Das Abendblatt begibt sich auf Entdeckungsreise in die fabelhafte Welt des Pinneberger Künstlers Detlef Allenberg. Ein Atelierbesuch.

Pinneberg. Vogel rechts, Fisch links als weiß umrandete, dezent angedeutete Umrisse. Schon bevor Detlef Allenberg die Tür seines Pinneberger Hauses öffnet, grüßen die inoffiziellen "Wappentiere" des Malers, Grafikers und Bildhauers auf der dunkelbraunen Haustür. Wer den Klingelknopf sucht, erkennt Allenbergs Handschrift noch deutlicher. Als filigran ausgearbeiteter Aluguss räkelt sich eins seiner typischen Fabelwesen, ein rätselhafter Zwitter aus Mensch, Vogel und Fisch, unter dem Familiennamen. Willkommen in Allenberg-Country.

Die meisten Arbeiten des Pinnebergers bewegen sich zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Ihn interessiert die Veränderung, er experimentiert gern, bringt wie die Surrealisten Elemente zusammen, die so nicht zusammengehören. "Die Veränderung ist interessant, die Frage, wann etwas Neues entsteht", sagt er. Seine Bilder entwickeln sich oft aus Formen, die er neu kombiniert. "Ich weiß zu Beginn nicht, was am Ende dabei herauskommt."

Entscheidend für gute Kunst sei neben der Entwicklung eines eigenen unverwechselbaren Stils, solider Ausbildung und hoher technischer Qualität die Fähigkeit, hinter die Dinge zu blicken. "Sehen lernen ist das Entscheidende in der Kunst. Ich muss nachempfinden können, wie ein Ast aus einem anderen herauswächst. Sonst zeichne ich nur einen starren Ast."

Dutzende von Bildern, Plastiken und Modellen füllen einen großen Teil der Wände, Vitrinen, Fensterbänke. Filigran geprägte Zweibeiner mit Schnäbeln etwa. Oder die schelmische "Sonne der Unterwelt". Für diese großformatige, in ihrer Farbigkeit ein bisschen an René Magritte erinnernde Arbeit hat Allenberg einen halben Sieldeckel abfrottiert. Als ockerfarbener Halbkreis ziert die Form das Bild, in Originalgröße. "Ich habe auf dem Bauch auf der Straße gelegen und frottiert", sagt Allenberg. "Manchmal hilft ein bisschen Sportlichkeit beim Malen."

Der 74 Jahre alte Künstler und pensionierte Oberstudiendirektor ist fit, spielt zweimal pro Woche Tennis. Und immer noch Klavier auf dem weißen Flügel im Wohnzimmer. "Musiker wäre auch eine berufliche Option gewesen", sagt Jazz-Fan Allenberg. In den späten 50er-Jahren gründete er mit ein paar Kumpels die erste Pinneberger Oldtime Jazzband, die "Old Castle Gang". "Immerhin war mein Großvater Kantor."

Zwei Objekte vor dem Wohnzimmerfenster fallen besonders auf. Das eine ist das Modell der Plastik "Wachsende Form", die seit 1992 in Edelstahl vor dem Rellinger Rathaus steht. Gleich daneben schimmert golden eine Figur, die in ihrer filigranen Eleganz und Mehrdeutigkeit gleichzeitig aussieht wie original dem Allenberg-Universum entsprungen - und doch wieder nicht. Der Maler nimmt das Vogelwesen, das aus lauter unterschiedlichen Pinseln besteht, hoch und schmunzelt. "Das ist mein wichtigster Preis." Angefertigt haben ihn seine Tochter, eine Architektin, der Schwiegersohn und die beiden Enkel. Als Geschenk zu Allenbergs 70. Geburtstag vor vier Jahren.

Der gebürtige Ostpreuße, der nach der Flucht seit 1946 in Pinneberg aufwuchs, am Hamburger Christianeum das Abitur machte und später in Hamburg zunächst Kunst und anschließend Germanistik auf Lehramt studierte, ist enorm vielseitig. Er illustrierte Lyrikbände, gestaltete CD-Cover, Münzen und Medaillen. Unter anderem gehörte er zu den namhaften deutschen Münzgestaltern, die auf Vorschlag des zuständigen Ministeriums Entwürfe für den Euro vorlegen sollten. Er gewann den dritten Preis für seine Fontane-Gedenkmünze, seine Idee für die Münze zum 800. Geburtstag des Hamburger Hafens wurde ebenfalls prämiert und im Museum für Hamburgische Geschichte ausgestellt. Er entwickelte das Emblem der Partnerschaft zwischen Rockville und Pinneberg und arbeitete viel im öffentlichen Raum, entwarf beispielsweise die Front über dem Eingang der Hamburger Julius-Leber-Schule. Auch Emblem und Logo sind von ihm. Er gestaltete die Verpackung für Drostei-Seife und -Likör, verpasste mehreren Publikationen ein Layout. "Es gibt im Bereich der Kunst eigentlich nichts, was ich nicht gemacht habe", sagt er. Dutzende von Veröffentlichungen und Ausstellungskatalogen von seinen Schauen von Norwegen bis Rockville, von der Drostei bis zum Reinbeker Schloss belegen sein hohes Ansehen. "Es ist schade, dass der Pinneberger Ratssaal nicht mehr als Ausstellungssaal genutzt wird. Er würde sich wunderbar eignen", sagt Allenberg.

Eine seiner ersten Auszeichnungen bedeutet ihm bis heute besonders viel. Er durfte 1965 bei der Internationalen Triennale für farbige Grafik in der Schweiz ausstellen. Seine Arbeit war eine von nur 167, die die Jury aus 4000 eingereichten Arbeiten aus aller Welt ausgewählt hatte. Ein Ritterschlag für den damals erst 27 Jahre alten Künstler. Trotz des frühen Erfolgs entschied er sich für eine wirtschaftlich solidere Lehrerlaufbahn, unterrichtete zunächst Kunst und Deutsch an einem Hamburger Gymnasium und bildete gleichzeitig am Studienseminar der Hansestadt den Lehrernachwuchs aus. "Ich habe diese Entscheidung nie bereut", sagt Allenberg. Zwar ließ ihm der Brotberuf oft wenig Zeit für die Kunst. Aber: "Ich war finanziell unabhängig, konnte malen und gestalten, was ich wollte. Das ist ein enormer Vorteil."

Wer Allenbergs Bilder im Original sehen möchte, kann das noch bis zum 10. Juni im Wedeler Reepschlägerhaus, Schauenburgerstraße 4, in der Schau "Weder Fisch noch Vogel" tun. Der Eintritt ist frei.