Norderstedt. Internationale Transfers für TuRa Harksheide: So klappt die Eingewöhnung in Norderstedt – und so sehen sie den deutschen Fußball.

Ihre Namen klingen schon wie der ganz große südamerikanische Fußballzauber: Maikol David Valencia Mina (20) und Leyson David Cortes Joris (21). Beide sind sie in Kolumbien geboren und spielen seit dieser Saison Fußball bei TuRa Harksheide in der Oberliga Hamburg. Der eine, Cortes, beackert die linke Außenbahn. Der andere, Mina, ist als Mittelstürmer gierig nach Toren. Eine ungewöhnliche Geschichte die vor ein paar Monaten begann, als beide den Entschluss fassten ihre Heimat zu verlassen.

„Wir wollten raus aus Kolumbien, weil es dort sehr viele Bandenkriege gibt. Die Situation ist nicht die beste. In Deutschland ist es schön. Wir fühlen uns sehr wohl. In Pinneberg haben wir einen gemeinsamen Bekannten. Das war der ausschlaggebende Grund, hierher zu kommen. Er hat gute Kontakte und uns so ein Probetraining bei TuRa vermittelt“, sagen beide im Interview mit dem Abendblatt.

Internationale Transfers: Raus aus dem Bandenkrieg – die besondere Story des Kolumbien-Duos

Dies kommt übrigens nur zustande, weil TuRa-Abwehrspieler Cristopher Rieder (27) als Übersetzer aushilft. Leyson Cortes spricht nur Spanisch, Maikol Valencia Mina ein paar Brocken Englisch. Rieder ist in Chile geboren, kann also perfekt vermitteln. Cortes und Mina lernen aber bereits fleißig Deutsch, bis zu vier Stunden am Tag, Leyson schon in einer Schule, Maikol noch über eine App. „Die Sprachbarriere ist auf dem Platz schon ein Problem“, weiß auch TuRa-Cheftrainer Jörg Schwarzer. „Wir spielen aber schon sehr lange Fußball. Dadurch wissen wir, wo wir hin spielen oder hinlaufen müssen. Dafür braucht man keine Worte. Da spekulieren wir häufig auch“, sagt Cortes.

Untergebracht sind die beiden Kicker im Haus der Freunde in Pinneberg. Ihre Familien sind in Kolumbien geblieben. „Natürlich vermisst man sie. Wir telefonieren aber jeden Tag. Ich bin es außerdem gewöhnt. Schon mit dreizehn Jahren bin ich durch den Fußball immer in Städte gewechselt, die weit weg waren von meinem Zuhause. Deswegen fiel es mir auch diesmal nicht so schwer. Wir sehen es auch als Chance“, so Leyson Cortes, der mit 17 Jahren bei CD Atlético Huila sein Profidebüt in der 1. Kolumbianischen Liga (Liga Bet Play Dimayor) gegeben hat. Zuvor hatte er bei Independiente Medellin gespielt.

Leyson Cortes spielte mit 17 schon als Profi in der 1. Liga

Maikol Valencia Mina war in Kolumbien für die U20 von America Cali am Ball. Beide kennen sich seit der Jugend und erhoffen sich von dem Schritt nach Europa eine Menge: „Wir sind mit dem Ziel, Fußballprofi zu werden, nach Deutschland gekommen. Das ist ein großer Traum von uns“, so Mina.

Er und Kumpel Leyson haben gehörig den Schalk im Nacken und sind für jeden Spaß zu haben. In ihrer Freizeit gehen die beiden Single-Jungs gerne tanzen oder spielen Playstation. Und bei den Partien von TuRa, egal ob daheim oder auswärts, ist inzwischen sogar eine kleine kolumbianische Community am Spielfeldrand dabei und sorgt für gute Stimmung. So mit Sicherheit auch am kommenden Freitag, 11. August, wenn Aufsteiger FC Alsterbrüder zu Gast ist am Exerzierplatz (19.30 Uhr).

Angreifer Mina traf bei seinem Oberliga-Debüt gleich doppelt

Beide haben bereits ihre ersten Einsätze in Liga und Pokal absolviert. Mina glückte gleich im ersten Punktspiel gegen den FC Union Tornesch (4:0) ein Doppelpack. Der robuste Angreifer hat übrigens in Kolumbien einen prominenten Fan. Seine Tante ist die amtierende Vizepräsidentin Kolumbiens, Francia Márquez.

Die Unterschiede zwischen dem kolumbianischen und dem deutschen Fußball haben beide sehr schnell ausgemacht: „In Deutschland wird viel dynamischer, schneller und härter gespielt. Außerdem ist das Ligen-System hier viel strukturierter. So etwas gibt es in Kolumbien gar nicht. Der deutsche Fußball ist sehr fortgeschritten. Dafür sprechen ja auch die vier WM-Titel die die Herren-Nationalmannschaft bislang geholt hat“, sagt Leyson Cortes.

Deutscher Fußball: Die Kolumbianer würden gerne langfristig hier bleiben

Diese Einschätzung über den deutschen Fußball mag in dieser Zeit ein wenig höflich klingen. Bei der Frauen-WM gewann Kolumbien mit 2:1 gegen die DFB-Auswahl, und auch bei den Männern setzten sich die „Cafeteros“ zuletzt in einem Test mit 2:0 gegen Deutschland durch. „Das aber auch nur, weil Deutschland da gerade in einem Tief war. Wenn es um irgendetwas gegangen wäre, dann hätten sie Kolumbien keine Chance gelassen“, glaubt Maikol Valencia Mina.

Die beiden Kolumbianer würden gerne in Deutschland bleiben und hier neben dem Fußball studieren oder eine Ausbildung beginnen. Bei TuRa fühlen sie sich gut aufgehoben: „Hier ist ein gutes Ambiente und eine tolle Stimmung. Auch weil Cris dabei ist“. Gemeint ist Cristopher Rieder, der ihnen beim Einleben in vielen Dingen behilflich ist. Auf dem Platz wollen sie, egal in welcher Sprache, weiter kräftig für Furore sorgen damit der Traum vom Profifußball vielleicht irgendwann in Erfüllung gehen wird.