter, eine lange geplante Städtereise. Am heutigen Dienstag wird die Verwaltungschefin, die 2008 direkt von den Bürgern gewählt worden war, zurück im Rathaus sein - aber nicht mehr für lange.

Der designierte schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) will seine Parteifreundin als Sozialministerin ins Kabinett berufen. Das kommt für viele Pinneberger überraschend. Und für viele politische Beobachter auch: Alheit war offenbar nicht erste Wahl. Die Leitung des Kieler Sozialministeriums soll zuvor den Bundestagsabgeordneten Aydan Özugzu, Sönke Rix und Franz Thönnes sowie Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek angedient worden sein - doch diese haben offenbar dankend abgelehnt.

In Pinneberg ist die Überraschung über Alheits Aufstieg besonders groß. "Ich bin davon kalt erwischt worden", sagt Klaus Seyfert. Der CDU-Politiker wird als stellvertretender Bürgermeister kommissarisch die Amtsgeschäfte von Alheit übernehmen. "Das wird ein Fulltime-Job, und ich sehe dem mit Sorge entgegen. Für die Stadt ist die Situation alles andere als gut."

Natalina Boenigk ist die Frau, die in ihrer Funktion als Bürgervorsteherin in den vergangenen vier Jahren zwangsweise besonders häufig mit Alheit zusammenarbeiten musste. Nun lässt sie kaum ein gutes Haar an der scheidenden Verwaltungschefin. "Ihre Bilanz ist schwach. Sie hat ihre Verwaltung nicht im Griff", sagt Boenigk über Alheit. Die CDU-Frau nimmt es der Sozialdemokratin besonders übel, dass sie entgegen ihrer Ankündigung nicht nach Pinneberg gezogen ist: "Genau das hatte sie aber versprochen." Ambitionen, Alheit im Amt nachzufolgen, weist Boenigk zurück: "Definitiv nicht."

In der SPD fällt das Urteil über Alheit erwartungsgemäß positiver aus. "Ich bin stolz darauf, dass sie für dieses wichtige Ministeramt in das Kabinett Albig berufen wurde", sagt der Ortsverbandsvorsitzende Herbert Hoffmann. SPD-Fraktionschefin Angela Traboldt sieht im Weggang Alheits gar einen "herben Verlust für die Stadt". Die Bürgermeisterin hätte sich unter anderem mit dem Ausbau der Kita-Plätze in Pinneberg für das Amt der Sozialministerin hervorgetan.

Werner Mende, Fraktionschef der Pinneberger FDP, sieht Alheits Aufstieg mit gemischten Gefühlen: "Wir freuen uns natürlich für unsere Bürgermeisterin, dass sie ihren Karriereweg so zielstrebig verfolgt. Auf der anderen Seite haben wir jetzt mächtig Druck, einen neuen Kandidaten zu finden." Er wünscht sich einen Nachfolger, der mehr Erfahrungen im Management und sowie einen besseren Blick für Finanzen hat.

Uwe Lange, Fraktionschef der Bürgernahen, sieht den kommenden Wochen skeptisch entgegen. "Derzeit drängt sich kein Kandidat auf, der Verwaltungserfahrung hat, im Rathaus anerkannt ist und sich im Haifischbecken der Politik durchsetzen kann. Wer tut sich das freiwillig an?" Zu viele große Baustellen wie Westumgehung, Eggerstedt-Kaserne und Rettungsschirm seien zu bearbeiten. Hinzu käme, dass die Verwaltung personell ausgeblutet und teilweise unmotiviert sei. "Wer in der freien Wirtschaft gut ist, kommt sicher nicht nach Pinneberg", sagt Lange. Für die Kreisstadt bleibe wieder nur die zweite Garnitur. "Wir werden durch den Wechsel in allen politischen Entscheidungen mindestens ein Dreivierteljahr zurückgeworfen. Wir stehen praktisch bei Null." Auf die Frage, wie er die Arbeit der Bürgermeisterin bewerte, sagte Lange: "Kein Kommentar."

Die Begeisterung von Joachim Dreher, dem Fraktionsvorsitzenden von GAL & Unabhängigen, hält sich ebenfalls in Grenzen: "Alheit hatte Transparenz versprochen und angekündigt, alle mitzunehmen. In dieser Hinsicht bin ich enttäuscht. Sie hat zuletzt zu stark Kungelpolitik gemacht." Nach den Worten von Dreher sind die drei kleinen Fraktionen im Pinneberger Rat auf der Suche nach einem gemeinsamen Kandidaten. So habe man bereits Eka von Kalben aus Borstel-Hohenraden, seit jüngstem Landesvorsitzende der Grünen, gefragt, ob sie 2014 kandidieren wolle. Sie habe sich aber für die Landespolitik entschieden. Joachim Dreher über die Suche nach dem künftigen Bürgermeister: "Wer Pinneberg nicht kennt, nicht weiß, was ihn erwartet, der wird hier verbrannt."

Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek, die bis vor kurzem als Kandidatin für ein Ministeramt galt, sagt derweil, wieso sie nicht wechselt: "Ich habe ziemlich schnell klar gemacht, dass meine erste Präferenz nicht Kiel ist." Ursprünglich habe sie noch vor Beginn der Koalitionsverhandlungen erklären wollen, dass sie in Elmshorn bleibe. "Wir haben dann aber vereinbart, damit bis zum Schluss zu warten."